Weltweit 74 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit getötet –
besonders viele in Syrien, Afghanistan, Mexiko, Irak und Jemen
In diesem Jahr sind weltweit mindestens 74 JournalistInnen, BürgerjournalistInnen und MedienmitarbeiterInnen wegen ihrer Arbeit getötet worden. Fast drei Viertel von ihnen wurden gezielt angegriffen. Das geht aus dem heute veröffentlichten zweiten Teil der Jahresbilanz der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) hervor.
Damit sind in den vergangenen zehn Jahren mindestens 695 professionelle JournalistInnen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet worden. Die gefährlichsten Länder für JournalistInnen und andere Medienschaffende waren 2016 Syrien, Afghanistan, Mexiko, der Irak und der Jemen. Rund zwei Drittel der gewaltsamen Todesfälle dieses Jahr entfielen auf Kriegs- und Konfliktregionen.
„Besonders erschreckend ist, dass so viele JournalistInnen gezielt wegen ihrer Tätigkeit angegriffen und ermordet werden“, sagt Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich. „Diese Zahlen zeigen, wie folgenlos bisher alle internationalen Bemühungen geblieben sind, Journalisten besser vor Gewalt zu schützen. Wir brauchen einen UN-Sonderbeauftragten zum Schutz von Journalisten, um die vielen Beschlüsse zu diesem Thema endlich durchzusetzen.“
JournalistInnen geflohen – unabhängige Informationen fehlen
2015 waren mindestens 101 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit getötet worden, darunter 67 professionelle JournalistInnen. Der deutliche Rückgang in diesem Jahr ist jedoch kein Anlass zur Entwarnung: Er erklärt sich vor allem dadurch, dass aus einigen Ländern viele JournalistInnen geflohen sind, weil die Fortsetzung ihrer Arbeit dort zu gefährlich gewesen wäre. Dies gilt insbesondere für Syrien, den Irak, Libyen, den Jemen, Afghanistan und Burundi. Damit fehlen gerade aus Ländern mit akuten politischen Konflikten unabhängige Informationen, die es auch der Weltöffentlichkeit ermöglichen würden, sich ein verlässliches Bild von der Lage dort zu machen.
348 Journalisten derzeit im Gefängnis
Am 13. Dezember zog Reporter ohne Grenzen bereits Bilanz über Verhaftungen und Entführungen von JournalistInnen in diesem Jahr: Weltweit saßen zum Stichtag 1. Dezember mindestens 348 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis, sechs Prozent mehr als ein Jahr zuvor – die meisten von ihnen in der Türkei, in China, Syrien, Ägypten oder dem Iran. Entführt waren zu diesem Zeitpunkt 52 Medienschaffende – und zwar ausnahmslos in Syrien, im Jemen oder im Irak. 21 von ihnen befinden sich in der Gewalt der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“. Ein Journalist – der Burunder Jean Bigirimana – verschwand 2016 ohne Spur.
Um die Verantwortlichen für solche Verbrechen endlich zur Rechenschaft zu ziehen und den Kreislauf der Straflosigkeit zu durchbrechen, wirbt Reporter ohne Grenzen bei den Vereinten Nationen intensiv für die Einsetzung eines UN-Sonderbeauftragten für den Schutz von JournalistInnen. Dieser sollte die Bemühungen der verschiedenen UN-Institutionen zum Schutz von Journalisten koordinieren, die bestehende völkerrechtliche Vorschriften durchsetzen und auf diese Weise die Zahl von Übergriffen und Gewaltakten gegen Journalisten endlich wirksam verringern.
Schon jetzt gibt es zwar eine ganze Reihe von UN-Resolutionen für einen besseren Schutz für Journalisten vor allem in Konfliktgebieten; sie hatten aber bislang kaum konkrete Auswirkungen auf die Lage der Betroffenen.
Die Jahresbilanz 2016 mit Details zu den getöteten JournalistInnen finden Sie als PDF hier.
Details zu den verhafteten und entführten JournalistInnen im Jahr 2016 finden Sie hier.