Ruanda: Journalisten vor der Präsidentschaftswahl unter steigendem Druck

Ruanda: Journalisten vor der Präsidentschaftswahl unter steigendem Druck

Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl in Ruanda am 9. August geht die Regierung des ostafrikanischen Staates mit massiver Zensur und Repressionen
gegen unabhängige Medien vor.

Reporter ohne Grenzen (ROG) hat in den
vergangenen Wochen schwere Verstöße gegen die Pressefreiheit wie die
Schließung von Redaktionen und die Festnahme von Journalisten dokumentiert.”Wie kann eine transparente Wahl ohne eine freie Presse, ohne Zugang der Wähler zu unabhängigen, ausgewogenen Informationen und ohne Möglichkeiten
einer offenen Debatte stattfinden? Statt einer freien und demokratischen
Präsidentschaftswahl beobachten wir systematische Versuche der Regierung,
Präsident Paul Kagame im Amt zu halten”, so ROG.

Insbesondere Zensurmaßnahmen und Schließungen von Medien beeinträchtigen die
Informationsfreiheit der ruandischen Wähler. Der Medienrat “Rwandan High
Media Council”, die Medienaufsichtsbehörde, veröffentlichte am 28. Juli eine
Verlautbarung mit der Anweisung an die staatlichen Sicherheitskräfte, alle
“illegalen” Zeitungen und Radiostationen zu schließen. Rund 30, vor allem
regierungskritischen Medien, könnte demnach eine Suspendierung drohen.

Zwei Tage zuvor, am 26. Juli, hatte der Rat eine Liste mit Zeitungen und
Hörfunksendern veröffentlicht, die weiter berichten dürfen. Laut des
Erlasses erfüllen 19 Radiostationen und 22 Zeitungen “die Bedingungen der
Verbreitung und der Sendung von Informationen, die im Gesetz vom 12. August
2009 zur Regulierung der Medien vorgesehen sind”.


Zu den rund 30 Medien, die nicht auf der Liste stehen, gehören namhafte
ruandische Zeitungen wie “Umuvugizi” und “Umuseso” und Radiosender wie
“Voice of Africa Rwanda” und “Voice of America”. Einige von ihnen wurden
bereits im April für sechs Monate geschlossen. “Die Maßnahmen des
Medienrates nur einige Tage vor der Präsidentschaftswahl sind höchst
verdächtig. Sie zielen darauf ab, die Presse zu zügeln und die Journalisten
daran zu hindern, ihre Aufgaben zu erfüllen: unabhängige und unparteiische
Beobachter des Wahlprozesses zu sein”, so ROG.

Nach Aussage des Exekutivsekretärs des ruandischen Medienrates, Patrice
Mulama, können die Zeitungen erst wieder erscheinen, wenn Sie Ihre Arbeit im
“Einklang mit dem Gesetz” machen. Die Radiostationen habe dem Rat zufolge
noch bis Ende der Woche Zeit, die geforderten Dokumente zum Erhalt einer
neuen Betriebslizenz vorzulegen, um ihre Suspendierung zu umgehen. Das im
August 2009 in Kraft getretene Mediengesetz sieht vor, dass alle Printmedien
und audiovisuelle Medien neue Betriebslizenzen beantragen müssen. Hierzu
müssen zahlreiche Dokumente, darunter Angaben zu den redaktionellen
Leitlinien, eingereicht werden.

ROG protestiert ferner gegen die Festnahme der Herausgeberin der privaten
Zweiwochenzeitung “Umurabyo”, Agnès Uwimana Nkusi, und ihres Mitarbeiters
Saidat Mukakibibi. Beide wurden am 8. Juli festgenommen und befinden sich in
Untersuchungshaft. Sie werden der “Beleidigung des Staatschefs”, der
“Anstiftung zum zivilen Ungehorsam” sowie der “Leugnung des Völkermords an
den Tutsi” beschuldigt. Nach der Festnahme der Journalisten hatte ROG die
Europäische Union aufgefordert, Hilfen zur Finanzierung der
Präsidentschaftswahl auszusetzen.

Am 24. Juni 2010 wurde zudem der stellvertretende Herausgeber der
ruandischen Tageszeitung “Umuvugizi”, Jean Leonard Rugambage, vor seinem
Haus in der Hauptstadt Kigali von Unbekannten erschossen. Rugambage hatte
zum Tod des im Exil lebenden früheren Generalstabchefs der ruandischen
Armee, Faustin Kayumba Nyamwasa, recherchiert.

Auf der aktuellen ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht das ostafrikanische
Land auf Platz 157 von insgesamt 175 Rängen. Zugleich listet ROG den
ruandischen Staatspräsidenten Kagame seit mehreren Jahren als “Feind der
Pressefreiheit”.