Gaza: RSF fordert Konsequenzen nach gezielten Angriffen auf Medienvertreter

Am Sonntag, 10. August 2025, wurden bei einem israelischen Angriff sechs Medienmitarbeiter in Gaza getötet, darunter fünf aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter des katarischen Senders Al Jazeera und ein freiberuflicher Journalist.

Der Angriff, zu dem sich die israelische Armee bekannt hat, richtete sich gegen Al Jazeera-Reporter Anas al-Sharif, dem sie “Terrorismus” vorwirft. Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt diese verwerfliche Taktik, die wiederholt gegen Journalisten eingesetzt wird und eindeutig gegen die Genfer Konvention und den darin festgeschriebenen Schutz von Journalistinen und Journalisten verstößt. RSF fordert eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats, um die Massaker zu stoppen.

Mehr Informationen unter:

https://rsf.org/en/gaza-rsf-calls-emergency-un-security-council-meeting-after-targeted-israeli-strike-kills-six-media

Rechnungshof bemängelt Schieflagen in der Medienförderung

Das Kontrollorgan fordert mehr Beachtung von Qualitätskriterien

Durch den Wegfall etablierter Einnahmequellen sind die Funktionsfähigkeit des österreichischen Medienmarkts und die Medienvielfalt zunehmend gefährdet. Mit gezielten Förderungen greift der Staat deshalb unterstützend ein.

In einem aktuellen Bericht kritisiert der österreichische Rechnungshof, dass diese Maßnahmen aktuell das Ziel verfehlen, die Medienvielfalt im Sinne einer Meinungsvielfalt zu steigern und den Marktzutritt neuer medialer Angebote zu fördern.

Damit unterstreicht das Kontrollorgan die langjährige Forderung von Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich, die Medienförderung für junge und innovative Medienformate konsequent zu öffnen, entsprechende Anreize für eine plurale Medienlandschaft zu schaffen und auf mehr professionelle journalistische Tätigkeit Bedacht zu nehmen.

Rechnungshofbericht: Medienförderungen durch die KommAustria und die RTR

Fotocredit: Rechnungshof/Achim Bieniek

Donald Trump: Sechs Monate Krieg gegen die Presse

Sechs Monate nach Beginn der zweiten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump ist seine Regierung zunehmend feindselig gegenüber der Presse eingestellt und ahmt autoritäre und quasi-autoritäre Regime auf der ganzen Welt nach oder inspiriert sie sogar. Reporter ohne Grenzen (RSF) warnt vor den Gefahren einer transnationalen Anti-Presse-Bewegung, die ihre Taktiken über Grenzen hinweg austauscht und im amerikanischen Präsidenten einen ihrer bislang mächtigsten Befürworter gefunden hat.

Donald Trump hat sich zu einer Schlüsselfigur einer globalen politischen Bewegung gegen den Journalismus entwickelt, die zu einem weltweiten Rückgang der Pressefreiheit beigetragen hat und derzeit, nur sechs Monate nach Beginn seiner zweiten Amtszeit, in den Vereinigten Staaten in vollem Umfang zum Ausdruck kommt. Anti-Presse-Regime auf der ganzen Welt übernehmen häufig Taktiken voneinander, von der verbalen Belästigung von Journalisten bis hin zur Zerschlagung unabhängiger Medien. Ob absichtlich oder nicht, sie folgen einem gemeinsamen Drehbuch, um unabhängige Medien zu kontrollieren, einzuschüchtern und zu bestrafen.

„Donald Trump mag zwar Barrieren für den internationalen Handel errichten, aber wenn es um Angriffe auf die Presse geht, fließen die Ideen zwischen Ländern mit schlechter Pressefreiheitsbilanz frei. Seit seinem Amtsantritt vor sechs Monaten hat Trump seine jahrelangen verbalen Angriffe auf Journalisten mit neuen, konkreten Maßnahmen zur Einschränkung der Pressefreiheit untermauert. Viele dieser Taktiken sind nichts Neues – es ist das gleiche Drehbuch, das wir weltweit bei Verfechtern der Pressefreiheit beobachten können. Aber es ist klar, dass Trump dieses Phänomen verstärkt hat und andere Staatschefs ermutigt und inspiriert, gegen ihre eigenen Medien vorzugehen. Das Ergebnis ist eine Katastrophe für die Pressefreiheit weltweit.“

Clayton Weimers
Geschäftsführer, RSF USA

Mehr Informationen unter:

https://rsf.org/en/six-months-trump-s-war-press-importing-and-exporting-authoritarian-tendencies

Für die Stärkung der journalistischen Abwehrkräfte ist noch viel zu tun!

Reporter ohne Grenzen zieht medienpolitische Halbjahresbilanz 2025

Nachdem zu Jahresbeginn 2025 die Gefahr einer Regierungsbeteiligung der in großen Teilen rechtsextremen FPÖ abgewendet werden konnte, hat sich die Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS einem ambitionierten Programm zur Stärkung der demokratischen Grundlagen in Politik und Medien verschrieben. Ein halbes Jahr später zieht Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich eine eher nüchterne Zwischenbilanz. “In Anbetracht der weitreichenden Vorgaben zur Budgetkonsolidierung entsteht aktuell der Eindruck, dass wichtige medienpolitische Vorhaben gar nicht richtig Fahrt aufnehmen”, erklärt ROG-Präsident Fritz Hausjell.

