“Okto, go on!”: FPÖ missbraucht Community-Sender Okto TV für eigenen Wahlkampf in Wien

“Okto, go on!”: FPÖ missbraucht Community-Sender Okto TV für eigenen Wahlkampf in Wien

“Okto, go on!”: FPÖ missbraucht Community-Sender Okto TV für eigenen Wahlkampf in Wien

Vergangenen Donnerstag war es wieder so weit: Verhandlungstag der Untersuchungskommission für den nichtkommerziellen und werbefreien Sender Okto. Die FPÖ beschuldigt Okto-TV der Malversation, des Missbrauches von Fördergeldern seitens der Stadt Wien. Warum?

Wegen Rücklagen, die der Sender gebildet hatte, da Fördergelder nicht selten verzögert ausgezahlt werden. Die Stadt Wien kritisierte diesen prallen “Sparstrumpf”, es kam schließlich zu einer Einigung zwischen Stadt und Sender. Der Großteil der Rücklagen wurde aufgelöst, Okto verzichtete auf eine Restauszahlung von Fördermitteln aus dem Jahr 2018.

Diese Tatsachen kehrte die FPÖ bei ihren Vorwürfen unter den Tisch. Entgegen des vermittelten Eindrucks sieht sich Okto TV momentan mit einer Kürzung von finanziellen Mitteln konfrontiert. Der Sender erhält heuer nicht mehr eine Million, sondern nur noch 750.000 Euro Unterstützung.

Sind Sie ein Okto-Fan? Dann sind sicherlich auch so oft wie möglich bei der US-Nachrichtensendung “Democracy now” dabei. Oder die Afrika-Sendung von Marie-Roger Biloa in französischer Sprache? Oder Debüt-Beiträge junger Filmemacher, die mit Minibudgets arbeiten müssen? Solche Programmteile finden sich beim gemeinnützigen Sender Okto TV.

Die dritte Säule

Was ist eigentlich das Besondere an so einem gemeinnützigen Sender? Klar doch, es ist ein nichtkommerzieller Sender, der – laut allgemeiner Definition – nichtstaatlich oder Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist. Er ist die vielzitierte “Dritte Säule” im Sendergewirr zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Radio- und TV-Sendern. Hie und da werden solche Sender auch Bürgerfunk oder Rundfunk der dritten Art genannt.

Diese Sender bieten eben auch Sendeplätze für multikulturelle Programme zu niedrigen Sendepreisen an. So sehen wir auf Okto-TV selbstverständlich auch Sendungen in bosnischer, serbischer, türkischer Sprache. Stellt das womöglich die FPÖ kritisch gegenüber Okto ein? Oder spielen da noch andere weit höhere bzw. niedrigere Motive mit?

Zum Beispiel die Verlockung, dem zuständigen Magistrat der Stadt Wien Unachtsamkeit bei der Vergabe von Fördergeldern in die Schuhe zu schieben. Oder aber auch, um einem nicht ganz uneigennützigen medialen Einflüsterer zu folgen, der die Okto-Förderungen lieber in die Kasse seines 24-Stunden-Kommerzsenders fließen sähe, den er neben seinem namentlich Österreich gewidmeten Gratisblatt betreibt.

“Okto, go on!” kann man da nur sagen. Auch Oktogone per se haben übrigens ihre eigene Aussagekraft. In Budapest zum Beispiel gibt es einen achteckigen Platz namens Oktogon. Neun lange Jahre lang hieß dieser Mussolini-Platz. Heute heißt er wieder Oktogon – hoffentlich für immer.

Die Zahl Acht ist eine unveränderbare Größe: Stellt man sie auf den Kopf, ist sie nach wie vor jene Acht, die sie seit Anbeginn war und ist. Ähnliches erwarte ich mir für die nahe Zukunft von Okto-TV.

Nicht vor übliches Gericht gezerrt

Die FPÖ hatte Okto-TV übrigens nicht vor ein übliches Gericht gezerrt. Das Ganze wird gewissermaßen vor einem regionalen Unterausschuss abgehandelt. Sprich da wird viel Staub aufgewirbelt, um dann eines Tages wieder zur Tagesordnung überzugehen. Stellt sich die Frage, wie viel vom Schlechtreden am Image des Schlechtgeredeten nachhaltig hängen bleibt. Auch das könnte ein Ziel sein.

Am vergangenen grauen Wochenende hatte ich einen Wachtraum: Mir träumte, dass endlich auch die nichtkommerziellen Radio- und TV-Sender von der Bundesregierung anständig unterstützt werden. Dies anstatt der ohnedies vermögenden Kommerzsender, die mit einem 24-Stunden-Service prahlen.

Denn der gar nicht so kleine, aber doch sehr feine Unterschied zwischen diesen und den nichtkommerziellen Sendern ist: Werbefreie Sender wie Okto-TV können nicht durch Werbeeinschaltungen mit gutem Geld aus dem staatlichen Steuertopf geködert werden. 

Dieser Kommentar erschien am 27.01.20 in Rubina Möhrings Medien-Blog im Standard.