Prozess gegen Reporter ohne Grenzen auf September verschoben

Prozess gegen Reporter ohne Grenzen auf September verschoben

Der für heute anberaumte Prozess gegen drei Aktivisten der internationalen Pressefreiheitsorganisation Reporter ohne Grenzen wurde aufgrund eines Streiks der griechischen Protokollführer auf September verschoben.

Die Aktivisten wurden angeklagt, weil sie am 24. März 2008 während des Fackellaufes in der Nähe des antiken Olympia eine Flagge enthüllt hatten, auf der die Olypmpischen Ringe als Handschellen dargestellt waren.

„Den Aufschub finden wir schade, weil wir rasch vor Gericht gestellt werden wollten”, so die angeklagten Aktivisten der Pressefreiheitsorganisation. „Wir wollten dieses Verfahren nützen, um zu wiederholen, dass China wegen der Verhaftung von Journalisten und Dissidenten für all die Proteste im Vorfeld der Olympischen Spiele verantwortlich ist. Der Prozess wäre indirekt auch einer gegen das internationale Olympische Komitee gewesen. Das IOC hat uns alle in eine unhaltbare Situation gebracht, indem es die chinesischen Behörden nicht dazu aufgefordert hat, ihre Versprechungen einzuhalten.” 


RSF-Anwalt Jean Martin, der die drei angeklagten Aktivisten zum Gericht in Pyrgos begleitet hatte, hält den Fall seiner Mandanten für bedeutend: „Kann es eine Beleidigung sein und sanktioniert werden, seine freie Meinung um Ausdruck zu bringen? Ja, heute ist es möglich, für eine Meinungsäußerung strafrechtlich verfolgt zu werden. Das halte ich für sehr schwerwiegend. Und wir befinden uns hier nicht in China, sondern in Griechenland.”

Die drei Aktivisten von Reporter ohne Grenzen, unter ihnen auch RSF-Generalsekretär Robert Ménard, waren sofort nach dem Enthüllen ihrer Flagge verhaftet und in eine Polizeiwachstube in Pyrgos, 24 km von Olympia, gebracht worden.

„Wir wollten mit unserem Protest nicht die griechischen Behörden in Verlegenheit bringen”, so die Pressefreiheitsorganisation. „Wir wollten die chinesische Regierung und das IOC nur an ihre Zusagen erinnern, die sie in Bezug auf die Menschenrechte in China gemacht haben.”

Das chinesische Fernsehen hatte seine Live-Übertragung der Zeremonie während der Protestaktion unterbrochen und stattdessen Archivbilder von Olympia eingespielt. Das griechische Fernsehen unterbrach seine Übertragung ebenfalls für einige Sekunden.

Rund 100 chinesische Journalisten und Cyberdissidenten in Haft

in China sind derzeit rund 100 Journalisten, Internetuser und Cyberdissidenten in Haft, nur weil sie ihre Meinung friedlich zum Ausdruck gebracht haben. Journalisten dürfen seit 12. März nicht mehr nach Tibet reisen und wurden auch aus den benachbarten Provinzen ausgewiesen. Die Niederschlagung der Proteste in Tibet fand daher außerhalb des Blickfeldes der Weltöffentlichkeit statt.

Chinesische Journalisten sind auch weiterhin dem Diktat der staatlichen Abteilung für  Öffentlichkeitsarbeit (der früheren Propagandaabteilung) unterworfen, die zahlreiche Themen unter Zensur stellt. Regierung und Partei kontrollieren weiterhin alle Nachrichten und Informationen und bedienen sich autoritärer Gesetze, um Zuwiderhandelnde zu bestrafen. 

Jounalisten und Cyberdissidenten werden in China häufig wegen Staatsgefährdung, Weitergabe von Staatsgeheimnissen oder Spionage angeklagt. Selbstzensur steht in den Medienunternehmen auf der Tagesordnung. Unabhängige chinesische Medien im Ausland werden schikaniert, Internetseiten blockiert und Radiosender mit Störfunk überlagert, um die Entstehung einer Nachrichten- und Informationsvielfalt zu unterbinden.