Österreich erreicht Platz 29 und ist mit einem Plus von 0,56 Punkten praktisch gleichgeblieben – der Absturz vom Vorjahr hat sich „verfestigt“.

Österreich erreicht Platz 29 und ist mit einem Plus von 0,56 Punkten praktisch gleichgeblieben – der Absturz vom Vorjahr hat sich „verfestigt“.

Österreich erreicht Platz 29 und ist mit einem Plus von 0,56 Punkten praktisch gleichgeblieben – der Absturz vom Vorjahr hat sich „verfestigt“.

Auch im zweiten Jahr nach Einführung des neuen RSF- Bewertungssystem schafft es Österreich nicht, einen Sprung in Richtung Spitzenplatzierungen zu machen.

Denn Grund zur Freude über zwei Plätze Gewinn kann nicht aufkommen:  würde nur der rechtliche Rahmen gezählt, wären wir heuer auf Platz 33 (-1,63Punkte), beim politischen Rahmen sogar nur Platz 39 (-3,81 P. nur Platz 39) Dabei sind die vielen Vorkommnisse in den letzten Wochen und Monaten im diesjährigen Ranking gar nicht miteingeflossen, d.h. an der Situation wird sich, wenn nicht schnell und effektiv gehandelt wird, in Zukunft nichts ändern werden.

Dass es zu keinem weiteren Abrutschen kam, lag hauptsächlich daran, dass die Regierung, die im Vorjahr aufgezeigten Missstände nicht angegangen ist. Nur Verbesserungen anzukündigen, wie es 2022 der Fall war, verhindert allenfalls ein weiteres Abstürzen, ändert allerdings nichts an der Lage der Pressefreiheit zum Positiven hin. Das Informationsfreiheitsgesetz wurde immer noch nicht verabschiedet, der Entwurf mangelhaft – Österreich bleibt somit einziges EU-Land ohne eines solchen. Der Gesetzesentwurf zur Journalismusförderung ist halbherzig und ignoriert Diversität, Inklusion, Innovation und die für eine vitale Demokratie ebenso wichtigen kleinen Medien. Es gibt nach wie vor keine Deckelung von Geldern öffentlicher Stellen für Inserate und so lange es nicht verpflichtend wird, ausschließlich nach sachlichen, überprüfbaren Kriterien Werbeaufträge zu vergeben, wird dieses System der wechselseitigen Steuerungsversuche nicht enden. „Korruptiven Verhältnissen zwischen Regierung und Medien wurde durch das neue, 2022 nur als Entwurf vorliegende Medientransparenzgesetz kein Riegel vorgeschoben. Es können weiter ohne Folgen weitgehend willkürlich von der Regierung Werbeaufträge vergeben und Medienkooperationen eingegangen werden. Damit ist Steuerung von Journalismus nicht unterbunden“, bilanziert Präsident Hausjell die unzureichende Antwort der regierenden Medienpolitik auf die schweren Vorwürfe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Diese sehr unbefriedigenden rechtlichen Rahmenbedingungen haben im neuen Ranking ihren entsprechenden Niederschlag. Österreich verliert hier 1,63 Punkte und liegt in der Pressefreiheits-Säule „Rechtlicher Kontext“ heuer nur auf Platz 39.

2022 war in Österreich auch das Jahr der „Chatnachrichten“

Zuerst die Rücktritte von Chefredakteuer Rainer Nowak (“Die Presse“) und Chefredakteur Matthias Schrom-Kux (ORF-TV), kurz darauf erschütterten die von „Standard“, „Spiegel“ und „Presse“ recherchierten Vorwürfe gegen den Landesdirektor von ORF-Niederösterreich, Robert Ziegler, die Grundmauern der „vierten Gewalt“. Wieviel noch durch Aufdeckung seitens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einerseits und durch investigativen Journalismus anderseits an die Oberfläche kommen wird, ist offen. Gemeinsam haben sie alle, dass die aufgetauchten Protokolle und Absprachen ein viel zu enges Naheverhältnis zwischen einzelnen Politikern und Journalist:Innen aufweisen. Auch hier wird die Aufarbeitung und Aufklärung in Bezug auf bezahlte Umfragen und die “Verhaberung” zwischen Politik und Medien noch andauern. Allfällige künftige Verurteilung durch Gerichte werden erst die kommenden Rankings voll abbilden.

