In Sachen Entscheidungshilfe für die Wehrpflicht-Befragung brillierten weder Politik noch Medien
Die Waffen hoch: Die Landessicherheit steht auf dem Spiel. Das Volk, die BürgerInnen entscheiden, wie sie sich künftig gerettet sehen wollen: durch ein haupt- oder zum Teil nebenberufliches Heer. Durch Zivildiener oder professionelle Sozialdienstler, durch Männer oder Frauen. Welche Waden sollen künftig bei Paraden krampflos strammstehen? Wer hat ein besseres Händchen für Pflegefälle? Das sind die Fragen an die Nation. Spannend ist allenfalls, wer nach der Volksbefragung die Hosen runterlassen muss. Vielleicht die Donaukanal-Demokratie per se?
In Sachen Entscheidungshilfe für die Wahl zwischen Berufsheer und Wehrdienst brillierte nicht nur das Gros der zum Krieg um das Heer abkommandierten PolitikerInnen nicht, auch die Medien waren nicht immer fit. Überzeugende Analysen für Pro und Kontra hielten sich in Grenzen. Berichte und Gespräche über politische Standpunkte, parteipolitische Scharmützel und Säbelrasseln hingegen gab es bis zum Geht-nicht-mehr.
Argumente für und wider
Logo, in der Politik werden nicht immer alle Karten offen auf den Tisch gelegt. Klaro, Aufgabe der Medien ist es, ihre Recherche-Finger in offene Wunden zu legen: Aufklärung zu leisten und jene Antworten zu geben, die sich die Politik aus parteipolitischem Kalkül versagt. Für-und-wider-Argumente zu liefern, über die vielleicht sogar manche PolitikerInnen froh wären.
Notgedrungen ist der mediale Alltag anders. Geld regiert bekanntlich auch hier die Welt. Auflagen- und Quoten-versprechende Themen werden mit wenig Personal flott hochgefahren. Auch durch den Äther wurde dieser Tage zielgerichtet einiges gejagt:
- Aktuelle Reportagen über glückliche BerufssoldatInnen mit europäischer Bodenhaftung.
- Heeresaffine TV-Dokus inklusive O-Tönen russischer Kriegsveteranen, die tiefgründig über ihre einstigen Einsätze in Afghanistan sinnieren.
- Viel zu viele Gesprächsrunden mit BerufspolitikerInnen und ExpertInnen vorwiegend männlichen Geschlechts.
Summa summarum war der medial vermittelte Schlagabtausch weniger erhellend als decouvrierend. PR-Beratungscrews hatten offensichtlich das Beste aus ihren professionellen Nähkistchen herausgekramt: Je einfacher gestrickt die Botschaften sind, umso besser werden sie verstanden. Manchmal waren diese in ihrer Schlichtheit derart perfekt aufbereitet, dass sie sogar zu Rückschlüssen auf die Gemüter der Absender hätten verführen können. Wahre Bürgerlust auf Volksantworten bewirkte der Medienrummel jedenfalls nicht.
Politische Hausaufgabe
Ohne Wenn und Aber soll der Wille des befragten Volkes die künftige Sicherheitspolitik bestimmen. Dies auch dann, wenn nur ein marginaler Teil der Bevölkerung dazu bereit ist, diese politische Hausaufgabe stellvertretend für die Regierung zu erledigen. Wozu, mag sich die Mehrheit fragen, hat man als demokratiebewusste BürgerIn an der Nationalratswahl teilgenommen? Damit eine künftige Regierung ihre Arbeit macht und nicht heikle Entscheidungen ohne entsprechende Sachinformationen an die Bevölkerung zurückdelegiert.
Vorbeihuschende Gedanken
Mancherlei mag an der Vorfeldberichterstattung zum Thema Volksbefragung/Heeresreform ärgerlich gewesen sein. Unangenehm sind allenfalls vorbeihuschende Gedanken an die einst von Hitlers NSDAP forcierten populistischen Volksentscheidungen. Während der Weimarer Republik, um diese zu schwächen. Nach der Machtergreifung, um die eigene Politik vordergründig zu bestätigen.
In welcher Demokratie-orientierten Zeit leben wir heute? Nein, keine unangebrachten Unkenrufe. Beinahe fertig ist eine Demokratie-fördernde Reform der Presseförderung. Zitat aus der Bergmannssprache: Glück auf. (Rubina Möhring, derStandard.at, 18.1.2013)