#FreeAlsu: RSF startet Petition und fordert die USA auf, die Journalistin Alsu Kurmasheva als “unrechtmäßig inhaftiert” zu bezeichnen

Die in Prag ansässige Reporterin von Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), Alsu Kurmasheva, wird seit dem 18. Oktober 2023 in Russland festgehalten. Kurmasheva, die die amerikanische und russische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde während eines Besuchs bei ihrer Mutter verhaftet, weil sie sich nicht als ausländische Agentin registriert hatte. Ihre Verhaftung war zweifellos eine Folge ihrer journalistischen Tätigkeit. Reporter ohne Grenzen (RSF) hat eine dringende Petition gestartet, die das US-Außenministerium auffordert, Kurmasheva als “unrechtmäßig inhaftiert” zu bezeichnen, um die gesamten Regierungsressourcen zur Sicherung ihrer Freilassung zu mobilisieren.

Link zur Petition

Wir sind äußerst besorgt um Alsu Kurmasheva, die seit mehr als neun Monaten willkürlich in Russland inhaftiert ist. Während der Kreml weiterhin ausländische Journalisten als Geiseln nimmt, ist es an der Zeit, dass die US-Regierung sich klar und konsequent für ihre eigenen Bürger einsetzt. Kurmasheva wurde als amerikanische Journalistin ins Visier genommen und verdient die volle Unterstützung ihrer Regierung. Wir fordern das Außenministerium auf, sie sofort als ‘unrechtmäßig inhaftiert’ zu bezeichnen und seine Bemühungen zu verdoppeln, um Kurmasheva ohne weitere Verzögerung nach Hause zu bringen.“                                           

Rebecca Vincent, RSF-Direktorin für Kampagnen

Die Inhaftierung von Alsu Kurmasheva ist ein Beispiel für das jüngste Muster des Kremls, internationale Journalist*innen als Geiseln zu nehmen, neben der unerbittlichen Unterdrückung der heimischen Medien. Sollte sie für die ihr vorgeworfenen Verbrechen verurteilt werden, könnte Kurmasheva bis zu 15 Jahre im Gefängnis verbringen.

Die russische Regierung hat Kurmasheva seit über neun Monaten nicht erlaubt, mit ihrem Ehemann oder ihren beiden Töchtern zu sprechen, und trotz wiederholter Anfragen der US-Regierung wurde ihr der Zugang zu konsularischen Diensten, auf die sie als amerikanische Staatsbürgerin ein Anrecht hat, verweigert.

„Wir müssen diesen Fall auf eine höhere Ebene bringen, damit Alsu die Unterstützung der Regierung spürt und damit auch meine Kinder – zukünftige Wähler – verstehen, dass sie die Unterstützung der Regierung haben. Während wir verstehen, dass die Bezeichnung allein sie nicht zurückbringen wird, ist es ein wesentlicher Schritt nach vorne, um Alsu nach Hause zu bringen.“ Pavel Butorin, Ehemann von Alsu Kurmasheva

RSF ist besorgt über Kurmashevas sich verschlechternde Gesundheit und die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass sie für schuldig befunden und zu einer langen Haftstrafe verurteilt wird, wenn ihre Sicherheit nicht als US-Priorität bestätigt wird.

Im Gegensatz dazu bezeichnete das US-Außenministerium den Reporter des Wall Street Journal, Evan Gershkovich, nur wenige Tage nach seiner Verhaftung wegen Spionagevorwürfen im März 2023 als „unrechtmäßig inhaftiert“. Gershkovich steht derzeit wegen Spionage vor Gericht – ihm drohen bis zu 20 Jahre Gefängnis.

Russland belegt im World Press Freedom Index 2024 von RSF Platz 162 von 180 Ländern.

RSF erhebt Anklage wegen Morddrohungen gegen Journalist*innen

Die Morddrohungen gegen Journalist*innen auf der rechtsextremen Website Réseau Libre markieren eine neue Stufe des Hasses gegen die Presse in Frankreich. Reporter ohne Grenzen (RSF) hat zusammen mit den Opfern und mehreren Medienorganisationen Klage eingereicht. RSF fordert die Behörden auf, der Sicherheit der Journalisten Vorrang einzuräumen.

Am Montag, den 15. Juli, reichte RSF bei der Pariser Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige wegen Morddrohungen und Anstiftung zu einer Straftat ein, nachdem ein Artikel auf der rechtsextremen Website Réseau Libre veröffentlicht worden war. Die Täter riefen dazu auf, 180 Personen des öffentlichen Lebens „eine Kugel in den Nacken zu jagen“, darunter etwa 40 Journalist*innen, die einen Leitartikel zugunsten des Rechts auf Information unterzeichnet hatten, der am 2. Oktober 2023 in der französischen Tageszeitung L’Humanité veröffentlicht wurde.

