Reporter ohne Grenzen (ROG) und seine rumänische Partnerorganisation Active Watch kritisieren die anhaltend besorgniserregende Lage der Medien in Rumänien. Die strukturellen Probleme der Presselandschaft und des Medienmarktes in Rumänien engen die Unabhängigkeit von Journalisten stark ein. So werden die Medien zunehmend zum Spielball wirtschaftlicher und politischer Interessengruppen. Eigentümer von Medienkonzernen instrumentalisieren die Redaktionen für ihre eigenen Ziele. Die Regierung und Behörden schauen dem Bedeutungsverlust der Medien nicht nur tatenlos zu, sondern tragen selbst zu dem Prozess bei und verweigern sich notwendiger Reformen zur Sicherung der Presse- und Meinungsfreiheit.
Dies sind einige der zentralen Schlussfolgerungen des 62-seitigen Jahresberichts zur Pressefreiheit in Rumänien der Agentur für Medienbeobachtung und ROG-Partnerorganisation Active Watch. ROG hat die im vergangenen Mai erschienene Studie jetzt in englischer Sprache veröffentlicht.
Jedes der acht Kapitel in dem Bericht schließt mit Empfehlungen an Journalisten, Medieneigentümer sowie Regierung und Behörden, wie das Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit in dem südosteuropäischen Land gestärkt werden kann.
Eine der größten Gefahren für die Unabhängigkeit der rumänischen Presse ist die Kontrolle der Medien durch ihre Besitzer: Sie üben Einfluss auf die redaktionellen Leitlinien aus – im Sinne ihrer eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen. Folgen dieser Instrumentalisierung sind eine Verzerrung des Medienmarktes und unfaire Wettbewerbsbedingungen.
Verschärft wird diese Situation durch den Einbruch des Medienmarktes seit Beginn der Wirtschaftskrise im Jahr 2008. In den vergangenen zwei Jahren wurden 6000 Medienmitarbeiter in Rumänien entlassen. 60 Zeitungen wurden geschlossen, die Auflagen vieler anderer Zeitungen sind seither stark gefallen.
Gleichzeitig verschwimmen bei einigen Medien die Trennlinien zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten: Unternehmen, aber auch staatliche Institutionen wie das Ministerium für Tourismus, nehmen als Anzeigenkunden oder über finanzielle Zuwendungen Einfluss auf redaktionelle Artikel und Beiträge.
„Bedeutende und überprüfbare redaktionelle Inhalte stehen kurz vor ihrem Verschwinden, erstickt von hysterischem, manipulativem, einseitigem Journalismus, parteiischer Meinung und Infotainment “, heißt es in dem Bericht.
Die Politik nimmt die fortschreitende Instrumentalisierung und Entpolitisierung der Medien nicht nur einfach in Kauf. Statt die redaktionelle Unabhängigkeit von Medien zu stärken, tragen Teile der Regierung zur Degradierung dieser bei. So wird etwa in der nationalen Verteidigungsstrategie unter dem Punkt „nationale Sicherheitsschwächen” das „Phänomen von mediengesteuerter Schmierkampagnen, die sich gegen staatliche Institutionen richten” angeführt. Zudem halten Behörden viele Informationen gegenüber Journalisten zurück.
Ein verbesserter Zugang zu Behördeninformationen ist eine der Forderungen von ROG und „Active Watch” an die rumänische Regierung. Auch die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müsse endlich angegangen werden. So dürften die Mitglieder des Aufsichtsrates des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht mehr nur nach politischen Kriterien ernannt werden. An Politiker wie auch an Unternehmer appellieren ROG und „Active Watch” unter anderem, die redaktionelle Unabhängigkeit zu respektieren und Investitionen in Qualitätsmedien zu fördern.