Swoboda: Unabhängiger Journalismus per Satellit

25 Sender, live und unverschlüsselt: Am 5. März startete das satellitengestützte Senderpaket Swoboda (Russisch für Freiheit) von Reporter ohne Grenzen (RSF) mit einer Veranstaltung im Europäischen Parlament offiziell den Sendebetrieb. An der Veranstaltung nahm die EU-Vizekommissionspräsidentin Věra Jourová teil.

Eine Alternative zur staatlichen Propaganda

Zu dem Paket gehören 25 russischsprachige unabhängige TV- und Radiosender, welche vom französischen Satellitenbetreiber Eutelsat ausgestrahlt werden. Dieser nutzt dafür Frequenzen, auf denen er noch bis Ende 2022 russische Staatskanäle ins russischsprachige Ausland sendete. Das Angebot erreicht bis zu 61 Millionen Haushalte in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika – darunter potentiell bis zu 4,5 Millionen Haushalte in Russland sowie 800.000 Haushalte in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine.

Zu den angebotenen Sendern zählen unter anderem reichweitenstarke YouTube-Kanäle russischer Exilmedien wie Echo, IStories oder Holod. Das Angebot wird ergänzt durch Medien wie den belarussischen Radiosender Euroradio, den YouTube-Kanal des ukrainischen Journalisten Dmytro Hordon, den aus Deutschland sendenden Kanal OstWest TV und andere Sender. In den kommenden Monaten werden weitere Kanäle dazukommen. Der russischsprachige Dienst der Deutschen Welle gehört bereits jetzt zum Sender-Paket.

Neuer Weg, um Russischsprachige mit unabhängigen Informationen zu erreichen

„Die russische Regierung legt Menschen in Russland, die sich unabhängig informieren wollen, aktiv Steine in den Weg. Die Lage wird immer angespannter“, sagt DW-Intendant Peter Limbourg. „Daher ist die Initiative von Reporter ohne Grenzen jetzt so wichtig wie nie zuvor. Swoboda eröffnet einen neuen Weg, um russischsprachige Menschen mit unabhängigen Informationen zu erreichen und Desinformation und Propaganda zu begegnen.”

„Der Zugang zu unabhängigen und unterschiedlichen Informationsquellen ist grundlegend für das Funktionieren demokratischer Gesellschaften, sagt EU-Vizekommissionspräsidentin Věra Jourová. „Das Swoboda-Satellitenpaket steht im Einklang mit dem Engagement der Europäischen Kommission für Medienpluralismus und Informationsfreiheit, und wir fördern Initiativen, welche diese Grundsätze stärken.“

Auf den Frequenzen der staatlichen Kanäle

Die Idee zum Swoboda-Projekt geht auf die französische Denis-Diderot-Initiative zurück, welche vom französischen Medienforscher und Aktivisten André Lange und dem amerikanischen Medienmanager Jim Phillipoff gegründet wurde. Die Initiative kämpfte seit dem Beginn von Russlands vollumfänglichem Angriff auf die Ukraine gegen die weitere Ausstrahlung russischer Staatsprogramme durch den französischen Satellitenbetreiber Eutelsat. RSF brachte den Fall vor Frankreichs höchstes Verwaltungsgericht, welches daraufhin die französische Medienaufsichtsbehörde Arcom einschaltete. Arcom hatte sich bis dahin als nicht zuständig betrachtet, musste im Dezember 2022 aber das Ende der Ausstrahlung der Staatssender anordnen. Nach Verhandlungen mit Eutelsat konnte RSF im Jahr 2023 die Frequenzen der russischen Staatskanäle übernehmen, um auf ihnen die Sender des Swoboda-Projekt zu verbreiten.