„Diese schwer wiegenden Vorwürfe gegen führende Journalisten haben ein Bild verkommener Verhältnisse offengelegt, das zwar relativ rasch zu Rücktritten geführt hat, das aber dem Journalismus im Land ungemein schadet“, resümiert der Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich, Fritz Hausjell. Im neuen Ranking führten diese neu transparent gemachten Sachverhalte zur entsprechenden Herabstufung. Österreich verliert hier gleich 3,81 Punkte und liegt in der Pressefreiheits-Säule „Politischer Kontext“ heuer nur auf Platz 33.

Da die Bewertungsbasis für die vorliegende Jahresbilanz mit 31. Jänner 2023 endet, fließen die jüngsten Hausdurchsuchungen der WKStA beim Medienunternehmen „heute“ und die damit verbundenen Ermittlungsergebnisse gegen Eva Dichand (Herausgeberin von „heute“ und ihren Mann Christoph Dichand (Herausgeber der „Kronen Zeitung“) bisher überhaupt nicht in das heute präsentierte Pressefreiheitsranking ein.

Auch wenn sich Österreich in der Einschätzung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Journalismus und Medien gegenüber dem Vorjahr geringfügig um 0,42 Punkte verbessert hat, darf man hier nicht vergessen, dass die Punktzahl (61,85 von 100) mit Abstand Österreichs schlechteste ist. Das ergibt Rang 32 im Vergleich, weil international der enorme Strukturwandel der Finanzierung von Journalismus nahezu die gesamte Branche betrifft. Die minimale Verbesserung wird wohl auf die Auszahlung der großen Summen (insgesamt 54 Millionen € im Jahr 2022) in Bereich Transformation in den digitalen Bereich zurückzuführen sein, mit dem Wermutstropfen, dass die Gründe für die jeweilige Zuerkennung von Fördermittel überhaupt nicht transparent gemacht wurden.

Der weiterhin hochkonzentrierte Medienmarkt, die überschaubare Anzahl voneinander unabhängiger Medienanbieter, die Pläne zur Einstellung der gedruckten „Wiener Zeitung“ haben allesamt zu dem niedrigen Wert (61,85) beigetragen. Das endgültige Aus der „Wiener Zeitung“ ist im aktuellen Ranking allerdings noch nicht berücksichtigt, da erst letzte Woche im Parlament beschlossen. Was allerdings in die Wertung miteingeflossen ist, sind die Regierungspläne für die „Wiener Zeitung“ als Online-Medium und der staatsnahen Journalistenausbildung, die nach Einschätzung von den Evaluator:innen nicht vereinbar ist mit unabhängiger freier Berichterstattung. Die Angst, eine Medienlandschaft nach Vorbild von Orbans Ungarn zu etablieren, ist groß und anhand der Pläne der Regierung nicht ganz von der Hand zu weisen.

Sicherheitskonzept für Medienschaffende

Der vergleichsweise hohe Wert und die Verbesserung um 4,91 Punkte im Sicherheitsbereich trügen ein wenig und ist v.a. damit zu erklären, dass die zahlreichen „Anti-Coronademos“ im Jahr 2022 abgeebbt sind und auch keine „harten physischen“ Attacken auf Medienschaffende verzeichnet wurden. Auch können wir uns glücklich schätzen, in einem Land zu leben, in dem Medienschaffende nicht willkürlich weggesperrt, verletzt oder getötet werden. Dennoch stellen Amtshandlungen wie Identitätsfeststellung trotz Presseausweises, Anhalten oder Wegweisen von Medienschaffenden nach wie vor ein Problem dar. Zudem ist die Stimmung seit Beginn 2023 auf Demonstrationen wieder rauer geworden und es ist zu einigen Vorfällen seitens der Polizei gegenüber Journalist:innen, teilweise sogar mit Pfefferspray, gekommen, was ebenfalls Alles erst im nächsten Jahresranking einfließen wird.

