Ein Feier-Tag für Kurz und den Lügenbaron

Ein Feier-Tag für Kurz und den Lügenbaron

Ein Feier-Tag für Kurz und den Lügenbaron

Gastkommentar von “Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich”-Präsidentin Rubina Möhring im Online-Medium ZackZack über den Medienpreis für Kurz und was das mit dem Baron Münchhausen zu tun hat

Bravo und Standing Ovations! Am 11. Mai 1720 – also vor immerhin 301 Jahren – wurde Hieronymus Freiherr von Münchhausen im niedersächsischen Bodenwerder geboren. Über alle Grenzen hinweg auch heute noch bekannt als „Lügenbaron“. Am 11. Mai 2021 wird in München Österreichs Regierungschef Sebastian Kurz mit dem Freiheitspreis der Medien ausgezeichnet. Wie es heißt als „Brückenbauer Europas und Kommunikator der Freiheit“. So die Begründung einer leider namenlosen Jury. Erfunden wurde dieser im wahrsten Sinne des Wortes eigene Preis von dem Münchner Verlegerpaar Weimer. Die Jury wird geheim gehalten, warum auch immer. Unbekannt ist auch, warum gerade das Datum des Geburtstages des köstlichen Lügenbarons für die Auszeichnung des österreichischen Bundeskanzlers gewählt wurde.

Auch welche besonderen Brücken Sebastian Kurz in Europa von welchen Punkten A zu welchen Punkten B gebaut haben soll, blieb bisher unbekannt. Bekannt ist nur, dass am 11. Mai sein Festredner der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sein wird. Wir werden sehen, inwieweit dieser auch positiv thematisieren wird, warum die Regierung Kurz zumindest Kindern die Übersiedlung aus den menschenunwürdigen Flüchtlingslagern der Insel Lesbos nach Österreich in bereitstehende, private Haushalte verweigerte? Apropos: lagern die österreichischen Hilfszelte für Flüchtlinge noch immer in Athen?

Brücken eingerissen

Bekannt sind Kurzens gute Kontakte zu Ungarns Regierungschef Viktor Orban und dem slowenischen Kollegen Janez Jansa, mit dem Sebastian Kurz trotz Corona gern gemeinsames Wandern vereinbart hatte. Beide Politiker, Orban und Jansa, zeichnen sich durch autoritäre Führungsstile aus. Auch zu Amerikas früherem US-Präsidenten Donald Trump versuchte Kurz einen kühnen Brückenschlag. Doch der ist ja nun samt seiner aus Slowenien stammenden Frau Melania als amerikanisches First Couple weg vom Fenster.

Brücken eingerissen hingegen hat Kurz auf der traditionellen Balkanroute. Während des Hitlerregimes diente diese als Fluchtweg für unzählige, von willkürlichem, rassistischem Mord bedrohte Menschen, die hofften, auf anderen Kontinenten ihre Leben zu retten. Heute wurde diese Route durch Zutun von Sebastian weitgehend geschlossen. Auch für Flüchtlinge aus manchen jener Gebiete, in die einst Frauen, Männer, Familien aus Österreich noch fliehen konnten. Sebastian Kurz plus Team unterließen es, diesen Teil der Geschichte der Balkanroute zu erwähnen. Stattdessen gibt der Kanzler sich vom Scheitel bis zur Sohle philosemitisch und nur anderen Ethnien gegenüber fremdenfeindlich und ablehnend.

Wir erinnern uns an die gnadenlose Behandlung und kalte Rückweisung eines Lehrlings aus einem Land islamischer Prägung. Vor gut zwei Jahren erbat auf PULS 4 ein österreichischer Dienstgeber für einen seiner Lehrlinge die Verlängerung dessen Aufenthaltsgenehmigung: Zumindest bis zum Ende der Lehrzeit. Bundeskanzler Kurz schenkte dem jugendlichen Lehrling nicht einmal einen Blick und verbiss sich im Asylrecht. Soweit zum Thema sozialer Brückenbau in Zusammenhang mit menschlichen Schicksalen.

Eines muss man Sebastian Kurz zugutehalten: er ist ein perfekter Schüler des zuvor schon erwähnten Trump. Trump verteufelte die Medien als Feinde der Gesellschaft, erfand den Unterschied zwischen Fake News und präsidialen Alternative News, und perfektionierte sein Info-System, genannt Message Control. Kurz war ein überaus aufmerksamer Schüler. Auch Österreichs Penaten-Kanzler (Copyright Jan Bömermann, ZDF) lanciert inzwischen perfekt Hintergrundgespräche statt Pressekonferenzen, interveniert sogar persönlich bei Medienvetretern im Sinne einer ihm genehmen Berichterstattung, beleidigt haltlos Journalist*innen und lenkt die Berichterstattung, wie es ihm gefällt.

Der private Preis der namenlosen Jury

In der Früh des 15. April kam via Nachrichtenagenturen dpa und apa die Message, dass Kurz den deutschen Freiheitspreis der Medien erhalten werde. Brav wurde diese Nachricht unhinterfragt landesweit in den Medien gleich einer Jubelmeldung verbreitet. Ist das die Freiheit, die – so die namenlose Preis-Jury – Kurz als Kommunikator propagiert? Zum besseren Verständnis des Preises, der nun am 11. Mai an Kurz feierlich verliehen wird:
der Preis ist kein gesamtdeutscher Preis, auch kein regional bayrischer Preis, sondern eine mehr oder minder private Auszeichnung, die das CSU-nahe Münchner Verlegerpaar Weimer vergibt. Vor Sebastian Kurz erhielt übrigens der Fürst von Monaco für seine umweltpolitischen Bemühungen diese Auszeichnung.

Hieronymus Münchhausen hätte diese Begebenheiten möglicherweise leise belächelt. Er selbst war als genialer Lügenbaron anders unterwegs: sei es bei seiner Erzählung vom Ritt auf einer Kanonenkugel (dem Geilomobil seiner Zeit), seinem Besuch des Mondes über eine Bohnenranke, oder der Geschichte, wie er sich selbst und sein Pferd an den eigenen Haaren aus einem Sumpf herausgezogen und gerettet habe.

Möge auch Sebastian Kurz bei Gelegenheit ein solches Kunststück gelingen.