Entfesselt: Journalistin bekommt Friedensnobelpreis am Politkowskaja- Todestag

Entfesselt: Journalistin bekommt Friedensnobelpreis am Politkowskaja- Todestag

Jubel: der diesjährige Friedensnobelpreis geht gleich an drei Frauen und eine davon ist Journalistin, eine junge Journalistin. Tawakkul Karman ist nicht irgendeine Schreiberin im Jemen sondern Leiterin und charismatische Führungsgestalt der Menschenrechtsorganisation “Journalistinnen ohne Fessel”, “Woman Journalists Without Chains”.

Erst 32 Jahre alt ist Tawakkul Karman und Mutter dreier Kinder. Sie weiß, was sie tut und nicht selten gefährdet sie im Dienst der Presse- und Informationsfreiheit ihr persönliche Freiheit. Zuletzt am 23. Januar dieses Jahres, als sie nach offener Kritik an der autoritären

Führung ihres Land von der Straße weg verhaftet wurde. Damals hatte sie gegenüber dem US-Sender CNN geäußert: “Wir rufen das jemenitische Volk auf, die Revolution gegen die korrupte Regierung zu wagen. Wir haben uns zusammengefunden, das tunesische Volk zu grüßen und den Menschen in Tunis zu gratulieren.” Es waren die Tage der Jasmin-Revolution in Tunis, die schließlich zum Sturz des Diktators Ben Ali geführt hatte. Es war der frühe Beginn des arabischen Frühlings. Ihr mutiger Aufruf hatte genügt, Tawakkul Karman hinter Gitter zu stecken. Zum Verstummen konnte sie nicht gebracht werden.

An diesem 23. Januar, einem Sonntag, hatten hunderte Menschen, Studierende, JournalistInnen, MenschenrechtsaktivistInnen, AnwältInnen, Intellektuelle im Rahmen einer Demonstration im Zentrum der Hauptstadt Sanaa gegen die autoritäre Regierung von Präsident Ali Abdulah Saleh. In Sprechchören forderten sie die Freilassung von Tawakkul Karman. Wie Reporter ohne Grenzen berichtete, sollte ursprünglich der Demokratie-Marsch zehn Tage lang dauern. Es war eine friedliche Demonstration, dennoch schritt die Polizei gewaltsam ein. Mindestens 20 TeilnehmerInnen verhaftet, führende Menschenrechtsaktivistinnen, darunter auch Tawakkul Karman. Zur selben Zeit sprach Präsident Sahle lobende Worte zu den Sicherheitskräften des Landes. An die Macht war er in Tawakkuls Geburtsjahr gekommen.

Der Journalistin wurde Aufwiegelung und Gefährdung des öffentlichen sozialen Friedens vorgeworfen. Als die Proteste nicht verstummten, kam sie am darauf folgenden Tag wieder frei. Heute wird sie die Mutter der Revolution genannt. Den ersten Bericht über Korruption in Jemen hatte sie 2007 veröffentlicht.

Exakt fünf Jahre ist es her, seit die russische Journalistin Anna Politkowskaja in Moskau ermordet wurde. Sie war zu kritisch, ihre Stimme zu laut, ihre Recherchen in Tschetschenien zu gefährlich für den Machtapparat. Der 7. Oktober war damals ein Samstag. Am frühen Nachmittag wurde sie in dem Eingang des Haus, in dem sie wohnte, durch Schüsse brutal niedergestreckt. Manche sprachen hinter vorgehaltener Hand von einem Geburtsgeschenk an den damaligen Präsidenten Vladimir Putin. Der Fall ist noch immer nicht aufgeklärt. Dass Tawakkul Karman gerade an diesem Tag zur Friedensnobelpreisträgerin gekürt wurde, ist auch eine späte Ehrung an Anna Politkowskaja und an alle JournalistInnen, die im Dienst der Menschenrechte und der Informationsfreiheit ihr Leben riskieren. Denen die Freiheit der Gesellschaft wichtiger ist als die eigene kleine Sicherheit.

Twakkul Karman will ihren Nobelpreis den AktivistInnen des arabischen Frühlings widmen.