Die Regierung ist gut beraten, zusammen mit der Polizei ein Sicherheitssystem zu entwickeln, damit es hier zu Verbesserungen kommt. So wirkt beispielsweise die Begründung der Polizei in einem aktuell stattfindenden Gerichtsverfahren (Maßnahmenbeschwerde eines Journalisten) befremdlich, das Wegstoßen des Medienschaffenden wäre als Schutz vor den Demonstrant:Innen gedacht gewesen. Wenn diese Begründung vor Gericht standhält sehen wir schwarz für die Pressefreiheit in Österreich. Ein Land, das denjenigen „behelligt“ bzw. „straft“, der/die einfach seine Arbeit ausübt, nämlich „freie“, „unabhängige“ Information zu liefern (Watchdog-Funktion), anstatt die tobenden, aggressiven Demonstrant:Innen in den Griff zu bekommen, hat den Sinn der Pressefreiheit, als wichtiges Instrument für Demokratie, nicht ausreichend erkannt.

„Die Kritik- und Kontrollfunktion darf in einer liberalen Demokratie weder durch Message Control noch durch willfährig gemachten Journalismus, noch durch Gewalt gegen Medienschaffende ausgehebelt werden“, resümiert Fritz Hausjell, Präsident Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich: „Die Sanierung der gefährdeten Pressefreiheit in Österreich ist 2022 der heimischen Medienpolitik nicht gelungen. Das hat wohl viel mit der Weigerung handelnder Personen in Politik und Medienwirtschaft zu tun, die Tragweite der bisherigen Entwicklungen zur Kenntnis nehmen zu wollen und die Verursacher klar zu benennen.“

„Es ist traurig wenn nicht sogar beschämend für die österreichische Regierung, dass sich in einem Jahr in puncto Informationsfreiheitsgesetz und der Schutz von Whistleblowern so wenig getan hat. Auch was Rechtssicherheit von JournalistInnen gegen Einschüchterungs/SLAPP Klagen betrifft, tritt Österreich auf der Stelle.“ Julia Herrnböck, Vizepräsidentin Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

Die 21. Ausgabe des Weltindex für Pressefreiheit, der jährlich von Reporter ohne Grenzen (RSF) erstellt wird, beleuchtet die großen und oft radikalen Veränderungen im Zusammenhang mit politischen, sozialen und technologischen Umwälzungen.

Laut dem Welt-Pressefreiheits-Index 2023 – der das Umfeld für den Journalismus in 180 Ländern und Gebieten bewertet – ist die Situation in 31 Ländern “sehr ernst”, in 42 “schwierig”, in 55 “problematisch” und in 52 Ländern “zufriedenstellend” oder “gut”. Mit anderen Worten: In sieben von zehn Ländern ist das Umfeld für den Journalismus “schlecht”, und nur in drei von zehn Ländern ist es zufriedenstellend.

„In 70 Prozent der Länder weltweit steht die Pressefreiheit unter Druck. Eine wachsende Bedrohung ist Desinformation: Machthabende desavouieren die freie Presse mit immer glaubhafteren Fakes, säen Misstrauen und Verwirrung, schneiden die Bevölkerung  von echter Information ab und attackieren Journalist:innen persönlich. Die schnelle Entwicklung von KI macht Desinformation zu einem der größten Probleme für die Pressefreiheit der nächsten Jahre.“ Corinna Milborn, Vizepräsidentin Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

Auswirkungen der Fake-Content-Industrie

Der Index 2023 verdeutlicht die rasanten Auswirkungen der Fake-Content-Industrie  (im digitalen Raum) auf die Pressefreiheit. In 118 Ländern (zwei Drittel der 180 vom Index bewerteten Länder) gaben die meisten Befragten des Index-Fragebogens an, dass politische Akteure in ihren Ländern häufig oder systematisch an massiven Desinformations- oder Propagandakampagnen beteiligt sind. Der Unterschied zwischen wahr und falsch, real und künstlich, Fakten und Kunstwerken wird verwischt und gefährdet das Recht auf Information. Die Vielzahl an Möglichkeiten Inhalte zu manipulieren, werden eingesetzt, um diejenigen, die Qualitätsjournalismus verkörpern, zu schwächen, während sie gleichzeitig den Journalismus selbst schwächen.