In der Rangliste der Pressefreiheit belegt Russland Platz 164 von 180 Staaten.

credits: “Symbolbild Satellit” – created by krea.ai

Neuer Bericht des Forums für Information und Demokratie: Über 200 politische Empfehlungen zur Sicherstellung demokratischer Kontrolle von KI

Der Bericht mit dem Titel “KI als öffentliches Gut: Gewährleistung der demokratischen Kontrolle von KI im Informationsraum” wurde am 28. Februar 2024, veröffentlicht. Er enthält über 200 Empfehlungen, die sich an Staaten und KI-Unternehmen richten. Das politische Rahmenwerk setzt auf einen ganzheitlichen Ansatz und fordert die Entwicklung sicherer und inklusiver KI-Systeme sowie die Implementierung von Rechenschaftsmechanismen, Anreizen für ethische KI und Governance-Strukturen.

Eine internationale Arbeitsgruppe mit 14 Mitgliedern aus verschiedenen Disziplinen und 13 Ländern auf allen Kontinenten hat die politischen Empfehlungen erarbeitet. Unter der gemeinsamen Leitung von Laura Schertel Mendes, Professorin für Recht, und Jonathan Stray, Senior Scientist, setzte sich die Gruppe aus Fachleuten wie Rachel Adams, Linda Bonyo, Marta Cantero Gamito, Alistair Knott, Syed Nazakat, Alice Oh, Alejandro Pisanty, Gabriela Ramos, Achim Rettinger, Edward Santow, Suzanne Vergnolle und Claes de Vreese zusammen. Über einen Zeitraum von 6 Monaten arbeiteten sie in einem inklusiven und konsultativen Prozess und erhielten Inputs von über 150 Experten weltweit.

Der Bericht enthält wichtige Empfehlungen an Regierungen, die Industrie und relevante Stakeholder, darunter:

  • Förderung der Schaffung eines maßgeschneiderten Zertifizierungssystems für KI-Unternehmen nach dem Vorbild des erfolgreichen Fair-Trade-Zertifizierungssystems.
  • Etablierung von Standards zur Authentizität und Herkunft von Inhalten, einschließlich der Authentifizierung von Autoren.
  • Umsetzung eines umfassenden rechtlichen Rahmens, der die Rechte von Einzelpersonen klar definiert, einschließlich des Rechts auf Information, Erklärung, Anfechtung eines maschinengenerierten Ergebnisses und Nichtdiskriminierung.
  • Es soll eine einfache und nutzerfreundliche Option geschaffen werden, mit der Nutzer alternative Empfehlungssysteme wählen können. Diese Systeme zielen nicht darauf ab, das Engagement zu maximieren, sondern basieren auf Rankings, um positive individuelle und gesellschaftliche Ergebnisse zu fördern, wie beispielsweise die Bereitstellung von zuverlässigen Informationen, die Förderung von Brückeninhalten oder die Vielfalt der verfügbaren Informationen.
  • Einrichtung eines partizipativen Prozesses zur Festlegung von Regeln und Kriterien für die Herkunft und Kuratierung von Datensätzen, die menschliche Kennzeichnung für das KI-Training, den Abgleich und das Red-Teaming, um inklusive, nichtdiskriminierende und transparente KI-Systeme aufzubauen.

“Demokratien dürfen nicht länger zulassen, dass Technologieunternehmen die Entwicklung der Technologie diktieren, das politische Narrativ übernehmen und die Agenda setzen. Lösungen zur Schaffung eines globalen Informations- und Kommunikationsraums, der förderlich für die Demokratie ist und einen Mehrwert für die Menschen schafft, werden heute präsentiert. Sie fordern ein umfassendes Rahmenwerk, das Unternehmen, die KI entwickeln und einsetzen, dazu ermutigt, demokratische Verfahren einzuführen, und Maßnahmen vorschlägt, die Anreize für eine ethische Entwicklung und Nutzung von KI bieten, sowie einen Rahmen für Rechenschaftspflicht, Steuerung und Kontrolle schafft “, betont Michael Bąk, Exekutivdirektor des Forums für Information und Demokratie. “Wir nennen das Fair Trade AI.”