„Mit der Veröffentlichung dieser Liste hat der Hass auf die Presse in Frankreich ein neues Niveau erreicht. Angesichts der beispiellosen Gewalttätigkeit und Schwere dieser Drohungen fordert RSF die französischen Behörden auf, schnell zu handeln und ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um die Opfer zu schützen, die Verantwortlichen zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen und ähnliche Drohungen in Zukunft zu verhindern.” Thibaut Bruttin Generaldirektor von RSF

RSF reichte die Klage zusammen mit etwa zwanzig Journalist*innen, mehreren Gruppen von Medienschaffenden, darunter Forbidden Stories, Presse-Papiers und Nothing2Hide, sowie Berufsverbänden wie der Internationalen Journalisten-Föderation und dem französischen Journalisten-Syndikat (Syndicat national des journalistes) ein. Die Klage, die von der Anwaltskanzlei Bourdon et Associés verfasst wurde, soll vom Nationalen Büro zur Bekämpfung von Online-Hass (Pôle National De Lutte Contre La Haine En Ligne) bearbeitet werden.

Der anonyme Verfasser des beleidigenden Artikels forderte die Öffentlichkeit auf, diese Liste „sorgfältig aufzubewahren“ und deutete an, dass Maßnahmen ergriffen werden sollten. Indem er die Unterzeichner*innen eindeutig als „Kandidaten für die Hinrichtung“ und „Ungezieferabschaum, der Frankreich seit Jahrzehnten im Namen der Meinungsfreiheit verseucht“ bezeichnete, besteht kein Zweifel, dass diese Liste einen Aufruf zum Mord darstellt.

Nicht ihr erstes Vergehen

Laut einer von der französischen Nachrichtenseite Mediapart veröffentlichten Untersuchung wird Réseau Libre in Russland gehostet, was eine justizielle Zusammenarbeit zur Ermittlung der Täter de facto unmöglich macht. Nach Angaben der französischen Wochenzeitung Marianne ist die Website, seit ein Gerichtsurteil den Internetanbietern auferlegt hat, den Zugang zur Website „innerhalb von zwei Wochen“ zu sperren, in Frankreich nicht mehr zugänglich.

Réseau Libre ist bereits für seine wiederholten, anonymen Aufrufe zur Ermordung von Migranten, Mitgliedern der muslimischen und jüdischen Gemeinden Frankreichs und in jüngster Zeit auch von Anwälten und linken Persönlichkeiten bekannt, die sich gegen die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN) ausgesprochen haben, die rechtsextreme Partei, die die erste Runde der vorgezogenen Parlamentswahlen im Juni/Juli 2024 gewonnen hat.

Thibaut Bruttin ist neuer Generalsekretär von RSF

Thibaut Bruttin übernimmt die Leitung von Reporter ohne Grenzen (RSF). Der Verwaltungsrat der internationalen Organisation ernannte den 37-Jährigen am 9. Juli zu ihrem neuen Generalsekretär. Thibaut Bruttin arbeitet seit dem Jahr 2014 für RSF und ist seit 2021 stellvertretender Direktor der Organisation. Als solcher war er unter anderem an der Gründung der RSF-Pressefreiheitszentren in der Ukraine und an der Evakuierung afghanischer Journalisten und Journalistinnen beteiligt.

Bruttin studierte Politikwissenschaft an der renommierten Universität Institut d’études politiques de Paris. Vor seiner Tätigkeit für RSF arbeitete er im Team für internationale Entwicklung des Louvres und war für Echo Studio tätig, eine auf aktivistisches Kino spezialisierte Produktions- und Vertriebsfirma. Außerdem schrieb er mehrere Bücher zur Geschichte des französischen Kinos.

Er wird Nachfolger von Christophe Deloire, der nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von nur 53 Jahren am 8. Juni 2024 verstarb. Er hatte die Organisation zwölf Jahre lang geführt.

Rückverteilung für Informations- und Pressefreiheit

Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich freut sich über Unterstützung durch den Guten Rat

Mitte Juni hat der von Millionen-Erbin Marlene Engelhorn eingesetzte “Gute Rat” bekannt
gegeben, welche Projekte aus den Bereichen Klima- und Naturschutz, Gesundheit und Soziales,
Wohnen und Bildung sowie Demokratie und Information im Zuge der Rückverteilung finanziell
unterstützt werden. Zu den Ausgewählten zählt auch “Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich”, der
Verein erhält über den Zeitraum von drei Jahren insgesamt 210.400 Euro.
Für Reporter ohne Grenzen (RSF) bedeutet diese Entscheidung eine große Anerkennung der
langjährigen Bemühungen, in Österreich sowie auch international für Informations- und
Pressefreiheit einzutreten und eine öffentlich wirksame Anlaufstelle zu sein. Die großen
Herausforderungen in der Medienentwicklung erfordern eine starke Stimme für den kritischen
Journalismus, der vor der Kulisse politischer Radikalisierung und einer anwachsenden
Demokratiefeindlichkeit zunehmend in Bedrängnis gerät

