Demos: Polizei muss Pressefreiheit gewährleisten, nicht behindern

Demos: Polizei muss Pressefreiheit gewährleisten, nicht behindern

Demos: Polizei muss Pressefreiheit gewährleisten, nicht behindern

Concordia, JournalistInnengewerkschaft und Reporter ohne Grenzen fordern Maßnahmen der Exekutive zum Schutz der Pressefreiheit

Wien (OTS) – Am 16. April 2023 wurde bei einer Demonstration in Wien die Berichterstattung massiv behindert, und zwar nicht nur durch DemonstrantInnen sondern auch durch die Polizei. Dabei kam es auch zur Anwendung von Gewalt.

Polizeikräfte versagten zumindest vier JournalistInnen, darunter KollegInnen vom Standard, von PULS 24 sowie freie JournalistInnen, über einen längeren Zeitraum den Zugang zum großräumig abgesperrten Versammlungsort, während DemonstrantInnen ohne Einschränkungen durchgelassen wurden. Colette Schmidt (Der Standard): “Zuerst schickten uns Polizistinnen und Polizisten trotz unserer Presseausweise auf einen Spießrutenlauf von einem Tretgitter zum anderen, wo uns Beamte trotz anders lautenden Informationen der Pressestelle nicht durchließen, dann wieder doch, dann wieder nicht. Neben uns konnten Teilnehmer der Demo dabei jedes Mal ohne weiteres passieren, während man uns stoppte.” “Ein freies Bewegen auf der Demo wurde uns als TV-Team am Anfang erschwert”, berichtet auch Magdelena Punz (PULS 24).

Mehrere JournalistInnen wurden von Demonstrationsteilnehmern bedroht, wobei Polizeibeamte zusahen, aber nichts zum Schutz der JournalistInnen unternahmen. Die Drohung mit spitzen Regenschirmen ist ein auf Demonstrationen immer wieder eingesetztes Mittel, um JournalistInnen abzudrängen oder zum Unterlassen von Film- und Fotoaufnahmen zu zwingen. Beim Zutritt zu Gerichtsgebäuden oder Fußballstadien werden Regenschirme als potentielle Waffen angesehen und müssen abgegeben werden. Auf Demonstrationen hingegen greifen Polizeibeamte zum Schutz von JournalistInnen nicht ein, Schirme werden da anscheinend als harmlos angesehen. Colette Schmidt (Der Standard) “Fünf Männer mit Regenschirmen bedrängten und verfolgten uns. Dabei entstanden für uns bedrohliche Situationen, mussten wir doch rückwärts ausweichen, um keine Schirmspitze in den Körper zu bekommen, die Männer rannten uns überall hin nach.” Michael Bonvalot (Freier Journalist): “Ich bekam immer wieder Schirme knapp vors Gesicht gehalten. Ich wurde laufend beschimpft, gerempelt und bedroht. Die Schirmspitzen wurden teils in meinen Körper gedrückt.”

In weiterer Folge wurden zwei Journalisten von der Exekutive ohne ersichtlichen Grund mit Pfefferspray angegriffen. Dieser überschießende Einsatz von Gewalt ist auf Fotos dokumentiert, eine Verhältnismäßigkeit ist nicht zu erkennen. Samuel Winter (Freier Videojournalist und Fotograf für Arte, ARD, ORF, DerStandard, Puls 4): “Ich dokumentierte, wie Polizisten Pfefferspray einsetzten, dabei schoss mir ein Beamter von nächster Nähe Pfefferspray ins Gesicht. Ich war als Journalist erkennbar, weder von mir noch von den Menschen um mich ging Gefahr aus.”

Der Presseclub Concordia, die JournalistInnengewerkschaft und Reporter ohne Grenzen verurteilen diese Missstände als Angriffe auf die freie Berichterstattung aufs Schärfste. Die Vorfälle vom letzten Sonntag sind keine Einzelfälle, sie sind symptomatisch für ein strukturelles Problem, das seit längerer Zeit bei Demonstrationen zu beobachten ist. Es ist die Aufgabe der Polizei, Journalistinnen und Journalisten bei der Ausübung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit zu schützen und zu unterstützen. Die Vorkommnisse zeigen, dass es nicht nur an rechtlichem Wissen mangelt, sondern auch am Bewusstsein für diese wichtige Aufgabe der Exekutive.

Wir fordern deshalb die Verantwortlichen, insbesondere Innenminister und Landespolizeidirektor, dringend auf, die freie Berichterstattung konsequent zu schützen und dieses strukturelle Problem durch Schulungen, Bewusstseinsbildung, klare Einsatzvorgaben und Verbesserung der Planung und Organisation von Polizeieinsätzen im Zuge von Demonstrationen endlich zu lösen und damit auch der Empfehlung der EU-Kommission zur Gewährleistung des Schutzes und der Sicherheit von Medienschaffenden umfassend nachzukommen.

Rückfragen & Kontakt:

Walter Strobl
Rechtsdienst Journalismus des Presseclub Concordia
w.strobl@concordia.at