Was 1703 begann, darf nicht 2023 enden – Resolution der Redaktion der Wiener Tageszeitung

Was 1703 begann, darf nicht 2023 enden – Resolution der Redaktion der Wiener Tageszeitung

Was 1703 begann, darf nicht 2023 enden – Resolution der Redaktion der Wiener Tageszeitung

Abgesehen von den sozialen Folgen einer Kündigungswelle, wäre der Wegfall der Wiener Tageszeitung demokratiepolitisch fatal. Auf dem ohnehin schon sehr kleinen zentrierten Tageszeitungsmarkt (überwiegend konservative und Boulevardmedien) braucht es Zeitungen wie die Wiener Tageszeitung, die objektiv, kritisch und sachlich berichtet.

Medienvielfalt dient der Demokratie – Demokratie lebt von Medienvielfalt!

Die „Wiener Zeitung“ ist die älteste – noch erscheinende – Tageszeitung der Welt. Aber wie lange noch? Der Plan, die „Wiener Zeitung“ auf ein Monatsmagazin zu schrumpfen, wäre ihr Tod auf Raten. Die „Wiener Zeitung“ ist seit 1703 unverzichtbar – 4 Forderungen der Redaktion, damit das auch in Zukunft so bleibt!

1. Der Eigentümer muss für sein Eigentum Verantwortung übernehmen. Die „Wiener Zeitung” hat sich in den vergangenen 20 Jahren zu einer der besten Qualitätszeitungen des Landes entwickelt. Auch die Digitalisierung der „Wiener Zeitung” beginnt nicht mit 2022, wie die Vorhaben des Eigentümers andeuten. Als eine der ersten Zeitungen ging sie schon 1995 online. Die Redaktion begrüßt das Bekenntnis der Regierung zur digitalen Weiterentwicklung. Wir fordern aber auch das Bekenntnis der Republik zur unabhängigen Redaktion in vollem Umfang und zu deren qualitätsjournalistischem Auftrag. Es gibt Interessenten an der „Wiener Zeitung”, falls der Eigentümer nicht dazu bereit ist. 

2. Die Geschäftsführung braucht verlegerische Kompetenzen. Die „Wiener Zeitung“ benötigt eine Geschäftsführung mit professioneller Erfahrung in Management eines Qualitätsmediums, Marketing und Vertrieb. In der Ausschreibung wurde aber keine dieser Qualifikationen verlangt. Die Kernaufgabe der Wiener Zeitung GmbH ist Qualitätsjournalismus. Heute ist die gedruckte Tageszeitung „Wiener Zeitung“ das Fundament für die Weiterentwicklung von digitalem Qualitätsjournalismus.

3. Qualitätsjournalismus braucht finanziellen Rückhalt. Die Redaktion der „Wiener Zeitung“ befürchtet einen massiven Personalabbau durch eine Abkehr von der gedruckten Tageszeitung. Ein qualitätsvolles Online-Medium ergänzt um eine Monatszeitung lässt sich nicht mit weniger Redakteurinnen und Redakteuren, als aktuell angestellt sind, produzieren. Das ist realitätsfremd. Für die „Wiener Zeitung“ und für jede einzelne Journalistin und jeden Journalisten zählt, dass die Zeitung zur demokratischen Willensbildung aller Bürgerinnen und Bürger sowie Menschen, die in diesem Land leben, beiträgt. Wir sind der Überzeugung, dass es nicht weniger, sondern mehr unabhängigen Qualitätsjournalismus braucht.

4. Eigentümer und Geschäftsführung müssen die Mitspracherechte der Redaktion achten. Das Redaktionsstatut der „Wiener Zeitung“ sichert die Unabhängigkeit der Redaktion. Anders als im Statut festgehalten, wurde die gewählte Vertretung der Redaktion bei den geplanten, gravierenden Veränderungen nie hinzugezogen. Das ist eine klare Missachtung des Statuts durch den Eigentümer und die Geschäftsführung. Wir fordern die Eigentümervertreter zu Verhandlungen über die Zukunft der “Wiener Zeitung” auf.  Diesen muss künftig auch ein von der Redaktion ausgewählter Vertreter der Redaktion angehören.

Die „Wiener Zeitung” erschien das erste Mal 1703. Sie ist damit die älteste bestehende Tageszeitung der Welt. Es war eine der letzten Initiativen von Hugo Portisch, die „Wiener Zeitung” als Weltkulturerbe vorzuschlagen. Keine Regierung und keine Geschäftsführung darf die „Wiener Zeitung” als Kulturgut vernichten. Die Redaktion wünscht sich Partner, die die Zeitung der Republik in eine gute Zukunft führen.