ROG zum Internationalen Tag der Pressefreiheit: Situation der Medien in vielen Staaten unverändert schwierig / 40 “Feinde der Pressefreiheit”

ROG zum Internationalen Tag der Pressefreiheit: Situation der Medien in vielen Staaten unverändert schwierig / 40 “Feinde der Pressefreiheit”

Zum diesjährigen Internationalen Tag der Pressefreiheit zieht Reporter ohne
Grenzen (ROG) eine kritische Bilanz: “Immer noch verdienen aus unserer Sicht
40 Politiker, Regierungsvertreter, paramilitärische und terroristische
Organisationen, kriminelle Netzwerke und Führer radikal-religiöser Gruppen
den Titel ‚Feinde der Pressefreiheit’. Sie verfolgen kritische und
unabhängige Journalisten, greifen dabei auf Mittel wie willkürliche
Verhaftungen zurück und wenden Gewalt an”, so ROG.

Viele Akteure stehen bereits seit mehreren Jahren auf der Liste der “Feinde
der Pressefreiheit”: Dazu gehören in Eritrea Präsident Isayas Afeworki, der
im Jahr 2001 Grundrechte wie Medien- und Meinungsfreiheit außer Kraft setzte
und alle unabhängigen Medien ausschalten ließ. In Somalia setzt die
radikal-islamistische Miliz Al-Shabaab die wenigen im Land verbliebenen
Mitarbeiter unabhängiger Radiostationen mit Todesdrohungen weiter unter
Druck.

In Südamerika kämpfen paramilitärische Gruppen wie die FARC seit Jahren auch
um die Kontrolle über Nachrichtenmedien. Seit 1997 haben die Rebellen mehr
als 50 Journalisten entführt. In Mexiko wurden seit dem Jahr 2000 mehr als
60 Journalisten getötet. Die meisten Morde gehen auf das Konto der
Drogenkartelle.

Auch in der Volksrepublik China hält die repressive Politik gegenüber Medien
unter Präsident Hu Jintao an. Aus Anlass der aktuellen Weltausstellung
werden etwa in Shanghai mehrere Dutzend Menschenrechtsaktivisten von der
Polizei überwacht. Sie sollen an Treffen mit ausländischen Journalisten
gehindert werden. In Nordkorea werden Medien ausschließlich als
Propagandainstrument zur Pflege des Personenkults um Regierungschef Kim
Jong-Il missbraucht.


Entgegen den Versprechungen von Präsident Gurbanguly Berdimuhammedow
schottet sich der zentralasiatische Staat Turkmenistan nach wie vor von
unabhängigen Nachrichten aus dem Ausland ab und unterdrückt im Inneren
kritische Stimmen und den freien Informationsfluss. Im Iran haben sich
Repressionen gegen Journalisten in den vergangenen zwölf Monaten weiter
verschärft. Immer noch sind mehr als 40 Journalisten und kritische
Internetnutzer im Gefängnis. Aufgrund miserabler Haftbedingungen und
Misshandlungen sind viele von ihnen schwer erkrankt. Iranische
Medienschaffende, die sich in Nachbarländer wie die Türkei retten konnten,
sind oftmals auch hier vor Verfolgung nicht sicher.

Neu auf die “Liste der Feinde der Pressefreiheit” hat ROG philippinische
Milizen genommen. Die bewaffneten Gruppen verüben häufig im Auftrag von
Clanchefs oder korrupten Politikern Attentate auf Journalisten. Die Gewalt
gipfelte im vergangenen Jahr in einem Massaker an 30 Medienmitarbeiter auf
der südlichen Insel Mindanao. Das anschließend eingeleitete
Ermittlungsverfahren legt den mangelnden politischen Willen der Regierung
offen, die Verantwortlichen des Verbrechens zu bestrafen. Die mutmaßlichen
Auftraggeber des Massakers zählen zu wichtigen Verbündeten der
philippinischen Präsidentin Arroyo.

Seine verstärkten Repressionen gegen kritische Journalisten haben ebenfalls
dem jemenitischen Präsidenten Ali Abdallah Saleh den Titel “Feind der
Pressefreiheit” eingebracht. Seine Regierung versucht Medienmitarbeiter an
einer Berichterstattung über die Militäroperationen gegen Rebellen im Norden
und über separatistische Bestrebungen im Süden des Landes zu hindern.

Der in Pakistan und Afghanistan operierende Talibanchef Mullah Omar führt
seinen “Heiligen Krieg” unter anderem ausdrücklich gegen die Presse. Im
vergangenen Jahr verübten die Anhänger des islamischen Fundamentalisten rund
40 Angriffe und Anschläge gegen Journalisten und Medien. Im
westafrikanischen Land Nigeria ist der Titel “Feind der Pressefreiheit” vom
Geheimdienst auf die Polizei unter Ogbonna Onovo übergegangen. Der
Oberinspektor der Polizei ermutigt seine schlecht ausgebildeten Männer,
Gewalt gegen Journalisten anzuwenden, die versuchen über die häufig brutalen
Einsätze der Polizei zu berichten.

Vorerst nicht mehr gelistet ist unter anderem der somalische
Geheimdienstchef Mohamed Warsame Darwish, ehemals verantwortlich für
bewaffnete Überfälle auf Medien, willkürliche Festnahmen von Reportern und
Erschießungen von Journalisten: Im Dezember 2008 wurde er aus dem Amt
entlassen.

Der vollständige Bericht hier (englisch)