Reporter ohne Grenzen fordert den Bahrainischen Staat auf, das Verbot des einzigen unabhängigen und arabischsprachigen Medienhauses Al Wasat, welches seit einem Monat und „bis auf Weiteres“ immer noch geschlossen bleiben muss, sofort aufzuheben. Im Ergebnis wurden deswegen ca. 160 Personen entlassen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Al Wasat geschlossen wurde, allerdings nicht für solch einen langen Zeitraum. Die Schließung verstößt gegen Artikel 28 des Bahrainischen Pressegesetzes aus dem Jahr 2002, welches das Verbot von Zeitungen ohne richterlichen Erlass untersagt.
„Al Wasat wurde am 4. Juni ohne einen vernünftigen Grund verboten“, sagt Alexandra El Khazen, Chefin der Nahostabteilung von Reporter ohne Grenzen (ROG). „Diese Aussetzung ‚bis auf Weiteres‘ ist ein beispielloser Akt der Zensur und bedeutet das Ende des unabhängigen Journalismus in Bahrain. Wir rufen den Informationsminister Ali Al-Rumaihi auf, diese skandalöse Entscheidungen zurückzunehmen und alles zu tun, was möglich ist, um der Zeitung wieder ihre Arbeit zu ermöglichen.”
“Auch wir verurteilen diese Vorgehensweise aufs Schärfste und fordern die sofortige Aufhebung der Zensur durch die Behörden”, so die österreichische ROG-Präsidentin Rubina Möhring. “Es kann nicht sein, dass der Staat einfach jeden kritischen Journalismus im Keim erstickt.”
Die staatsnahe Bahrain Journalists Association (BJA) bedauerte zwar die Schließung und kündigte eine Zusammenarbeit mit dem Arbeitsministerium an mit dem Ziel, den entlassenen Angestellten neue Jobs zu verschaffen. Mehrere Al Wasat-JournalistInnen kritisierten jedoch die Social Media-Antwort der BJA, welche die Kritik als verspätet und scheinheilig abtat.
Der Journalist Mohamed Jedhafsi beschuldigt die BJA auf Instagram, kein echtes Interesse daran zu haben, sich für die Angestellten der Zeitung einzumischen. Auch der Fotojournalist Abdullah Hassan betont, dass die BJA sich stärker auf die Gründe der Schließung hätte konzentrieren sollen, anstatt lediglich die Folgen zu kommentieren.
Die Bahrainische Nachrichtenagentur, welche am 4. Juni die Sperre Al Wasats bekannt gab, warf der Zeitung vor, wiederholt gegen das Gesetz zu verstoßen, Spaltung zu betreiben sowie die Außenbeziehungen Bahrains zu unterminieren. Zudem wird ihnen vorgeworfen, in einem Artikel in ihrer Ausgabe des 4. Juni ein befreundetes arabisches Land diffamiert zu haben.
Die Schließung Al Wasats wird in einer am 8. Juni veröffentlichten gemeinsamen Erklärung von Reporter ohne Grenzen und anderer Medienfreiheits- und Menschenrechtsorganisationen verurteilt.
Gegründet im Jahre 2002, wurde Al Wasat seit Jahren von den Machthabern schikaniert. Vergangenen Januar wurde die Onlineausgabe der Zeitung für drei Tage gesperrt – Begründung: die Zeitung betreibe einen Geist der Hetze und die Spaltung der Gesellschaft. Die Printausgabe wurde im August 2015 für zwei Tage verboten.
Zum ersten Mal zensiert wurde die Zeitung Anfang April 2011 – als der Arabische Frühling seinen Höhepunkt erreicht hatte –, weil sie angeblich Falschinformationen veröffentliche und die Staatssicherheit und deren Ruf gefährde.
Karim Fakhrawi, Mitgründer von Al Wasat und Vorstandsmitglied, starb während des Polizeigewahrsams am 12. April 2011, eine Woche nach seiner Verhaftung. Reporter ohne Grenzen war und ist empört über den Tod.
Er und drei weitere Al Wasat-JournalistInnen (darunter der Herausgeber Mansoor Al Jamri) wurden beschuldigt, Falschinformationen verbreitet und die Staatssicherheit gefährdet zu haben, weswegen jene drei im Oktober 2011 zu Strafen in Höhe von 1000 Dinar verurteilt wurden.
Mit mindestens 14 JournalistInnen, welche aktuell im Gefängnis sitzen, ist das Königreich Bahrain eines der größten Gefängnisse für ReporterInnen im Nahen Osten.
In der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit 2017 rangiert Bahrain auf Platz 164 von 180 Ländern.