Die bemerkenswerte Entwicklung der künstlichen Intelligenz bringt die Medienwelt, die bereits durch das Web 2.0 unterminiert wurde, weiter ins Wanken. Unterdessen treibt Twitter-Eigentümer Elon Musk den willkürlichen, kostenpflichtigen Umgang mit Informationen auf die Spitze und zeigt, dass Plattformen für den Journalismus zum Treibsand werden können.

Die Desinformationsindustrie verbreitet manipulative Inhalte in großem Umfang, wie eine Untersuchung des Konsortiums Forbidden Stories, eines von RSF mitbegründeten Projekts, zeigt. Und jetzt verdaut die KI Inhalte und spuckt sie in Form von Zusammenfassungen aus, die die Grundsätze der Strenge und Zuverlässigkeit aushebeln.

Die fünfte Version von Midjourney, einem KI-Programm, das als Reaktion auf sprachliche Anfragen Bilder mit sehr hoher Auflösung generiert, hat die sozialen Medien mit immer plausibleren und unauffindbaren gefälschten “Fotos” gefüttert, darunter recht realistisch aussehende Fotos von Donald Trump, der von Polizisten angehalten wird, und von einem komatösen Julian Assange in einer Zwangsjacke, die viral gingen.

„Angesichts der vielfältigen Bedrohungen der Pressefreiheit – durch politische Akteure und Medienmoguln, aber auch durch Fake-News – wird es Zeit, gemeinsam an einem Sicherheitsnetz für unabhängige, pluralistische und faktenbasierte Medien  zu arbeiten, auf zivilgesellschaftlicher Ebene, aber auch im Rahmen der Europäischen Union.“ Erhard Stackl, Vizepräsident Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

Pressefreiheit in Europa im Schatten des Ukraine Krieges

In Europa, insbesondere in der Europäische Union, ist es für Journalist:Innen am einfachsten ist zu arbeiten, obwohl es auch dort große Schwankungen und Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern gibt.

Das schwierige Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit im Westen

Der Krieg in der Ukraine hat sich auch auf Westeuropa ausgewirkt, das oft um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit ringt. Mehrere Staaten haben die journalistische Arbeit unter dem Vorwand der “nationalen Sicherheit” eingeschränkt. In Griechenland (Platz 107) stellte der Skandal um das Abhören von Journalist:Innen durch die Geheimdienste und die Spähsoftware Predator den größten Verstoß gegen die Pressefreiheit in der Europäischen Union im Jahr 2022 dar und erklärt, warum Griechenland im Index 2023 den schlechtesten Platz unter den EU-Ländern einnimmt.

In Albanien (96.) wurde die journalistische Berichterstattung über einen Cyberangriff im Iran auf staatliche Institutionen von der Staatsanwaltschaft unverhältnismäßig eingeschränkt. Im Vereinigten Königreich (Platz 26), wo Julian Assange noch immer auf seine Auslieferung wartet, bedroht der Entwurf des Gesetzes zur nationalen Sicherheit den investigativen Journalismus, da er keine Schutzmaßnahmen vorsieht. In Lettland (16.) entzog die Medienaufsichtsbehörde einem unabhängigen russischen Sender willkürlich die Medienlizenz. In Finnland (5.) wurden zwei Journalisten wegen der Preisgabe von Staatsgeheimnissen verurteilt, während in Schweden (4.) durch neue Gesetze die Vertraulichkeit journalistischer Quellen geschwächt wurde. Deutschland (21.), hat eine Rekordzahl an Fällen von Gewalt und Verhaftungen gegen Journalist:Innen verzeichnet und ist um fünf Plätze zurückgefallen.

