Medienfreiheit in Europa – Knebel für die freie Presse Podiumsdiskussion anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am 3. Mai

Medienfreiheit in Europa – Knebel für die freie Presse Podiumsdiskussion anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am 3. Mai

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copyright: W. Machreich

“Medienfreiheit in Europa – Knebel für die freie Presse” so lautete der Titel der Matinee zu der die Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und Reporter ohne Grenzen Österreich einluden. Die Podiumsdiskussion stand ganz im Zeichen des neuen, ungarischen Mediengesetzes, das eine ernste Bedrohung der Pressefreiheit und Missachtung der Menschenrechte darstellt.
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Anlässlich des internationalen Tages der Pressefreiheit luden Reporter ohne Grenzen Österreich und die Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament zu einer hochkarätigen Podiumsdiskussion mit Kathrin Lauer (Journalistin und Korrespondentin in Budapest und Bukarest), Ulrike Lunacek (außenpolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament) und Charles E. Ritterband (Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung, Wien. Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, moderierte das Gespräch.


Ungarisches Mediengesetz missachtet Menschenrechte

„Im Jahr 2011 wurden bereits 18 Journalisten und zwei Medienassistenten ermordet. 283 Medienleute sind derzeit inhaftiert. Wie wichtig es ist, sich für Menschenrechte und Pressefreiheit einzusetzen, zeigen aber nicht nur die aktuellen Zahlen, sondern auch das neue ungarische Mediengesetz, das Medien kontrollieren und bestrafen darf. Das neue Mediengesetz ist ein Mittel der Pressezensur, das die Erklärung der Menschrechte eindeutig missachtet”, so die einleitenden Wort von Rubina Möhring, Präsidentin der NGO Reporter ohne Grenzen Österreich. Sie hebt damit die große Bedeutung des internationalen Tages der Pressefreiheit hervor.

Hohe Strafen führen zur Selbstzensur der Medien

„Die Problematik des neuen Mediengesetzes besteht vor allem darin, dass ein einseitig besetztes Gremium Sanktionen aussprechen und hohe Geldstrafen verhängen darf”, erklärt Kathrin Lauer, Journalistin und Korrespondentin in Budapest und Bukarest. „Kleinere, kritische Zeitungen können dadurch wirtschaftlich in den Ruin getrieben werden. Außerdem darf die Präsidentin der Medienbehörde, die für 9 Jahre gewählt wurde, ohne parlamentarische Kontrolle agieren.”

Die außenpolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament Ulrike Lunacek ergänzt: „Das Recht der Behörde, unverhältnismäßig hohe Strafen mit fadenscheinigen Argumenten zu verhängen, wird zur Selbstzensur der Medien führen. Auch reguliert das Gesetz unterschiedslos sowohl Rundfunk, Presse und Webinhalte und verpflichtet alle Medien sich registrieren zu lassen. Auch die Unabhängigkeit und Staatsferne des Öffentlichen Rundfunks ist nicht gewährleistet. Das neue Mediengesetz in Ungarn ist eine ernste Bedrohung der Pressefreiheit. Es ist eine armselige politische Entscheidung, dass die EU-Kommission sich mit den Änderungen durch die ungarische Regierung zufrieden gibt. Die Probleme des Gesetzes bleiben davon ungerührt. Vor allem bleibt die übermächtige Medienaufsichtsbehörde unangetastet. Die politisch besetzte Behörde soll alle Medien der politischen Kontrolle der Regierungspartei unterwerfen.”

Entschließungsantrag ist starkes Bekenntnis zu Meinungsvielfalt und Pressefreiheit

Charles E. Ritterband, Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung in Wien: „Ich bin enttäuscht  von der EU. Ihr Hauptanliegen ist die Wirtschaft, Bürger- und Menschenrechte sind bloß Dekoration.” Er kritisiert die Indifferenz der EU gegenüber fehlbaren Ländern: „Es fehlte die Aufforderung der EU, dass sich alle Staaten an die UN-Menschrechtscharta halten müssen”. Für ihn handelt es sich um einen politischen Verein mit Mehrheiten und Interessen und nicht um einen idealistischen Verein, der hehre Ziele verfolgt.

 

Die Europaabgeordnete Lunacek wirft dazu ein: „Das Europäische Parlament hat im März diesen Jahres mit eindeutiger Mehrheit einen Entschließungsantrag zum umstrittenen ungarischen Mediengesetz angenommen und damit ein starkes Bekenntnis zu Meinungsvielfalt und Pressefreiheit abgelegt. Das ist ein großer Fortschritt, ist doch 2009 eine Resolution gegen die Medienkonzentration in Italien um ganz wenige Stimmen gescheitert. Die politischen Familienbande der konservativen europäischen Parteien wussten damals noch ein starkes Signal für mehr Pressefreiheit aus dem Europaparlament zu verhindern.” Lunacek weiter: „Das ungarische Mediengesetz wurde mit der eindeutigen Absicht geschaffen, die Medienaktivitäten in Ungarn einzuschränken. Das widerspricht den Grundprinzipien der EU, wie sie in den EU-Verträgen und der Grundrechte-Charta festgelegt sind. Die Kommission und der Rat müssen weiterhin auf eine komplette Überarbeitung des Gesetzes drängen. Das Europäische Parlament hat klargestellt, dass EU-Kommissarin Kroes die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen kann und in dieser Prinzipienfrage der Ungarischen Regierung nicht nachgeben sollte.”

Press Freedom Award 2011 Ungarn gewidmet

Reporter ohne Grenzen verleiht in Österreich traditionell seit 2001 den Press Freedom Award an Reporter, Journalisten und Publizisten in Südosteuropa und in den Nachbarstaaten der Europäischen Union. 2011 ist der Award Ungarn gewidmet. Reporter ohne Grenzen verleiht in diesem Jahr den Award, der mit € 10.000,– dotiert ist, für mutigen und kritischen Journalismus an Journalistinnen und Journalisten aus Ungarn. Die Verleihung findet im Dezember 2011 anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte statt.

Anlässlich des Tages Pressefreiheit gibt es ab morgen auf www.derstandard.at einen wöchentlichen Blog von Rubina Möhring zum Thema Medienfreiheit.