„Wir sind enttäuscht über die Entscheidung eines türkischen Gerichts, vier Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet nicht aus der Haft zu entlassen“, sagt Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich. Zwar kommt der Kolumnist Kadri Gürsel bis zu einem Urteil unter Auflagen frei, Chefredakteur Murat Sabuncu, Herausgeber Akin Atalay, Investigativjournalist Ahmet Sik und Buchhalter Emre Iper bleiben aber weiter in Untersuchungshaft. Den Cumhuriyet-Mitarbeitern werden Verbindungen zu verschiedenen „terroristischen“ Gruppen vorgeworfen. Ihnen drohen zwischen siebeneinhalb und 43 Jahre Haft. Die nächste Anhörung findet am 31. Oktober dieses Jahres statt.
Die Freude über Kadri Gürsels Freilassung ist getrübt von der unerträglichen Untersuchungshaft der weiteren Cumhuriyet-Mitarbeiter. Reporter ohne Grenzen fordert die türkische Justiz auf, alle MitarbeiterInnen umgehen freizulassen und freizusprechen. Die absurden Anschuldigen und die Willkürhaft für JournalistInnen in der Türkei nehmen kein Ende. “Es ist höchste Zeit, dass Journalisten nicht mehr wie Terroristen behandelt werden und der Medienpluralismus in der Türkei wieder hergestellt wird”, sagt Möhring.
JournalistInnen, die über den Cumhuriyet-Prozess berichteten, sahen sich in den vergangenen Wochen Anfeindungen ausgesetzt. Regierungsfreundliche Medien haben rund 30 JournalistInnen als „Verräter“ und „Feinde Erdogans“ bezeichnet. Unter den Beschuldigten sind prominente JournalistInnen wie Ertugrul Mavioglu, Banu Güven und Fatih Polat, aber auch Verteidiger der Pressefreiheit wie der langjährige Türkei-Korrespondent von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoglu, der als Prozessbeobachter vor Ort war.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 155 von 180 Staaten.