Aktuelle Ereignisse haben die zerstörerische Kraft verdeutlicht, die KI auf politische Prozesse haben kann. Deepfakes politischer Akteure können das Wahlverhalten beeinflussen, und KI-Systeme können Inhalte verstärken, die Konflikte und Krisen eskalieren lassen. Chatbots haben bereits falsche Informationen über Wahlen bereitgestellt. KI-Systeme können bestehende Ungleichheiten und kulturelle Hegemonien reproduzieren und zu Diskriminierung und Voreingenommenheit führen. KI bietet jedoch auch ungenutzte Möglichkeiten zur Verbesserung der Nachrichtenproduktion, der Datenanalyse und des Zugangs zu Informationen.

“Wenn die Entwicklung und Nutzung von KI so weitergeht wie bisher, stellt sie das Informationsumfeld, das demokratische Prozesse ermöglicht, vor große Herausforderungen. Wir stehen an der Schwelle zu einem bedeutenden Wandel in der KI-Governance-Landschaft von Ideen zu Regulierung.Es ist an der Zeit, dass die Staaten handeln, und unser Fahrplan soll dazu dienen, die politischen Entscheidungsträger bei der Verteidigung der Demokratie zu unterstützen”, erklären Laura Schertel Mendes und Jonathan Stray, Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe.

Der Bericht wurde im Rahmen einer globalen Veranstaltung in fünf Städten auf vier Kontinenten vorgestellt. Diese Veranstaltung umfasst eine Online-Einführung und lokale Podiumsdiskussionen, die in Zusammenarbeit mit mehreren Partnern organisiert wurden: Center for Human-Compatible Artificial Intelligence (UC Berkeley, Vereinigte Staaten), Florence School of Transnational Governance (Europäisches Hochschulinstitut, Italien), Institute of Education, Development and Research (Brasilien), Research ICT Africa (Südafrika) und Paris School of International Affairs, Tech and Global Affairs Innovation Hub (SciencesPo, Frankreich).

Hier geht’s zum Nachschauen der Veranstaltung: https://www.youtube.com/watch?v=SDuUni11Z3s

Hier der vollständige Bericht: https://informationdemocracy.org/wp-content/uploads/2024/02/ID-AI-as-a-Public-Good-Feb-2024.pdf

Nach zwei Jahren Haft in Polen muss der spanisch-russische Journalist, der der Spionage für Russland beschuldigt wird, freigelassen werden und sich vor Gericht verteidigen können

Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die polnischen Justizbehörden auf, die gegen den, im Februar 2022 an der ukrainischen Grenze verhafteten spanischen Journalisten Pablo González erhobenen Vorwürfe zu begründen. Er muss in Freiheit auf seinen Prozess warten dürfen, der schnellstmöglich organisiert werden muss.

Heute, am 28. Februar, jährt sich der Tag, an dem der spanisch-russische Reporter Pablo González vor zwei Jahren in Untersuchungshaft im Zentralgefängnis Radom in Polen genommen wurde. Der Journalist, der der Spionage für Russland beschuldigt wird, wird aufgrund der vor zwei Wochen erfolgten achten aufeinanderfolgenden Verlängerung seiner Untersuchungshaft durch das Lubliner Berufungsgericht für mindestens weitere drei Monate im Gefängnis bleiben. Der Korrespondent der Zeitung Público und des Senders La Sexta wurde vier Tage nach dem Beginn der russischen Invasion der Ukraine in der Grenzstadt Przemyśl verhaftet, während er über den Exodus ukrainischer Kriegsflüchtlinge nach Polen berichtete. Die polnischen Behörden behaupteten, González habe – unter dem Deckmantel eines Journalisten – als Spion für den militärischen Nachrichtendienst Russlands (GRU) gearbeitet.