Polen (57.), wo es im Jahr 2022 in Bezug auf Pressefreiheit relativ ruhig war, ist um neun Plätze gestiegen, während Frankreich (24.) sich um zwei Plätze verbessern konnte. Einen noch größeren Sprung haben die Niederlande (6.) gemacht. Sie erreichen wieder die Position, die sie 2021 innehatten, bevor der Journalist Peter R. de Vries im Juli 2021 ermordet wurde.

Trotz Warnsignalen in manchen Staaten hat sich der Abstand zwischen den Ländern innerhalb der Europäischen Union erheblich verringert. Im diesjährigen Index haben sich doppelt so viele EU-Mitglieder verbessert, als solche, die in der Rangliste abgestürzt sind. Gleichzeitig erörtert die EU eine bahnbrechende Gesetzgebung zur Einführung gemeinsamer Standards für die Medienfreiheit. Der Aufstieg der meisten östlichen EU-Mitgliedsländer im Index geht mit der Erkenntnis einher, dass eine unabhängige Berichterstattung als Schutzwall gegen die Propaganda des Kremls dienen kann. Serbien (91.), wo regierungsnahe Medien russische Propaganda verbreiten, verzeichnete den größten Rückgang (-12) in der EU-Balkanregion.

                                Systemische Zensur im Osten

Der Krieg in der Ukraine hat es dem Kreml ermöglicht, 2022 die endgültige “Zerstörung” der russischen Medienlandschaft einzuleiten. Die systematische Zensur und die erzwungene Abwanderung unabhängiger russischer und ausländischer Medien haben Raum für die Verbreitung koordinierter Propaganda durch regierungsnahe Medien geschaffen. Das Verbot westlicher sozialer Netzwerke kam der Plattform Telegram zugute, deren Reichweite sich in Russland (Platz 164) innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt hat. Soziale Plattformen sind die Methode, die unabhängige Medien am häufigsten nutzen, um die Zensur zu umgehen. Doch wurden die sozialen Medien auch von Putins Propagandanetzwerken missbraucht, indem einige Telegram-Kanäle sogar die Bewegungen ausländischer Journalist:Innen, die als Spione angesehen werden, verfolgten.

In der Ukraine (79.) wird der Propagandaapparat des Kremls bei jeder neuen Eroberung eines Territoriums durch russische Streitkräfte im Eiltempo aufgebaut: Fernsehgeräte werden gestört, ukrainische Medien im großen Stil ausgetauscht und Jagd auf einheimische Journalist:Innen gemacht. In der freien Zone genießen Journalist:Innen trotz der Desorganisation der Redaktionen und der Schwierigkeiten, die mit der Berichterstattung über ein Land im Krieg verbunden sind, sowie der Einschränkungen der Berichterstattung, die in der Regel der Situation angemessen sind, größere Freiheiten. Der Krieg und das nationale Einheitsgefühl haben den Einfluss der Oligarchen auf die Medien verringert und den Druck, der durch die Spaltungen entstanden ist, reduziert.

Die russische Invasion wirft ihren Schatten auf die gesamte Region, insbesondere auf Weißrussland (Platz 157), das nun unter seiner Kontrolle steht. Der Index wurde durch eine eklatante Verschlechterung der Lage der Pressefreiheit in Zentralasien negativbeeinflusst, mit einem deutlichen Abstieg um 50 Plätze von Kirgisistan (122. Platz).

