Reporter ohne Grenzen fordert die usbekische Regierung dazu auf, den Journalisten Salijon Abdurakhmanow umgehend und bedingungslos freizulassen. Aburakhmanow wird heute 65 Jahre alt. Seinen Geburtstag muss er jedoch im Gefängnis verbringen, denn aufgrund dubioser Anschuldigungen sitzt er in seiner Heimat Usbekistan seit 2008 in Haft.
“Usbekistans Regierung hat den Journalismus so stark eingeschränkt, dass es in dem Land so gut wie keine unabhängige Berichterstattung mehr gibt und praktisch alle kritischen Journalisten in Haft sind”, sagte ROG-Österreich Präsidentin Rubina Möhring. “Es erschüttert uns, dass Salijon Abdurakhmanow schon wieder ein Lebensjahr hinter Gittern verbringen musste und seinen Geburtstag nicht in Freiheit feiern kann.”
Reporter ohne Grenzen ruft weiterhin zu Protestmails an den usbekischen Staatspräsidenten Islam Karimow auf, um Abdurakhmanows Freilassung zu
fordern. Der Journalist zählt in seiner Heimat zu den kritischsten Journalisten. In der Vergangenheit hat er regelmäßig für Medien wie Radio Free Europe/Radio Liberty, Voice of America oder Uznews berichtet. Zudem hat er mehrmals über die sozialen und gesundheitlichen Folgen der Austrocknung des Aralsees geschrieben, einer der großen ökologischen Katastrophen des Landes.
Am 7. Juni 2008 wurden bei dem Journalisten im Zuge einer Verkehrskontrolle 114 Gramm Marihuana und knapp 6 Gramm Opium gefunden. Abdurakhmanow sagte, er habe nichts mit den Drogen zu tun und beschuldigte die Staatsmacht, die Drogen gezielt in seinem Auto platziert haben – eine gängige Praxis der usbekischen Behörden, um Kritiker aus dem Verkehr zu
ziehen.
MIT DUBIOSEN ANSCHULDIGUNGEN VERHAFTET
Abdurakhmanow glaubt, dass man ihn wegen seiner journalistischen Arbeit mundtot machen wollte. Reporter ohne Grenzen teilt diese Vermutung. Kurz nach dem Fund wurde der Journalist zunächst wegen Drogenbesitzes unter Artikel 276 (2) des Strafgesetzbuches angeklagt. Als ein Bluttest jedoch ergab, dass er keinerlei Drogen konsumiert hatte, wurde er wegen des Verkaufs von Drogen mit Paragraf 273 (5) angeklagt, einem wesentlich schlimmeren Vergehen, das mit bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden kann.
Trotz der unklaren Beweislage befand ein Gericht in der autonomen Region Karakalpakstan den Journalisten schließlich für schuldig und verurteilte ihn im Oktober 2008 zu zehn Jahren Haft. Eine Berufung wurde im Monat darauf abgewiesen. Der Oberste Gerichtshof wies eine von Abdurakhmanows Anwalt beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens am im Juni 2011 zurück. Abdurakhmanow ist in der usbekischen Gefängniskolonie Qarshi untergebracht, sein Gesundheitszustand ist
schlecht. ROG hat wiederholt seine Freilassung gefordert. 2014 wurde er mit dem Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit
ausgezeichnet.
EXILMEDIEN UNERLÄSSLICH FÜR DIE BERICHTERSTATTUNG
Unabhängige Berichterstattung aus Usbekistan ist nur über Medien im Ausland
möglich. Mitarbeiter von Exilmedien sehen sich jedoch vielen Anfeindungen ausgesetzt. So war die Webseite
uznews.net, die zu den wichtigsten usbekischen Exilmedien gehörte, im vergangenen Jahr Opfer eines folgenschweren Hackerangriffs. Nachdem das E-Mail-Konto von Uznews-Gründerin und Chefredakteurin Galima Bukharbaeva im November 2014 gehackt und sensible Daten wie die Namen kritischer Reporter in Usbekistan im Internet veröffentlicht wurden, mussten die Betreiber die Webseite schließen, um die enttarnten Reporter nicht noch mehr in Gefahr zu
bringen. Usbekische Journalisten, die undercover für Exilmedien berichten, sind der Gefahr ausgesetzt, von den Behörden verfolgt, verhaftet und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt zu werden. Im Rahmen seiner Arbeit unterstützt Reporter ohne Grenzen mehrere Exilmedien. Insgesamt neun Journalisten sind derzeit in Usbekistan
inhaftiert.
10 JAHRE MASSAKER VON ANDISCHAN
Seit dem Massaker von Andischan mit hunderten Toten, das sich am 13. Mai dieses Jahres zum zehnten Mal jährte, verfolgt die usbekische Regierung unter Präsident Islam Karimow unerbittlich kritische Journalisten und kriminalisiert jegliche unabhängige
Berichterstattung. Internationale Medien wie BBC, Deutsche Welle oder Radio Free Europe mussten in den Monaten nach dem Blutbad Usbekistan verlassen, nur wenigen ausländischen Korrespondenten wurde in den vergangenen Jahren auch nur erlaubt, das Land zu Recherchezwecken zu
bereisen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Usbekistan auf Rang 166 von insgesamt 180 Ländern.