Den Globalen Süden kaum im Bild

Den Globalen Süden kaum im Bild

Den Globalen Süden kaum im Bild

Ladislaus Ludescher, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der auch als Lehrbeauftragter am Historischen Institut der Universität Mannheim tätig ist, analysierte für seine Arbeit “Den Globalen Süden kaum im Bild” 364 “ZiB 1”-Sendungen im Jahr 2022 und damit in etwa 120 Stunden Nachrichtenmaterial. Die Studie, die im Jahr 2022 durchgeführt wurde, zeigt, dass weniger als 10 Prozent der Sendezeit von Österreichs wichtigster Nachrichtensendung, der Zeit im Bild (ZIB) 1, und der größten Nachrichtenseite, ORF.at, dem Globalen Süden gewidmet sind, obwohl dort etwa 85 Prozent der Weltbevölkerung leben.

Trotz bedeutender humanitärer Krisen und Katastrophen im Globalen Süden wurden diese Ereignisse in den Nachrichten nur am Rande behandelt. So wurde beispielsweise der Bürgerkrieg in Tigray, Äthiopien, bei dem Schätzungen zufolge bis zu 600.000 Menschen starben, in der ZIB 1 lediglich 40 Sekunden gewidmet. Auch der Bürgerkrieg im Jemen, den die Vereinten Nationen als die “weltweit schlimmste humanitäre Krise” einstufen, erhielt nur 185 Sekunden Sendezeit, während der Ukraine-Krieg in über 1.000 Beiträgen behandelt wurde und auf 93.890 Sekunden kommt.

Der Globale Hunger, ein drängendes Problem, das laut dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen als “das größte lösbare Problem der Welt” betrachtet wird, wurde in den österreichischen Nachrichten weit weniger beachtet als andere Themen wie die britischen Royals oder Sportberichte.

Die Studie hebt hervor, dass diese mediale Vernachlässigung des Globalen Südens ein weitverbreitetes Problem darstellt und dass das Nachrichteninteresse nicht nach dem Ort eines Ereignisses, sondern nach seiner menschlichen Dimension bemessen werden sollte.

Ludescher schreibt von einer “überdimensionalen Präferenz für Nachrichten aus dem Globalen Norden”, was dazu führe, dass eine “mediale Blindheit auch gegenüber schwersten humanitären Krisen und Katastrophen” drohe. Er plädiert dafür, den Nachrichtenwert eines Ereignisses nicht primär am Ort festzumachen, “sondern nach einer menschlichen Dimension zu bemessen”. Dem können wir uns nur anschließen.

Zudem fordern wir von Reporter ohne Grenzen, den Globalen Süden aus dem medialen Erinnerungsschatten zu holen und ihm die Nachrichtenberichterstattung und öffentliche Aufmerksamkeit zu geben, die er verdient.

Mehr Informationen zur Studie und Aktionen zur Bewusstseinsbildung finden Sie unter www.ivr-heidelberg.de. Auf der Seite finden sich auch verschiedene Videozusammenfassungen, eine Unterschriftenpetition sowie Informationen zu einer auf der Untersuchung beruhenden Poster-Wanderausstellung.

Eine Videozusammenfassung dieses Beitrags kann hier angesehen werden.

GlobalerSüden #Medien #Nachrichten #Pressefreiheit