“In einem Land der Europäischen Union (EU) ist es höchst ungewöhnlich, einen Journalisten zwei Jahre lang ohne Prozess und unter geheimen Anschuldigungen in Haft zu halten. Wir fordern die polnischen Justizbehörden auf, Pablo González freizulassen, bevor er sich vor einem Gericht verteidigen kann, das so schnell wie möglich einberufen werden muss. Wir respektieren zwar das Prinzip der Geheimhaltung von Ermittlungen, fordern aber die Staatsanwaltschaft auf, im Einklang gemäß den EU-Standards ein Mindestmaß an Transparenz über die Beweise zu gewährleisten, die gegen den so lange inhaftierten Journalisten vorliegen.” Pavol Szalai, Leiter des EU-Balkan-Büros von RSF

Seit Pablo González öffentlich der Spionage beschuldigt wurde, haben weder der Richter, der für den Fall zuständig ist, noch die Staatsanwaltschaft noch eine andere polnische Behörde die gegen ihn erhobenen Beweise offengelegt. Auch die Verteidigung hatte keine Einsicht in die Akte. Die einzigen neuen Informationen über den von der polnischen Justiz verschwiegenen Fall wurden im vergangenen Jahr von den unabhängigen russischen Medien Agentstvo veröffentlicht. Dem Blatt zufolge soll Pablo González die Tochter des russischen Oppositionsführers Boris Nemzow, Zhanna Nemzowa, bespitzelt haben, der 2015 in Moskau ermordet wurde. Die Medien behaupten auch, dass González 2017 mit einem Mitglied des GRU von Moskau nach Sankt Petersburg und zurück gereist ist. Diese Enthüllungen wurden jedoch von keiner offiziellen Quelle bestätigt.

Zunächst in Przemyśl und dann in Radom inhaftiert, wurde Pablo González unter besonders harten Bedingungen und ohne ausreichenden Kontakt zu seiner Familie festgehalten, von einem Land, das von RSF mehrfach kritisiert wurde.

Polen belegt im Weltindex der Pressefreiheit 2023 von RSF den 57. Platz von 180 Ländern.

Zwei Jahre Krieg in der Ukraine: Mehr als 1.500 Journalist*innen und 150 Medien wurden von RSF unterstützt

Schutzausrüstung, psychologische und finanzielle Unterstützung … In den letzten zwei Jahren hat Reporter ohne Grenzen (RSF) zusammen mit seinem ukrainischen Partner, dem Institute of Mass Information (IMI), mehr als 1.500 ukrainische und internationale Reporter*innen, sowie 150 verschiedene Medienunternehmen unterstützt um ihnen bei der Bewältigung der Folgen der russischen Invasion in der Ukraine zu helfen.

“Von den ersten Tagen der russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022 an hat RSF beispiellose Maßnahmen ergriffen, um die Medien, die über den Krieg berichten, zu unterstützen. Zwei Zentren für Pressefreiheit wurden in Lwiw und Kiew eröffnet, 1.500 Journalisten und 150 Medien wurden mit professioneller Ausrüstung, Zuschüssen und Unterstützung bei ihrer journalistischen Tätigkeit unterstützt. Einige nationale und regionale Medien haben mehrere Zuschüsse von RSF erhalten.”

“Seit zwei Jahren berichten Journalisten von der Front in der Ukraine über die Folgen der russischen Invasion, und von den ersten Tagen an hat sich RSF darauf konzentriert, ihnen zu helfen, ihre Arbeit fortzusetzen, indem sie Schutzausrüstungen und Finanzmittel verteilte und sogar Erholungsaufenthalte fernab der Front organisierte. Die internationale Gemeinschaft muss auf diesen andauernden Krieg reagieren, indem sie diese Medien langfristig weiter unterstützt, um das Recht auf Nachrichten und Informationen zu gewährleisten”. Antoine Bernard RSF-Direktor für Interessenvertretung und Unterstützung