Spitzenreiter international

Norwegen liegt zum siebten Mal in Folge auf Platz 1. Ungewöhnlich ist jedoch, dass ein nicht-nordisches Land den zweiten Platz belegt, nämlich Irland (um 4 Plätze auf Platz 2), vor Dänemark (um 1 Platz auf Platz 3). Die Niederlande (Platz 6) haben sich um 22 Plätze verbessert und damit die Position aus dem Jahr 2021 zurückerobert, bevor der Kriminalreporter Peter R. de Vries ermordet wurde. Die Verbesserung ihres Rangs (+22 Plätze) ist nicht allein auf den deutlichen Anstieg des Sicherheitsindikators (+33 Punkte) zurückzuführen, denn er ist immer noch der schlechteste Wert der Niederlande. Es liegt auch daran, dass die Pressefreiheit weiterhin eine Priorität der Regierung ist und sie sich bemüht, die Gewalt gegen Journalist:Innen zu verringern, was im Jahr 2022 erreicht wurde. Ein weltweites Vorbild ist hier die Plattform PersVeilig, die der Mediensektor, die Polizei und die Staatsanwaltschaft 2019 gemeinsam ins Leben gerufen haben, um Bedrohung, Gewalt und Aggression gegen Medienschaffende zu reduzieren. Zur Erreichung dieses Ziels haben die beteiligten Parteien ein Protokoll zur Pressesicherheit unterzeichnet.

Schlusslichter

Auch am unteren Ende des Index gibt es Veränderungen. Die letzten drei Plätze werden ausschließlich von asiatischen Ländern eingenommen: Vietnam (Platz 178), das seine Jagd auf unabhängige Reporter:Innen und Kommentator:Innen fast abgeschlossen hat; China (Platz 179, Minus 4 Plätze), das weltweit die meisten Journalist:Innen inhaftiert und einer der größten Exporteure von Propagandainhalten ist; und Schlusslicht Nordkorea (Platz 180).

Die Region Maghreb-Nahost ist nach wie vor die gefährlichste Region für Medienschaffende: In mehr als der Hälfte der Länder dieser Region wird die Lage als “sehr ernst” eingestuft. Die sehr niedrige Punktzahl einiger Länder wie Syrien (175.), Jemen (168.) oder Irak (167.) ist vor allem auf die hohe Zahl verschwundener oder als Geiseln genommener Journalist:Innen zurückzuführen. Obwohl Palästina (156.) um 14 Plätze aufgestiegen ist, bleibt der Sicherheitsindex des Landes nach dem Tod von zwei weiteren Journalisten im Jahr 2022 sehr ernst. Saudi-Arabien (170.) setzt sich am Ende der Rangliste fest. Im Maghreb verlor Algerien (136.), das seine autoritäre Ausrichtung verstärkt hatte, indem es unter anderem den Pressechef Ihsane El Kadi verfolgte, 2 Plätze und bleibt in der Kategorie der Länder, in denen die Lage der Presse als “schwierig” eingestuft wird.

Stellungnahmen von Reporter ohne Grenzen Österreich

„Der letztjährige starke Absturz Österreichs im Pressefreiheitsranking von Reporter ohne Grenzen hat sich also verfestigt.“ Fritz Hausjell, Präsident Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

 „In 70 Prozent der Länder weltweit steht die Pressefreiheit unter Druck. Eine wachsende Bedrohung ist Desinformation: Machthabende desavouieren die freie Presse mit immer glaubhafteren Fakes, säen Misstrauen und Verwirrung, schneiden die Bevölkerung  von echter Information ab und attackieren Journalist:innen persönlich. Die schnelle Entwicklung von KI macht Desinformation zu einem der größten Probleme für die Pressefreiheit der nächsten Jahre.“ Corinna Milborn, Vizepräsidentin Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

 „Korruptiven Verhältnissen zwischen Regierung und Medien wurde durch das neue, 2022 nur als Entwurf vorliegende Medientransparenzgesetz kein Riegel vorgeschoben. Es können weiter ohne Folgen weitgehend willkürlich von der Regierung Werbeaufträge vergeben und Medienkooperationen eingegangen werden. Damit ist Steuerung von Journalismus nicht unterbunden.” Fritz Hausjell, Präsident Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

