Die Kolumne von “Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich”-Präsidentin Rubina Möhring zu einem hochaktuellen Thema zum Nachlesen:
Wie man hört, gibt es im Europa des 21. Jahrhunderts Politiker, die tatsächlich davon träumen, quer durch das Mittelmeer eine Mauer zu ziehen. Eine Mauer zwischen reichen und armen Kontinenten, einen unüberwindbaren Wall gegen Armuts- und Hungermigranten aus jenen arabischen, afrikanischen Kontinenten und Länder, die einst von europäischen Kolonialstaaten ausgebeutet worden waren. Irgendwie scheint das Projekt jedoch inzwischen ins Stocken geraten zu sein.
Liegt dies an dem für Mauerfundamente ungeeigneten Meeresboden, an den streckenweise verschiedenen nationalen Eigentümern und Meereshoheiten über diesen Boden oder ganz einfach am ausgebliebenen päpstlichen Segen für so manche christlich-soziale Politiker, die – ohne selbst ein Land mit direktem Meereszugang zu regieren – solchen Mauerphantasien folgen? Oder fehlt es an entsprechenden Finanzexperten, die derart genial mit Nullen jonglieren können, dass solch ein epochaler Mauerbau schließlich sogar eine ansehnliche Rendite abwirft? Kommt Zeit, kommt Rat. Noch wirkt das Projekt ein klein wenig wie ein blasses Mauerblümchen. Fakt ist jedenfalls, dass gerade der Papst eine völlig entgegengesetzte Politik gegenüber anderen Religionen und Kulturen betreibt. Eine betont versöhnliche.
Niemand geringeres als Österreichs jetziger Bundeskanzler hatte die Mauer-Idee auf den Markt geworfen. Als ideologisches Futter für all jene, die Ausländer generell ablehnen, die Angst vor Zuwanderungen haben, denen Flüchtlinge und die notwendige Obsorge für diese einfach lästig sind. „Sollen die doch bleiben, wo sie sind und woher sie kommen“, so deren Standpunkt, artikuliert an nicht wenigen Stammtischen und sicherlich auch in mancherlei „gut-österreichischen“ Familien. Mag auch sein, dass US-Präsident Donald Trump Pate des Gedankens war; in Anlehnung an das US-Mexiko-Mauer-Machwerk. Who knows?
Vergessen blieb und bleibt offenbar, dass hunderttausende Menschen während der Nazi-Zeit aus Österreich fliehen mussten, um nicht in Konzentrationslager deportiert und dort ermordet zu werden. Ein Weg, den sie noch wählen konnten, war die so genannte Balkanroute. Inzwischen hat die derzeitige österreichische Regierung dazu beigetragen, dass diese Route für Flüchtlinge, die versuchen, sich nach Österreich zu retten, gesperrt wurde. Ein Ruhmesblatt?
Apropos: Die österreichische Regierung weigert sich konsequent, auch nur wenige bedürftige Familien aus dem menschenunwürdigen Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos aufzunehmen. Österreich hatte Zelte geschickt. Unvergessen sind die Bilder, die Österreichs Innenminister Karl Nehammer als salopp gekleidete Begleitperson der Zelte auf dem griechischen Festland zeigen. Auf Lesbos angekommen sind diese funkelnagelneuen Zelte bis heute nicht. Stimmt da etwas nicht und wer kümmert sich darum?
Der Innenminister selbst ist inzwischen anderweitig engagiert. Sein jüngstes Gedankenspiel ist der martialische Einsatz von Drohnen zur Grenzsicherung, damit auch ja niemand einwandern kann, um Schutz zu suchen. Zu Boden könnten dann vielleicht sogar die neu eingekleideten Sicherheitsbeamten herumpirschen. Möglicher Tarnname: Flex? Nichts Genaues weiß man nicht. Jedenfalls dürften für ein solches Projekt jede Menge an Steuergelder flüssig gemacht werden müssen.
Offenbar haben derzeit Drohnen etwas ganz besonders Verführerisches: Drohnen zur Flüchtlingsbekämpfung, Drohnen für militärische Einsätze, Drohnen als martialische Drohmittel. Drohnen als Synonym für Angst und Schrecken. Und doch geht es auch anders.
Bundespräsident Van Der Bellen hatte das Spiel mit Drohnen am Nationalfeiertag konträr inszeniert: Corona-bedingt lud er ein, die Räumlichkeiten der Präsidentschaft via Drohnen-Kamera zu besuchen. Drohnen als pazifistisches Spielzeug mit einladendem Aufklärungseffekt: Eine wunderbare Idee für die Verwendung dieser fliegenden Schnüffler. Warum nicht anstelle aggressiver Drohnen-Drohungen mehr friedvolle Drohnen-Einsätze? Dies auch als ein mögliches Ziel für kommende Zeiten. In Sachen Pazifismus sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Oder?
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