Einreise nach Tibet für JournalistInnen verboten – Was versteckt die chinesische Regierung?

Einreise nach Tibet für JournalistInnen verboten – Was versteckt die chinesische Regierung?

Reporter ohne Grenzen hat heute die chinesische Regierung aufgerufen, die Einreise von ausländischen JournalistInnen nach Tibet und in die angrenzenden Provinzen ab sofort wieder zuzulassen.  
 
Seit 14. März ist es JournalistInnen verboten, sich in Tibet und den von Tibetern bewohnten angrenzenden Gebieten frei zu bewegen. Reporter ohne Grenzen sind 50 Fälle von JournalistInnen bekannt, die seit Mitte März daran gehindert wurden, sich in Tibet frei zu bewegen.


„Was versteckt die chinesische Regierung hinter den geschlossenen Türen Tibets? Die Situation ist von einer Normalisierung, wie sie die chinesischen Behörden behaupten, weit entfernt. Die wenigen Berichte aus Tibet zeichnen ein völlig anderes Bild, das von Verhaftungen und einem Klima der Angst in den Städten und rund um die Klöster geprägt ist”, so Rubina Möhring von ROG Österreich.  
 
„Die Nachrichtensperre erleichtert die Regierungspropaganda, aber auch die Verbreitung zahlreicher Gerüchte. Wir appellieren daher an die Europäische Union und an die Vereinten Nationen, auf die chinesische Regierung entsprechend einzuwirken, damit sich ausländische JournalistInnen in Tibet und den angrenzenden Regionen wieder frei bewegen können,” so die Präsidentin der österreichischen Sektion von ROG weiter.  
 
Journalistenreise wegen „meteorologischer Probleme” verschoben
 
Die Organisatoren der Olympischen Spiele haben gestern angekündigt, eine geplante Pressereise auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Die JournalistInnen hätten den Versuch begleiten sollen, die Olympische Flamme auf die Spitze des Mount Everest zu bringen. Zunächst hätten sie sich in der tibetischen Hauptstadt Lhasa an die dortigen 3650 Meter Seehöhe gewöhnen sollen. Dieser Teil der Reise würde jedoch abgesagt, was von den Behörden mit „meteorologischen Problemen” begründet wurde. „Nur die Berichterstattung über den Fackellauf wird zugelassen”, so ein Behördenvertreter.
 
Staatliche Medien sprechen von „Randalierern” und „Rückkehr zur Normalität”
 
Die chinesischen Behörden haben eine massive Propagandakampagne in Gang gebracht, die die Tibeter als „Randalierer” und „Terroristen” darstellt. In den Aussendungen der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua ist von einer „Rückkehr zur Normalität” und Waffenfunden in buddhistischen Tempeln zu lesen. Xinhua berichtete, dass die Behörden in elf Klästern in Gansu Handfweuerwaffen, Dynamit und Satellitenschüsseln gefunden hätten. Auch die chinesischen Fernsehsender wurden aufgefordert, weiterhin Bildmaterial über von Tibetern ausgeübte Gewalt in Lhasa und anderen Städten zu senden.  
 
Der Propagandakampagne gegen die „Clique des Dalai Lama” wird auch in jenen chinesischen Medien, die ihren Sitz im Ausland haben, viel Raum gegeben. Die fremdsprachigen staatlichen CCTV-Sender zeigen nur Gewalt, die von Tibetern ausgeht, und niemals die darauf folgenden Repressalien. Ouzhou Shibao („Nachrichten Europas”) brachte ebenfalls eine ganze Seite über Tibet, die lediglich die offizielle Position der Regierung wieder gab.  
 
Ausländische Radiosender durch Störfunk überlagert
 
Um zu verhindern, dass die chinesischen Bevölkerung Zugang zu unzensurierten Nachrichten bekommt, werden ausländische Radiosender wie Voice of Tibet und Radio Free Asia entgegen den internationalen Abkommen über Kurz- und Mittelwellenfunk vermehrt durch Störfunk überlagert.
 
So berichtet Oystein Alme, Direktor von Voice of Tibet: „Wir haben seit 16. März einen wesentlichen Anstieg des Störfunks bemerkt, vor allem in den Städten, wo die Regierung hunderte Millionen Dollar investiert hat, um Antennen zu installieren, damit die Tibeter unser Programm nicht hören können.”
 
Pro-tibetische Organisationen werden auch von chinesischen Internet-Usern und Hackern schikaniert. Die Seite der tibetischen Exilregierung wurde kürzlich durch eine Gruppe chinesischer Hacker unerreichbar gemacht. Auch diverse ausländische Medien (vor allem Websites, auf denen Kommentare gepostet werden können) werden mit Nachrichten überflutet, die die Regierungspropaganda wortwörtlich wiederholen.  
 
Die chinesischen Behörden haben die Medien aufgefordert, die offiziellen Zahlen von 13 getöteten unschuldigen Zivilisten und 300 durch „Krawallmacher” Verwundeten beizubehalten. Hingegen geht die tibetische Exilregierung von rund hundert getöteten und mehreren Hundert verhafteten Tibetern aus. Einige pro-Tibetische Gruppen berichten von Tausenden, die in Folterlagern festgehalten werden sollen.  Reporter ohne Grenzen verurteilt abschließend auch die ständige Kritik der chinesischen Regierung an der Berichterstattung ausländischer Medien über Tibet. So sagte der kommunistische Führer Tibets Raidi Mitte März, dass „einige Medien die Fakten absichtlich falsch interpretieren und abscheuliche Verbrechen fälschlicher Weise als friedliche Demonstrationen darstellen.”