Mehr als 900 Journalist*innen und 96 Medien von RSF ausgerüstet

Seit Beginn der russischen Invasion hat RSF mehr als 900 ukrainischen und ausländischen Journalist*innen sowie 96 Medienunternehmen im ganzen Land individuelle Schutzausrüstung (Helme und kugelsichere Westen), Erste-Hilfe-Kits, Schutz vor CBRN (=chemische, biologische, radiologische und nukleare Kampfstoffe) und Energiepakete  (Batterien, Generatoren und Sonnenkollektoren) zur Verfügung gestellt. Die RSF-Zentren in Lwiw und Kiew schulen weiterhin täglich Journalist*innen vor Ort. Dieser, für RSF beispiellose logistische Einsatz, wurde dank der Hilfe seines lokalen Partners, dem Institute of Mass Information (IMI), einer NGO für Pressefreiheit mit Präsenz in 14 Regionen des Landes, möglich gemacht.

Erholungsaufenthalte für 95 Journalist*innen und ihre Familien

Ukrainische Journalisten sind bei ihrer Arbeit ständig Gewehrfeuer, Raketenbeschuss und Granaten ausgesetzt. Sie leiden unter chronischem Stress, extremer Erschöpfung, Burnout und Angststörungen. Dank der Zusammenarbeit zwischen RSF und dem Lviv Media Forum (LMF), einer ukrainischen Organisation, die sich auf die Unterstützung der Medien spezialisiert hat, haben 95 Medienschaffende und ihre Familien ab August 2023 einen einwöchigen Erholungsaufenthalt in den Karpaten im Westen des Landes erhalten, um ihnen eine Genesung und eine langfristige Fortführung ihrer journalistischen Tätigkeit zu ermöglichen.

35 Medien erhielten finanzielle Unterstützung

RSF hat 35 ukrainischen Medienunternehmen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, damit sie trotz der Wirtschaftskrise infolge der Besatzung, der Bombardierungen, des Zusammenbruchs des Werbemarkts, steigender Produktionskosten und des Verlusts der im Krieg mobilisierten Mitarbeiter weiterarbeiten können. Fast die Hälfte der geförderten Medien sind in Städten nahe der Front angesiedelt, die der russischen Bombardierung besonders stark ausgesetzt sind, wie etwa Nakypilo, eine Website und ein Radiosender in der nordöstlichen Stadt Charkiw, und Most, eine Lokalzeitung mit Sitz in der südöstlichen Stadt Cherson, die im Jahr 2022 für mehrere Monate vor der russischen Besatzung fliehen musste.

77 ukrainische Medien nehmen am JTI-Prozess teil

Um die Transparenz und Zuverlässigkeit der ukrainischen Nachrichtenmedien zu erhöhen, eine  entscheidende Herausforderung in Kriegszeiten, hat RSF in Zusammenarbeit mit der US-Organisation NewsGuard und dem ukrainischen Institut für regionale Medien und Information (IRMI) eine Notfallversion der Journalism Trust Initiative (JTI) in der Ukraine ins Leben gerufen. Dank dieses Notfallprotokolls haben sich 77 ukrainische Medien verpflichtet, ihre Praktiken anhand der Kriterien des JTI-Standards zu analysieren, und 36 ukrainische Medien haben bereits ihren JTI-Transparenzbericht veröffentlicht. Medien mit einer nationalen Reichweite wie der öffentlich-rechtliche Radio- und Fernsehsender Suspilne nehmen an diesem Prozess ebenso, wie Detektor Media, eine auf Medien spezialisierte ukrainische NGO. Im Jahr 2024 wird RSF die ersten ukrainischen Medien dabei unterstützen, sich auf eine externe Prüfung durch die Zertifizierungsstelle Imperium Certific vorzubereiten, welches Voraussetzung für den Erhalt der JTI-Zertifizierung ist.

Dieses Projekt wird von der Delegation der Europäischen Union in Kiew mitfinanziert.

Tag X: Forderung nach der Freilassung von Julian Assange ist dringender denn je 

Das Schicksal von Julian Assange steht auf der Kippe: Der britische High Court wird diese Woche über den letztmöglichen Berufungsantrag des WikiLeaks-Gründers gegen seine Auslieferung an die USA entscheiden. Dort ist Assange unter dem Spionagegesetz angeklagt. Ihm drohen bis zu 175 Jahre Haft. Reporter ohne Grenzen (RSF) wird die Anhörung vor Ort im Gericht beobachten und wiederholt den dringenden Appell an die US-Regierung, das Verfahren gegen Assange einzustellen, damit er umgehend freikommt.

