Eine Woche nach dem Ende ihrer vierjährigen Haftstrafe weigern sich die chinesischen Behörden, den Aufenthaltsort der Journalistin Zhang Zhan bekannt zu geben. Reporter ohne Grenzen (RSF) ist zutiefst besorgt, dass sie noch immer inhaftiert, schwer krank oder unter strenger Überwachung ist, und fordert Peking auf, unverzüglich Informationen über Zhang Zhan offenzulegen und ihre vollständige und bedingungslose Freilassung ohne weitere Verzögerung sicherzustellen.
Die chinesische Journalistin und ehemalige Anwältin Zhang Zhan, die wegen ihrer unabhängigen Berichterstattung über die Anfänge der Covid-19-Pandemie in China vier Jahre lang unter dem Vorwurf “Streit zu schüren und Unruhe zu stiften” inhaftiert war, sollte vor einer Woche, am 13. Mai, nach Ablauf ihrer Strafe aus dem Frauengefängnis in Shanghai entlassen werden. Die Journalistin ist jedoch nach wie vor verschwunden, und die Behörden weigern sich, Informationen über ihren Aufenthaltsort preiszugeben, nachdem sie Aktivisten, die sie aus dem Gefängnis abholen wollten, angehalten und verhört haben.
Noch besorgniserregender ist, dass ihre Familie, die früher offen über die Situation der Journalistin informierte, jetzt unerreichbar ist. In den Wochen vor Zhang Zhans geplanter Freilassung wurden Menschenrechtsverteidiger und Anwälte von den Behörden bedroht und davor gewarnt, ihren Fall international zur Sprache zu bringen. Zhang Zhan war durch einen Hungerstreik, mit dem sie ihre Unschuld beteuerte, stark geschwächt, und es gibt glaubwürdige Gründe für die Annahme, dass sich ihr Gesundheitszustand in den letzten Monaten ihrer Haft noch weiter verschlechtert hat, was das chinesische Regime möglicherweise dazu veranlasst, sie vor der Öffentlichkeit zu verstecken.
“Wir schlagen jetzt Alarm wegen der dringenden Situation von Zhang Zhan, die nach ihrer erwarteten Entlassung aus dem Gefängnis nach vier langen Jahren derzeit vermisst wird und möglicherweise schwer krank ist. Wir sind auch zutiefst besorgt über die beunruhigenden Berichte über Druck auf die ihr nahestehenden Personen, einschließlich ihrer Familie und ihrer Anwälte. Niemand sollte das durchmachen, was Zhang Zhan als Vergeltung für ihre Berichterstattung über die Covid-19-Pandemie erdulden musste, und diese Verfolgung muss jetzt aufhören. Die chinesischen Behörden müssen unverzüglich ihren Aufenthaltsort bekannt geben und ihre vollständige und bedingungslose Freilassung sicherstellen. Wir fordern die diplomatische Gemeinschaft auf, alle möglichen Maßnahmen in ihren Beziehungen zu Peking zu ergreifen, bis ihre Sicherheit und Freiheit bestätigt sind.” Rebecca Vincent, Direktorin für Kampagnen der RSF
In China werden Reporter*innen, die wegen ihrer Arbeit inhaftiert sind, oft auch nach Ablauf ihrer Haftzeit weiter festgehalten oder überwacht. Die Europäische Union, das Vereinigte Königreich und die USA haben sich sehr besorgt über Berichte geäußert, wonach Zhang Zhan nach ihrer erwarteten Freilassung verschwunden ist.
Zhang Zhan wurde im Mai 2020 verhaftet, als sie über den Ausbruch der Covid-19-Pandemie in Wuhan in Zentral-Ost-China berichtete. Sie hatte mehr als 100 Videos in den sozialen Medien veröffentlicht, bevor sie am 14. Mai 2020 verhaftet und sieben Monate später von einem Gericht in Shanghai zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Ernsthafte Bedenken über Zhangs Gesundheit
RSF hat mehrfach ihre Freilassung gefordert und vor den Misshandlungen gewarnt, denen sie in der Haft ausgesetzt war. In den ersten Monaten ihrer Haft wäre Zhang Zhan fast gestorben, nachdem sie in einen Hungerstreik getreten war. Die Gefängnisbeamten fütterten sie zwangsweise über eine Nasensonde und ließen sie manchmal tagelang in Handschellen liegen.
Als Zhangs Mutter sie im Juli 2023 im Gefängnis besuchte, war sie sehr schwach und wog trotz ihrer Größe von 1,7 Metern nur 37 Kilogramm, also nur die Hälfte von dem, was sie vor ihrer Inhaftierung wog. Zhang leidet außerdem an schwerer Unterernährung, einer Magen-Darm-Erkrankung und einer niedrigen Anzahl weißer Blutkörperchen.
China, das mit mindestens 119 Inhaftierten das weltweit größte Gefängnis für Journalist*innen und Verfechter*innen der Pressefreiheit ist, steht im RSF-Weltindex für Pressefreiheit 2024 auf Platz 172 von 180 Ländern.
Advocacy Note von RSF und Bildmaterial: https://drive.google.com/drive/folders/11JuzXMrr9dAieW8WbRO0UcPtQe13blt2?usp=sharing