Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich verurteilt Angriffe auf Pressefreiheit in Polen

Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich verurteilt Angriffe auf Pressefreiheit in Polen

Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich verurteilt Angriffe auf Pressefreiheit in Polen

Wie steht es um die Pressefreiheit in Polen, kurz vor der Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag (12.7.)? Leider gibt die aktuelle Situation einmal mehr Anlass zur Sorge.

“Es gibt Zeichen einer besorgniserregenden Eskalation der Medien-Feindlichkeit” sagt Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich, zu den jüngsten Ereignissen in Polen. Das polnische Außenministerium hat den Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Warschau einbestellt. Er habe dem deutschen Diplomaten Knut Abraham erklärt, dass die Regierung dagegen protestiere, dass eine “Serie von Artikeln in deutschen Medien mit Lügen arbeitet”, so der stellvertretende, polnische Außenminister Szymon Szynkowski vel Sek auf Twitter. Die Berichterstattung in bestimmten deutschen Medien erwecke den Eindruck der “Befangenheit zugunsten eines Kandidaten”, meinte er weiter. Anscheinend wolle man auf den demokratischen Wahlprozess Einfluss nehmen.

Der amtierende Präsident Andrzej Duda hatte in den vergangenen Tagen die Berichterstattung der Boulevardzeitung “Fakt” kritisiert. Das Blatt wird in Polen von der Ringier Axel Springer Media AG herausgegeben. An dem Unternehmen halten das Schweizer Medienhaus und Axel Springer jeweils 50-Prozent-Anteile. “Fakt” berichtete darüber, dass Duda einen Pädophilen begnadigt hatte. Der Präsident zeigte sich darüber empört und fragte: “Wollen die Deutschen den Präsidenten in Polen wählen? Das ist eine Gemeinheit!” 

Zudem griff Duda den Warschau-Korrespondenten der deutschen Tageszeitung “Die Welt” an. Bei einer Wahlkampfveranstaltung sprach der von der national-konservativen Regierungspartei “Recht und Gerechtigkeit” (PiS) unterstützte Duda von einer “deutschen Attacke” gegen Polen und nannte den “Welt”-Reporter Philipp Fritz namentlich. Dieser habe geschrieben, Dudas liberal-konservativer Herausforderer Rafal Trzaskowski wäre der bessere Präsident, weil er anders als Duda nicht auf Reparationszahlungen von Deutschland für Schäden des Zweiten Weltkriegs beharre. – „Die verbalen Angriffe auf den Warschau-Korrespondenten der ,Welt‘ als auch die Berichterstattung von ,Fakt‘ sind sehr bedenklich und gefährden die Pressefreiheit in Polen“, so Rubina Möhring. In der aktuellen RSF-Rangliste findet sich Polen auf Platz 62 und hat sich im Vergleich zum vorherigen Ranking um drei Plätze verschlechtert. „Ein weiteres Problem ist die einseitige Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen, polnischen Fernsehen zugunsten Dudas“, erläutert Möhring. „Unabhängige und kritische Berichterstattung muss möglich sein und darf nicht durch staatspolitische Interessen beeinträchtigt oder diskreditiert werden.“

Die Wahl am Sonntag ist richtungsweisend für Polen – in mehrerlei Hinsicht. Polnische AktivistInnen haben bereits vor zunehmendem Druck auf sexuelle Minderheiten in ihrem Land gewarnt. Es gebe eine „beispiellose Hetzjagd“ der Politiker des national-konservativen Regierungs-Lagers. Die Stichwahl ist also nicht nur ein Lackmus-Test für das künftige mediale, sondern auch das gesellschaftliche Klima in Polen.

Update (13.7.20): Amtsinhaber Andrzej Duda hat die Präsidentschaftswahl in Polen gewonnen. Duda kam nach Auszählung von mehr als 99,9 Prozent der Stimmen auf 51,2 Prozent. Ein Wahlsieg Dudas dürfte die Vormachtstellung der national-konservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) weiter festigen. Allerdings ist das unerwartet starke Abschneiden von Dudas Herausforderer Rafal Trzaskowski auch ein Warnsignal an die PiS. Trzaskowski hatte im Wahlkampf eine Wiederannäherung an die EU versprochen. Duda, der der PiS nahe steht, hatte dagegen mit antieuropäischen und antideutschen Ressentiments Stimmung gemacht.