Freiheitliche Einschüchterungsversuche gegen Journalisten in Österreich: Gezielte Kampagnen gegen unliebsame Berichterstattung

Freiheitliche Einschüchterungsversuche gegen Journalisten in Österreich: Gezielte Kampagnen gegen unliebsame Berichterstattung

Freiheitliche Organisationen veröffentlichten Fotos und Emailadressen von Journalistinnen auf Social Media und rufen ihre Mitglieder dazu auf, den beiden die Meinung zu sagen – ein verabscheuenswürdiger Versuch, kritische BerichterstatterInnen einzuschüchtern. 

In den vergangenen Tagen haben freiheitlichen Nachwuchsorganisationen Fotos und Kontaktdaten von Journalistinnen im Netz veröffentlicht. Bei den Journalistinnen handelt es sich um Colette Schmidt, Innenpolitik-Redakteurin von der Tageszeitung Der Standard, sowie Hanna Herbst, Stellvertretende Chefredakteurin von Vice Austria.

 Der Ring freiheitlicher Jugendlicher (RFJ) in der Steiermark postete auf Facebook ein Bild, auf dem Schmidt bei einer Veranstaltung zu sehen ist. Unterhalb des Postings schreibt der RFJ: “Das ist Colette. Colette schreibt für den Standard und stellt gerne FPÖler an den Pranger.” Wer der Journalistin „etwas zu sagen“ habe, solle ihr schreiben. Darunter befindet sich die dienstliche Emailadresse, aus der auch der Nachname hervorgeht. Ganz ähnlich verfährt das freiheitliche Jugendmagazin Gegenargument: Nachdem Herbst sich kritisch nach der Niederösterreichwahl zum FPÖ-Ergebnis auf Twitter geäußert hatte, wurden von der FPÖ-nahen Organisation ihre Mailadresse und Social Media Profile mit dem Aufruf „Schreibt Hanna doch Eure Meinung“ geteilt. Auch der ORF-Journalist Stefan Kappacher wird in dem Beitrag namentlich genannt. Zuvor schrieb die FPÖ-nahe Onlinezeitung Wochenblick über die „linke Journalistin“ Herbst, der blaue Vizekanzler Heinz-Christian Strache teilte den Artikel auf seiner Facebook-Seite. Der RFJ verteidigt den Aufruf als „üblichen Meinungsaustausch in einer Demokratie“, das Posting selbst wurde gelöscht. Der Standard hat bereits angekündigt, rechtliche Schritte einzuleiten.

Reporter ohne Grenzen beobachtet mit großer Sorge die zunehmenden Kampagnen gegen unbequeme JournalistInnen durch die FPÖ und ihr nahestehende Organisationen. „Menschenhatz ist keinesfalls ein üblicher demokratiepolitischer Meinungsaustausch“, betont Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat bisher keine Stellung zu den aktuellen Vorfällen bezogen. Heute veröffentlichte die Wochenzeitung Falter Informationen, dass der ORF-Radiosender FM4 im Jahr 2019 von der derzeitigen schwarzblauen Bundesregierung wegen „Nichterfüllung des Bildungsauftrages“ eingestellt werden könnte.
Reporter ohne Grenzen ruft in einer Petition gegen die Absetzung des Radiosenders auf.