„Es ist traurig wenn nicht sogar beschämend für die österreichische Regierung, dass sich in einem Jahr in puncto Informationsfreiheitsgesetz und der Schutz von Whistleblowern so wenig getan hat. Auch was Rechtssicherheit von JournalistInnen gegen Einschüchterungs/SLAPP Klagen betrifft, tritt Österreich auf der Stelle.“ Julia Herrnböck, Vizepräsidentin Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

„Die Kritik- und Kontrollfunktion darf in einer liberalen Demokratie weder durch Message Control noch durch willfährig gemachten Journalismus, noch durch Gewalt gegen Medienschaffende ausgehebelt werden. Die Sanierung der gefährdeten Pressefreiheit in Österreich ist 2022 der heimischen Medienpolitik nicht gelungen. Das hat wohl viel mit der Weigerung handelnder Personen in Politik und Medienwirtschaft zu tun, die Tragweite der bisherigen Entwicklungen zur Kenntnis nehmen zu wollen und die Verursacher klar zu benennen.“ Fritz Hausjell, Präsident Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

„Angesichts der vielfältigen Bedrohungen der Pressefreiheit – durch politische Akteure und Medienmoguln, aber auch durch Fake-News – wird es Zeit, gemeinsam an einem Sicherheitsnetz für unabhängige, pluralistische und faktenbasierte Medien  zu arbeiten, auf zivilgesellschaftlicher Ebene, aber auch im Rahmen der Europäischen Union.“ Erhard Stackl, Vizepräsident Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

„Diese schwer wiegenden Vorwürfe gegen führende Journalisten haben ein Bild verkommener Verhältnisse offengelegt, das zwar relativ rasch zu Rücktritten geführt hat, das aber dem Journalismus im Land ungemein schadet“, resümiert der Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich, Fritz Hausjell. Im neuen Ranking führten diese neu transparent gemachten Sachverhalte zur entsprechenden Herabstufung. Österreich verliert hier gleich 3,81 Punkte und liegt in der Pressefreiheits-Säule „Politischer Kontext“ heuer nur auf Platz 33. Fritz Hausjell, Präsident Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

hier geht’s zur Pressekonferenz mit Präsident Fritz Hausjell und seinen StellvertreterInnen Julia Herrnböck, Corinna Milborn und Erhard Stackl: https://www.youtube.com/watch?v=QiMS9n9M_eE&feature=youtu.be

Pressemappe: https://drive.google.com/file/d/1087gC4NVVDSd3BuRGxrIa_4_aP_DNJUp/view?usp=share_link

Länderranking: https://drive.google.com/file/d/11GtEMqTQEleYIQ2lmQJ6PM4wJeMN3KVr/view?usp=share_link

Länderranking im Detail: https://drive.google.com/file/d/1NNE7XjBLvNiY_6Aj7pLCkHF0xRGbMt_G/view?usp=share_link

Regionenbericht: https://drive.google.com/file/d/1-RIJQ-7Qx5Hsj4cWQivHvFD2o1C-nBgd/view?usp=share_link

Berichte der einzelnen Länder: https://drive.google.com/drive/folders/1sJx5A52qHTKwviFo8W-ttBJ2Epmv7K9v?usp=share_link

Österreich Profil: https://drive.google.com/file/d/1Cmku75u9WsIjC1Cv2UZEyZa0dYSb5koQ/view?usp=share_link

Q&A‘s Europa (deutsch): https://drive.google.com/file/d/1Y1-kUbxPKWzJvc2y8m9t2kuEXRrm8qtr/view?usp=share_link

Q&A’s weltweit (französisch/englisch): https://drive.google.com/file/d/1MbBTV2c2KlH4DTDEv4zGOz7zLLJuIoRo/view?usp=share_link

Methode: https://drive.google.com/file/d/1T_LkWJ53O6kAlryuK3RgRxe_kghYEHNq/view?usp=share_link

Fragebogen: https://docs.google.com/spreadsheets/d/16MTo3un_Ock6gtwVBbpMCw8te6FtVDy5/edit?usp=share_link&ouid=107053404312178493513&rtpof=true&sd=true