„Man darf auch Nein sagen!“ – Pressekonferenz der besseren Medienenquete

„Man darf auch Nein sagen!“ – Pressekonferenz der besseren Medienenquete

 

Bei der heutigen Pressekonferenz der Besseren Medienenquete hat sich eine breite Allianz aus Organisationen und Einzelpersonen vorgestellt. Sie alle verbindet, dass sie für die Stärkung des öffentlich-rechtlichen Mediensektors eintreten und angesichts der aktuellen Forderungen besorgt sind. Sie warnen vor einem neuen ORF-Gesetz, zunehmender Einflussnahme durch die Regierung und einem reinen Scheindiskurs bei der Medienenquete.

 

„Der ORF muss ein Hort für differenzierenden Qualitätsjournalismus sein. Er kann diese Aufgabe aber nur erfüllen, wenn Druck von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genommen wird“, so Udo Bachmair von der Vereinigung für Medienkultur und spricht sich deshalb gegen eine Finanzierung aus dem Bundesbudget aus. Das hätte einen noch direkteren Zugriff durch die Mächtigen auf den ORF zur Folge.

Eva Flicker lehrt Mediensoziologie an der Universität Wien. Sie findet es bedenklich, dass die Medienenquete der Bundesregierung beinahe ohne wissenschaftliche Perspektive auskommt. Sie hält die Medienenquete für eine bloße Inszenierung eines Diskurses, bei dem wesentliche Akteure und Themen wie Wissenschaft, Minderheiten, Geschlechterverhältnisse, Medienbildung und viele andere nicht repräsentiert sind. Bei den GIS-Gebühren gehe es um mehr als nur Beiträge zu zahlen. Sie erachtet es als alarmierend, dass Medienvielfalt nach ökonomischen Kriterien gemessen wird. „Ich hätte nie geglaubt, dass die Unabhängigkeit des Rundfunks einmal nicht mehr gegeben ist“, so Flicker.

Rubina Möhring von Reporter ohne Grenzen Österreich hakt bei den geplanten Maßnahmen der Regierung ein. „Der ORF tendiert in Richtung Staatsfernsehen. Wir sind eine lebendige Demokratie, wir brauchen kein Staatsfernsehen, wir brauchen den ORF als öffentliche Medienanstalt“, warnt sie und zeigt sich bestürzt über das Vorgehen der FPÖ, die sich in der Vergangenheit immer gegen Postenschacherei im ORF ausgesprochen hatte und nun genau so vorgehe. „Wer kritische Medien unterstützen will, sollte auch tatsächlich dafür sorgen, dass es eine Medienförderung dafür gibt“, fordert sie. Sie weist auch auf die Rolle der Zivilgesellschaft hin, deren Zusammenschluss dafür sorgen könne, gehört zu werden.

Neu seien nicht nur die Angriffe auf den öffentlichen Rundfunk, sondern die Dreistigkeit, mit der sie geschehen, so der Schauspieler Cornelius Obonya. Dass ein Vizekanzler einen Anchorman attackiere, das gehe nicht. „Es wird immer deutlicher, dass es ein Luxus ist, unabhängige Medien, Kultur zu konsumieren.“ Er arbeite, genauso wie unzählige andere gerne und „mit Patriotismus“ mit dem ORF zusammen. „Ohne frische Luft erstickt man“, warnt Obonya. Eine Finanzierung aus dem Staatsbudget würde Tür und Tor für Beeinflussung eröffnen.

Der Ökonom Stephan Schulmeister schließt an Obonya an. „Der Sozialstaat wurde früher als öffentliches Gut verstanden“, und dazu gehöre auch die Förderung von Kultur- und Medienvielfalt. Reines Profitinteresse der Verleger würde für Medienvielfalt sorgen, so verhieß Milton Friedman. Die heutige Zeit habe gezeigt, dass im Gegenteil ein Wettbewerb nach unten stattfinde, so Schulmeister. „Aufklärung als öffentliches Gut scheint mir ein besonders wichtiges Gut zu sein“, gerade angesichts der Haltung, die die Bundesregierung gerade vertrete.

Zur Bedeutung verschiedener Medien meldet sich Helga Schwarzwald vom Verband Freier Radios zu Wort. Sie und andere VertreterInnen freier und Regionalmedien sind nur als Hörerin und nicht als Sprecherin bei der kommenden Medienenquete geladen. „Informationsvielfalt ist nicht von selbst möglich“, so Schwarzwald.

Kommerzieller Privatrundfunk, der auf Profit orientiert arbeitet, bekomme fünf Mal mehr Förderung als die freien Pendants. „Es braucht einen Raum, der frei von finanziellen Interessen ist“, fordert sie.  Meinungsfreiheit betrifft uns alle, schließt sie.

Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren fasst zusammen: „Es geht um die Unabhängigkeit der Medien, nicht nur des ORF, sondern alle.“ Wenn sogar der ORF als größtes Medienunternehmen unter Druck gesetzt werden könne, hätte das auch auf kleinere Medien Einfluss. „Jeder Verdacht ist angebracht, zu denken, dass die Medienenquete dazu gedacht ist, die Absichten der Regierung zu beschönigen“, so Ruiss. Deshalb gebe es die öffentliche bessere Medienenquete, nicht nur als Veranstaltung, sondern auch als Sammlung von Texten. Das sei auch ein Akt der Selbstbehauptung. Man dürfe auch etwas riskieren, auch in exponierten Positionen: „Man darf auch Nein sagen!“

 

 

Am Mittwoch, 6.6. um 6 Uhr abends treffen sich zahlreiche Organisationen am Karlsplatz, um eine BESSERE MEDIENENQUETE abzuhalten.

Wer unabhängigen Medien eine Stimme geben möchte, findet hier und auf Facebook mehr Informationen zur Veranstaltung.

Die gesamte Pressekonferenz kann man hier von Radio Orange aufgezeichnet nachhören.

 

REDNERiNNEN:

Armin Thurnher (Falter) ♦ Ingrid Brodnig (Autorin, Publizistin) ♦ Wir Staatskünstler (Florian Scheuba und Thomas Maurer) ♦ Rubina Möhring (Reporter ohne Grenzen Österreich) ♦ Eva Blimlinger (Akademie der Bildenden Künste) ♦ Erich Fenninger (Volkshilfe und DiEM25) ♦ Michael Bünker (Evangelische Kirche A. B.) ♦ Isolde Charim (Philosophin und Kolumnistin Wiener Zeitung) ♦ Wolfgang Lorenz (Journalist, ehemaliger ORF-Programmdirektor) ♦ Udo Bachmair (Vereinigung für Medienkultur) ♦ Leonhard Dobusch (Universität Innsbruck, ZDF-Fernsehrat) ♦ Friedrun Huemer (Es Bleibt Dabei – Verein zur Förderung der Meinungsfreiheit) ♦ Helga Schwarzwald (Verband Freier Radios Österreich) ♦ Thomas Weber (Biorama) ♦ Omas gegen Rechts ♦ Gerhard Ruiss (IG Autorinnen Autoren) ♦ Gerhard Moser (ORF-Zentralbetriebsrat) ♦ Manochehr Shahabi (Unterstützungskommittee zur Integration von MigrantInnen) ♦ Wiltrud Hackl (Gesellschaft für Kulturpolitik Oberösterreich)

 

MUSIK:

  • Maja Osojnik (Elektronik)
  • Willi Resetarits und Ernst Molden
  • Schmieds Puls (solo)
  • Peter Rosmanith (Percussion)
  • John Morrissey (Hotel Palindrone)
  • Gerhard Ruiss mit anlassbezogenen Gstanzln

 

Unterstützen die Initiative:
#aufstehn
Arbeitsgruppe Demokratie braucht Bildung
Arbeitsgemeinschaft für regionale Kultur und Bildung
Attac
BOeS Berufsverband Österreichischer SchreibpädagogInnen
Erstes Wiener Lesetheater
esbleibtdabei.at
Gesellschaft für Kulturpolitik Oberösterreich
Greenpeace
IG Autorinnen Autoren
IG Bildende Kunst
IG Kultur Österreich
IG Übersetzerinnen Übersetzer
IG World Music Austria
Integrationshaus
Joan Robinson – Verein zur Förderung frauengerechter Verteilung ökonomischen Wissens
Katholische Frauenbewegung Österreichs
Katholische Sozialakademie Österreichs
Kulturrat Österreich
Literaturhaus Salzburg
Musikergilde
ÖJC Österreichischer Journalisten Club
Omas gegen Rechts
Österreichischer PEN-Club
Presseclub Concordia
Radio Aufdraht
Radio Orange
Reporter ohne Grenzen Österreich
respekt.net
SAG Salzburger Autorengruppe
transFORM.at
UKI Unterstützungskomitee zur Integration von MigrantInnen
Verband Freier Radios Österreich
Verein Frauenhetz – Feministische Bildung, Kultur und Politik / Wien
VICE
Volkshilfe
VTMÖ Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und MusikproduzentInnen Österreich
WIDE – Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven
Wir Staatskünstler
Zentralverband der Berufsvereinigung der Bildenden Künstler Österreichs