Am 20. und 21. Februar entscheidet ein Gremium aus zwei Richtern über Assanges letzte Berufung gegen den von der damaligen britischen Innenministerin Priti Patel im Juni 2022 unterzeichneten Auslieferungsbefehl. Unterstützerinnen und Unterstützer von Assange bezeichnen die Anhörung als „Tag X“. Sie leitet die letzte Etappe in seinem Auslieferungsverfahren in Großbritannien ein, da von den Richtern in der Berufung abgelehnte Punkte dort nicht wieder vor Gericht gebracht werden können. Damit rückt die Auslieferung von Assange gefährlich nahe.

“Die USA müssen mit gutem Beispiel vorangehen und die Anklagen gegen Julian Assange fallen lassen. Sie können nicht nur auf andere Länder mit dem Finger zeigen. Niemand sollte wegen der Veröffentlichung von Informationen von öffentlichem Interesse in dieser Weise behandelt werden. Assange sollte endlich freigelassen werden”, so die einhellige Meinung im Vorstand von Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich

Mögliche Szenarien nach der Anhörung

Das Gericht wird seine Entscheidung wahrscheinlich erst einige Wochen nach der Anhörung bekanntgeben. Die Richter können Assanges Berufungsantrag ganz oder teilweise stattgeben. In dem Fall könnte eine weitere Anhörung stattfinden. Wird er komplett abgelehnt, könnte Assanges Auslieferung unmittelbar bevorstehen. Dann bleibt ihm nur noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Die Anhörung sorgt für viel Aufsehen. Die internationale Aufmerksamkeit für den Fall Assange hat kontinuierlich zugenommen. Weltweit haben Menschenrechtsorganisationen, Journalistinnen und Journalisten, Medien sowie Politikerinnen und Politiker auch in seiner Heimat Australien seine Freilassung gefordert. Zuletzt hat sich die UN-Sonderberichterstatterin für Folter, Dr. Alice Jill Edwards, dem Appell an Großbritannien angeschlossen, die Auslieferung von Assange zu stoppen. Sie weist dabei auch auf die Risiken für seine psychische Gesundheit und die Suizidgefahr hin.

RSF ist die einzige Nichtregierungsorganisation, die trotz zahlreicher Hindernisse das gesamte Auslieferungsverfahren beobachtet hat. RSF wird auch am „Tag X“ wieder vor Ort im Gericht sein. Die Organisation hat zudem unlängst eine Reihe von Besuchen bei Assange im Belmarsh-Gefängnis zwischen August 2023 und Januar 2024 öffentlich gemacht. Im April 2023 wurde RSF-Generalsekretär Christophe Deloire und Kampagnendirektorin Rebecca Vincent in letzter Minute willkürlich ein bereits genehmigter Besuch im Gefängnis verweigert.

Bei einer Auslieferung an die USA drohen Julian Assange bis zu 175 Jahre Haft. Washington hat ihn wegen der Veröffentlichung von hunderttausenden geleakten Geheimdokumenten durch WikiLeaks im Jahr 2010, darunter Beweise für Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, in 18 Punkten angeklagt. Assange wäre der erste Herausgeber, dem in den USA nach dem Spionagegesetz der Prozess gemacht wird. Dieses aus dem Jahr 1917 stammende Gesetz erlaubt es den Angeklagten nicht, zu ihrer Verteidigung vorzubringen, dass sie im öffentlichen Interesse gehandelt haben.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht das Vereinigte Königreich auf Platz 26, die USA belegen Platz 45 von 180 Staaten.

Weiterführende Infos, in denen RSF außerdem mit zwölf gängigen Irrtümern in dem Verfahren gegen Assange aufräumt