Reporter ohne Grenzen ist empört über das Vorgehen der polnischen Regierung gegen den Journalisten Tomasz Piątek, der die dubiosen Machenschaften der amtierenden Regierung und ihrer Kabinettsmitglieder offenbart und in der Folge starker staatlicher Repression ausgesetzt ist.
„Es ist skandalös, wenn JournalistInnen auf vorbildliche Weise ihren Job ausüben und dafür ausgerechnet von staatlicher Seite kritisiert und sogar strafrechtlich verfolgt werden. Reporter ohne Grenzen verlangt das sofortige Einstellen der Ermittlungen, um der Presse und vor allem auch dem Autoren Piątek die Arbeit zu ermöglichen“, fordert Rubina Möhring von Reporter ohne Grenzen Österreich.
Der Investigativreporter Tomasz Piątek wird vom polnischen Verteidigungsministerium beschuldigt, „Gewalt oder illegalen Drohungen“ benutzt zu haben und die Straftet der „öffentlichen Beleidigungen“ gegen die „rechtsstaatliche Autorität der Republik Polen“ – namentlich Antoni Macierewicz, Polens Verteidigungsminister – begangen zu haben.
Vergangene Woche schickte das Verteidigungsministerium der Militärabteilung der Staatsanwaltschaft den „Tatverdacht der öffentlichen Beleidigung“ von Seiten Tomasz Piąteks – kurz, nachdem er seit Buch „Macierewicz und seine Gehemeinisse“ (englisch: „Macierewicz and His Secrets“) veröffentlicht hatte. Das Buch basiert auf aufwendiger investigativer Recherche und offenbart Herrn Macierewicz‘ Netzwerk aus Gehilfen, KollaborateurInnen und politischen PartnerInnen, welche wiederum zahlreiche politische sowie finanzielle Kontakte mit russischen, dem Kreml nahestehenden Organisationen pflegen – wie z.B. dem Militärspionagedienst GRU und der sog. „Solntsevo“-Mafia, eine international tätige, kriminelle Organisation.
Das Verteidigungsministerium berief sich dabei nicht auf zivilrechtliche Verleumdungsgesetze oder dergleichen, sondern auf drei Artikel des Strafgesetzbuches, welche eine Gefängnisstrafe zur Folge hätten. Diese wären:
- 224. Nötigung.
§2. Jede Person, die Gewalt oder eine illegale Drohung mit der Intention nutzt, eine/n Regierungsbeamten/Regierungsbeamtin oder seine/ihre Assistenz von ihrer politischen Arbeit abzuhalten oder zu behindern, ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu verurteilen. - 226. Beleidigung eines/einer Regierungsbeamten/Regierungsbeamtin.
§3. Jede Person, die eine Verfassungsautorität der Republik Polen öffentlich beleidigt oder ihren Ruf schädigt, ist mit einer Geldstrafe, einer Freiheitsbeschränkung oder einer Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren zu verurteilen. - 231a. Rechtlicher Schutz von RegierungsbeamtInnen.
Der rechtliche Schutz von RegierungsbeamtInnen während der Ausübung ihrer Regierungstätigkeit oder der damit in Verbindung stehenden Aktivitäten gilt auch, wenn ein gesetzeswidriger Angriff aufgrund seines/ihres Berufes oder seiner/ihrer Position vorgenommen wird.
Am 11. Juli 2017 gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass es die oben genannte Benachrichtigung des Verteidigungsministeriums bekommen habe; nichtsdestoweniger erklärte es nicht, inwiefern diese Artikel des Strafgesetzbuches auf Tomasz Piąteks Buch zutreffen könnten. Bereits zuvor wurden große Teile der investigativen Berichterstattung desselben Autors über Macierewicz‘ dubiose Beziehungen von der Gazeta Wyborcza, einer führenden polnischen Zeitung bzw. ihrer Onlineausgabe Wyborcza.pl veröffentlicht. In diesem Zusammenhang verklagte der Verteidigungsminister jedoch niemanden, weder den Autor, noch die Zeitung.
Das Vorgehen von Macierewicz‘ Ministerium – ein Versuch, einen Journalisten wegen seiner Veröffentlichung zu beschuldigen und einzusperren, indem das Strafgesetzbuch herangezogen wird und die Staatsanwaltschaft benutzt wird, welche wiederum komplett seinem Kabinettskollegen, dem Justizminister untersteht – ist nichts anderes als das Bedrohen von JournalistInnen und Medien, die die Machthaber kritisieren. Zudem ist es ein klarer Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und der Pressefreiheit.
Gazeta Wyborcza ruft die internationale Mediengemeinschaft auf, gegen diese Taten zu protestieren, um die Pressefreiheit und Tomasz Piątek zu verteidigen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Polen auf Platz 54 von 180 Staaten. Die Lage der JournalistInnen wird dabei vor allem seit der Amtseinführung der jetzigen Regierung immer prekärer.