Blog von Rubina Möhring
Bei radikalen Terrormilizen wie dem selbsternannten “Islamischen Staat” wird die UN-Resolution keinen bleibenden Eindruck hinterlassen
Wien – Gratulation. Das österreichische Außenministerium hat es geschafft: Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat jene Resolution angenommen, die dem Schutz von Journalisten dient. Eine Resolution, die vor allem auch fordert, dass Morde an Journalisten geahndet werden. Über 90 Prozent aller Fälle blieben bisher ungeklärt, die Täter ungestraft, konstatiert unser Außenminister. Das soll sich nun ändern. Fragt sich nur, wie?
Traurige Zwischenbilanz des heurigen Jahres: 51 Journalistinnen, Journalisten und 20 Onliner wurden bereits getötet. Nicht weil sie unerfahren oder unvorsichtig waren, sondern vor allem, weil sich ihr Rollenspiel verändert hat. “Wir sind zu Trophäen geworden, zu Beutezielen, zu gejagten Tieren”, schreibt die niederländische Journalistin Minka Nijhuis im deutschen Nachrichtenmagazin “Der Spiegel”. Die Berichterstattung aus Kriegs- und Krisengebieten mutiert mehr und mehr zu einer Freifahrt in politische Geiselhaft mit tödlichem Ausgang. Zumindest wenn man in die Fänge des IS gerät.
Gefangene des Terrors
Bei radikalen Terrormilizen wie dem selbsternannten “Islamischen Staat” wird die UN-Resolution keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Im Gegenteil. Solche Organisationen stellen sich jenseits aller ethischer und rechtlicher Normen. Wie sonst können die propagandistisch inszenierten und via Internet verbreiteten Enthauptungen von Journalisten und Entwicklungshelfern interpretiert werden? Journalisten sind die zivilen Gefangenen im Krieg des Terrors.
Szenenwechsel: In Somalia war der deutsch-amerikanische Journalist Michael Scott Moore vor zweieinhalb Jahre in der Stadt Galkayo in Geiselhaft geraten. Der 45-Jährige hatte dort für ein Buch über Piraten recherchiert. Unbekannt ist bisher, von welcher Gruppierung er entführt worden war. Seit der Entführung im Januar 2012 hatten die Entführer jedenfalls immer wieder Fotos von dem Journalisten veröffentlicht. Fest steht jedoch, dass sich das deutsche Auswärtige Amt für seine Freilassung eingesetzt und über diverse Mittelsleute mit den Entführern verhandelt hatte. Seit Dienstag vergangener Woche ist Michael Scott Moore wieder ein freier Mann. Ob Lösegeld gezahlt wurde, darüber schweigen sich die Behörden aus. Es ist jedoch anzunehmen. Europäische Staaten sind da weniger rigoros als die USA und zahlen lieber, als ihre Bürger sterben zu lassen.
Das Morden geht weiter
Im Juli dieses Jahres errechnete die “New York Times”, dass verschiedene europäische Regierungen seit 2008 mindestens 125 Millionen Dollar Lösegelder an Al-Kaida und deren Verbündete gezahlt hätten – allein im Jahr 2013 an die 66 Millionen Dollar. Washington lehnte diese Praxis bekanntlich auch bei den beiden vom IS enthaupteten Journalisten James Foley und Steven Scotloff ab. Begründung: Lösegelder seien inzwischen die wichtigsten Einnahmequellen für Terroristen, und jedes Handelsgeschäft begünstige ein weiteres. Selbst die Familien der getöteten Geiseln waren darauf aufmerksam gemacht worden, dass das Zahlen von Lösegeldern widerrechtlich und somit strafbar sei. Das Morden geht also weiter.
UN-Resolution zum Schutz von Journalisten
“Wir freuen uns, dass die Resolution mit ihren starken Forderungen von 91 Staaten miteingebracht und nach langwierigen Verhandlungen angenommen wurde”, erklärte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz am Donnerstag in einer Aussendung. 91 von 193 UN-Mitgliedsstaaten. Immerhin, ein wichtiger Schritt ist damit getan. In hohem Maße begrüßenswert ist auch, dass künftig Gewalt gegen Journalisten nicht mehr straffrei sein soll. Die Umsetzung allerdings wird schwierig werden. Laut dem Pressefreiheitsbarometer von “Reporter ohne Grenzen” sind in diesem Jahr bisher nach Syrien Palästina und die Ukraine die für Journalisten gefährlichsten Länder. Wer spricht dort welches Recht über jene, die für die Ermordung der Journalisten verantwortlich sind? (Rubina Möhring, derStandard.at, 29.9.2014)