FPÖ-Feindbild Medien: “Nährboden für autoritäre Politik!” 12. September 2025 Medienanwältin Maria Windhager ist seit 2025 Mitglied im Vorstand von Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich. Im Interview gibt sie Einlicke in die strategische Einschüchterung des kritischen Journalismus. Welches Ziel verfolgt die FPÖ mit ihrem Feindbild Medien? Es geht eindeutig darum, die Glaubwürdigkeit von Qualitätsmedien insbesondere mit den Vorwürfen „Lügenpresse“ und „Systemmedien“ zu erschüttern, um damit kritische Berichte abzuwerten und sich gegen Kritik zu immunisieren. Gleichzeitig werden die eigenen Medien als aufgeklärte Gegenöffentlichkeit verkauft. Ziel der FPÖ ist es, einen Nährboden für autoritäre Politik zu schaffen und Medieninstitutionen nachhaltig unter Kontrolle zu bringen. Inwieweit ist diese Strategie erfolgreich? Die Strategie ist sehr erfolgreich, die politische Polarisierung ist überall spürbar. Die mittlerweile sehr breite Basis der FPÖ hat das Narrativ bereits übernommen und misstraut etablierten Medien. Viele Medien reagieren auf den zunehmenden, vor allem auch ökonomischen Druck in ihrer Berichterstattung mit vorauseilendem Gehorsam, die Grenzen des Sagbaren verschieben sich laufend. Wie wirkt das auf den kritischen Journalismus? Wächst die Gefahr, vor Gericht zu landen? Gerichtliche Klagen oder Klagsdrohungen werden auch von der FPÖ, die viel Geld hat, genutzt, um Medien einzuschüchtern. Auch wenn solche Verfahren scheitern, sind sie sehr belastend, weil sie Zeit, Geld und Nerven kosten. SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits Against Public Participation) sind international ein bekanntes Werkzeug, um kritische Stimmen mundtot zu machen. Auch die ständigen verbalen Angriffe sind sehr zermürbend. Sie führen zwangsläufig zu einer einschüchternden Wirkung, einem „chilling effect“. Viele reagieren darauf mit Selbstzensur. Gewisse Themen werden vermieden, um sich nicht weiteren Angriffen auszusetzen. Warum sind Verfahren oft sehr kompliziert und lange andauernd? Das liegt in der Natur der Sache. Die Verfahren bewegen sich im Spannungsfeld von Meinungsfreiheit, Persönlichkeitsrechten und Pressefreiheit und laufen im Regelfall über mehrere Instanzen, weil die Abwägungsfragen meistens bis zum Schluss strittig bleiben. Die Gerichte haben einen sehr weiten Ermessensspielraum und oft wenig Medienkompetenz. Es ist vorab schwer einschätzbar, wie Verfahren ausgehen werden. Welche Verbesserungen lässt die neue Medienfreiheitsgesetzgebung auf EU-Ebene für Österreich erwarten? Unmittelbar spürbare Verbesserungen werden auf sich warten lassen. Ich fürchte, dass nur eine Minimalumsetzung der Anti-SLAPP- Richtlinie bis 7. Mai 2026 erfolgen wird. Der European Media Freedom Act (EMFA) ist bereits seit dem 7. Mai 2024 in Kraft. Es sollte insbesondere klarere Regelungen bringen, wie staatliche Subventionen und Werbeaufträge vergeben werden, um die politischen Einflussnahmen zu begrenzen. Beim Medientransparenz-Gesetz wurden zum Beispiel Details beim Meldesystem verfeinert, um Transparenz wie im EMFA sicherzustellen. Auch die Unabhängigkeit des ORF und die Entpolitisierung der Gremien ist aus Sicht des EMFA eine Baustelle. Da ist noch viel Luft nach oben. Fotocredit: Heribert Corn