ROG-Bericht zu Pressefreiheit im Kosovo: Regierung instrumentalisiert Medien / Kaum unabhängige Journalisten

ROG-Bericht zu Pressefreiheit im Kosovo: Regierung instrumentalisiert Medien / Kaum unabhängige Journalisten

In einem neuen Bericht zur Situation der Medien im Kosovo zieht Reporter
ohne Grenzen (ROG) eine ernüchternde Bilanz: In den vergangenen Jahren
wurden im Kosovo kaum Fortschritte bei der Schaffung von Rahmenbedingungen
zur Entstehung einer freien und unabhängigen Presse erzielt. Die Mehrheit
der Medien ist derzeit weder redaktionell noch finanziell unabhängig.
Kritische Journalisten werden eingeschüchtert und unter Druck gesetzt.

Vor allem Politiker und Behördenvertreter versuchen, regierungskritische und
investigative Medienmitarbeiter mundtot zu machen oder sie zur Selbstzensur
zu bewegen. Eine gängige Methode sind Hetzkampagnen: “Wer es wagt,
Handlungen der Regierung zu kritisieren oder Korruption offen zu legen, wird
öffentlich beschuldigt‚ sich ‚unpatriotisch zu verhalten’, ‚Verräter der
Nation’, ‚serbischer Spion’ oder einfach ‚gegen das Kosovo’ zu sein”, heißt
es in dem 14-seitigen ROG-Bericht.

Die  Anschuldigungen beschädigten nicht nur die Glaubwürdigkeit der
Journalisten in der Öffentlichkeit. Gleichzeitig würden Medienschaffende
dadurch zu einem potentiellen Ziel der Gewalt militanter nationalistischer
Kreise wie etwa UCK-Veteranen, warnt ROG in dem Bericht.


Auch ein Anzeigenmarkt, der nach wie vor nicht liberalisiert ist, lähmt die
Entwicklung einer vielfältigen, unabhängigen Presselandschaft in dem
südosteuropäischen Land. Die Regierung, Behörden und politische Parteien
unterstützen mit ihren Werbeetats gezielt ihnen nahe stehende Medien und
nehmen darüber auch Einfluss auf redaktionelle Inhalte. Gerade für die
überregionalen Medien stellen diese Werbeeinnahmen eine Haupteinnahmequelle
dar. Eine Reihe von Medien wird damit politisch instrumentalisiert.

Nur eine geringe Zahl von Medien versucht, äußeren Einflüssen standzuhalten
und ihre Autonomie zu bewahren. Nennenswert sind insbesondere die beiden
Zeitungen “Koha Ditore” und “Zieri”. Vertreter von “Koha Ditore” berichten
von Schikanen wie regelmäßigen Steuerprüfungen. Möglichen Beistand können
die Medien auch von der Justiz nicht erwarten.

Besonders stark ausgeprägt ist die Kontrolle der Regierung beim Fernsehen –
für immerhin 70 Prozent der Kosovaren immer noch die wichtigste
Nachrichtenquelle. Der bedeutendste Fernsehkanal ist ein Programm der
öffentlichen Sendeanstalt “Radio Televizioni i Kosovës” (RTK). Politische
Sendungen mit Debatten von Vertretern unterschiedlicher politischer Lager
strahlt RTK beispielsweise nicht aus, Vertreter der regierenden Parteien
treten überdurchschnittlich häufig im Programm auf. Die Exekutive übt
erheblichen Einfluss bei der Besetzung leitender Positionen bei RTK aus.

Private Kanäle, die mehr Freiheit in der Berichterstattung zulassen wollen,
scheitern häufig vor allem an finanziellen Problemen oder bemühen sich wie
“Rrokum TV” vergeblich um eine lokale terrestrische Sendelizenz.

ROG schließt den Bericht mit einem Katalog mit zwölf Forderungen und
Empfehlungen, um in naher Zukunft konkrete Verbesserungen der Lage der
Pressefreiheit im Kosovo zu erreichen. So solle unter anderem die
internationale Staatengemeinschaft ihren Einfluss zur Verbesserung der Lage
der Medien geltend machen. Bei der Rechtsstaatlichkeitsmission der
Europäischen Union im Kosovo (EULEX Kosovo) zur Unterstützung beim Aufbau
von Polizei, Justiz und Verwaltung müssten die Rechte der Presse und die
spezifische Problemlage unabhängiger Journalisten stärker miteinbezogen
werden, fordert ROG.

Lesen Sie hier den 14-seitigen ROG-Kosovo-Bericht (Englisch):