Insbesondere dringend erforderliche Maßnahmen zur nachhaltigen Absicherung von Unabhängigkeit und Ausbau von Medienvielfalt dulden keinen Aufschub. Nachbarstaaten wie Ungarn oder die Slowakei haben bewiesen, wie schnell der kritische Journalismus kurzerhand weitgehend ausgeschaltet werden kann, wenn dessen Abwehrkräfte den illiberalen Entwicklungen nichts mehr entgegensetzen können. Zudem müssen gemeinwohlorientierte Medien deutlich mehr Unterstützung erfahren, ebenso neue und innovative Ansätze, was in erster Linie der Journalismus-Produktion der jüngeren Generation zugutekommen soll. “Einer der wichtigsten Gradmesser, an dem konkrete Fortschritte in der Medienpolitik der Bundesregierung gemessen werden müssen, ist die gesetzliche Stärkung von Quellenschutz und Redaktionsgeheimnis. Die vorgelegten Pläne zur Messenger-Überwachung sind mit den Grundprinzipien einer zeitgemäßen Gewährleistung von Pressefreiheit nicht vereinbar”, betont Hausjell.

Die vom Verfassungsgericht verordnete Verringerung des Regierungseinflusses bei der Besetzung der Steuerungsgremien des ORF wurde, so Hausjell, “leider nur in der Minimalvariante praktiziert”, und zwei nominierte Publikumsräte zogen sich erst nach öffentlicher Kritik wegen Unvereinbarkeit mit parteipolitischen Funktionen zurück: “Die Verringerung des direkten parteipolitischen Einflusses ist für manche Partei offenbar ein mühsamer Lernprozess”, bilanziert der Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich, “aber er geht zumindest in die richtige Richtung”.

Die Medienpolitik muss sich endlich vom Dogma lösen, dass journalistische Medien dann gut wären, wenn sie “billiger und wirtschaftlich noch schlanker” aufgestellt seien. “In einer Welt der Kriege mit zerstörerischer Desinformation brauchen wir jedoch mehr unabhängige journalistische Medien in großer Vielfalt, um die demokratische Gesellschaft zu stützen”, macht Hausjell klar: “Innovative neue Finanzierungswege für Journalismus sind längst dringend erforderlich, ebenso aber auch ein großes Bildungsprojekt nicht nur für die jungen Menschen, sondern für die gesamte Gesellschaft.” Es geht darum, dass möglichst viele Menschen ausreichend über “Medienkompetenz” verfügen, wie im Regierungsprogramm richtig an mehreren Stellen ausgeführt ist. Das bedeutet konkret, dass möglichst viele “erkennen können, wie vorteilhaft im Alltag journalistisch geprüftes Wissen gegenüber den meist überreizten Angeboten digitaler Plattformen ist”, so Hausjell abschließend.

Foto: Dana Grohs

(ROG 03-07-2025)

Neues Buch: Medien und Haltung in Zeiten des Krieges

Wie können sich Medien differenziert und unabhängig verhalten, wenn Informationen in Kriegssituationen immer auch Mittel der militärischen Propaganda sind? Auf welche Weise lassen sich einer ungefilterten Darstellung von Tod und Zerstörung medienethische Grenzen setzen? Woran ist journalistische Verantwortung zu messen? Welche Haltung beziehen Film und Spieleindustrie?

Martin Wassermair, Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich, hat Anfang Mai 2025 mit “Unter weißer Flagge” ein Buch veröffentlicht, in dem er mit elf Persönlichkeiten aus Journalismus, Medienethik, Psychologie sowie Demokratie-, Migrations- und Konfliktforschung zu Krieg und Frieden im Spiegel der Medien des 21. Jahrhunderts diskutiert.

Das Buch fokussiert keineswegs nur auf aktuelle Ereignisse und Entwicklungen (z.B. russische Aggression gegen Ukraine), sondern setzt Kriege unter den Voraussetzungen moderner Informationstechnologien in einen Zusammenhang mit den Erfordernissen von Unabhängigkeit und differenzierenden Darstellungen in der medialen Rezeption.

Hier gilt das besondere Augenmerk auf Narrative in der Kriegsberichterstattung, die Wirkmacht der Bilder, mediale Selbstkontrolle, Medien als Instrumente der Kriegspropaganda, Journalismus für den Frieden, Konfliktbewältigung und mediale Früherziehung.

Mit Beiträgen von Bernad Batinic, Elias Bierdel, Vedran Dzihic, Daniela Ingruber, Judith Kohlenberger, Nina Kusturica, Luis Paulitsch, Petra Ramsauer, Sabine Schiffer, Reiner Steinweg, Mirjana Tomic und Martin Wassermair.

Das Buch ist erhältlich im ausgewählten Buchhandel sowie online beim Löcker Verlag.

Buchpräsentation und Diskussion:

Mittwoch, 28. Mai 2025, 18.00 Uhr
IIP – International Institute for Peace, Möllwaldplatz 5/7, 1040 Wien

Es diskutieren:

  • Martin Wassermair (Generalsekretär Reporter ohne Grenzen, Politikredakteur DORFTV)
  • Judith Kohlenberger (Flucht- und Migrationsforscherin, WU Wien)
  • Nina Kusturica (Regisseurin, Drehbuchautorin, Publizistin)
  • Elias Bierdel  (Journalist, Autor, Menschenrechtsaktivist)

Moderation: Hannes Swoboda (Präsident des IIP, ehem. MEP)