“Die Unterstützung durch den Guten Rat kommt jetzt gerade recht”, erklären RoG-Präsidium und -Vorstand unter dem beunruhigenden Eindruck der öffentlichen Debatten im Wahljahr 2024. “Wir nützen nun die neuen Möglichkeiten, um die Organisation weiter auszubauen und für Demokratie, Vielfalt der
Meinungsbildung und rechtliche Sicherheit noch mehr als zuvor ein verlässlicher Partner zu
sein!”

WikiLeaks-Herausgeber Julian Assange endlich freigelassen

Der WikiLeaks-Herausgeber Julian Assange, der ungerechterweise jahrelang im Gefängnis verbracht hat, weil er geleakte Informationen über Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen veröffentlicht hatte, soll nach einer Einigung mit den Vereinigten Staaten freigelassen werden. Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigt sich äußerst erleichtert über seine Freilassung, die als Sieg für die Pressefreiheit und als Höhepunkt einer jahrelangen Kampagne für Gerechtigkeit gefeiert wird.

Nach Angaben von WikiLeaks verließ Assange am Morgen des 24. Juni das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London, nachdem er 1.901 Tage dort verbracht hatte, um auf das Ergebnis des von den Vereinigten Staaten eingeleiteten Auslieferungsverfahrens zu warten. Er wurde vom High Court in London gegen Kaution freigelassen und anschließend zum Flughafen Stansted gebracht, wo er ein Flugzeug bestieg, um das Vereinigte Königreich zu verlassen. Es wird erwartet, dass er in Australien wieder mit seiner Frau Stella Assange und den gemeinsamen Kindern zusammenkommt, die ihn außerhalb des Gefängnisses noch nie gesehen haben.

Die Einzelheiten des Vergleichs werden detailliert noch bekannt gegeben, aber Assange wird voraussichtlich zu einer Anklage ein Geständnis ablegen – anstelle der 18, denen er sich bei einer Auslieferung und einem Prozess in den USA hätte stellen müssen. Die fünf Jahre, die er bereits im Belmarsh-Gefängnis verbracht hat, sollen dabei berücksichtigt werden.

Wir sind sehr erleichtert, dass Julian Assange endlich frei ist – ein längst überfälliger Sieg für den Journalismus und die Pressefreiheit. Er hätte niemals auch nur einen einzigen Tag seiner Freiheit beraubt werden dürfen, weil er Informationen im öffentlichen Interesse veröffentlicht hat. Nichts kann die vergangenen 13 Jahre ungeschehen machen, aber es ist nie zu spät, das Richtige zu tun, und wir begrüßen diesen Schritt der US-Regierung. Wir werden uns auch weiterhin für Journalisten in aller Welt einsetzen, die wegen ihrer Berichterstattung über die nationale Sicherheit ins Visier geraten sind, und für eine Reform des US-Spionagegesetzes, damit es nie wieder dazu benutzt werden kann, journalistische Aktivitäten zu verfolgen. Rebecca Vincent, RSF-Direktorin für Kampagnen

Assange, ein australischer Staatsbürger, sah sich mit bis zu 175 Jahren Gefängnis konfrontiert aufgrund von 18 Anklagepunkten im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von mehr als 250.000 geleakten geheimen Militär- und Diplomaten-Dokumenten durch WikiLeaks im Jahr 2010. Er wäre der erste Verleger gewesen, der nach dem US-Spionagegesetz vor Gericht gestellt worden wäre, was einen äußerst alarmierenden Präzedenzfall geschaffen hätte, der jede Journalistin, jeden Journalisten oder jede Medienorganisation bedroht hätte, die mit geleakten geheimen Informationen arbeiten.

Seine Freilassung erfolgt nach einer großen und jahrelangen weltweiten Kampagne, die auf die ernste Gefahr hingewiesen hat, die eine solche Strafverfolgung für den Journalismus und die Pressefreiheit darstellen würde. Reporter ohne Grenzen (RSF) spielte eine zentrale Rolle in dieser Kampagne und ist die einzige NGO, die mehr als vier Jahre lang die Auslieferungsverfahren gegen Assange vor britischen Gerichten beobachtet hat. Vertreter*innen von RSF erhielten zudem seltenen Zugang zu Besuchen bei Assange im Belmarsh-Gefängnis und setzten sich direkt bei den Regierungen der USA, des Vereinigten Königreichs und Australiens dafür ein, eine politische Lösung für den Fall zu finden.

Während der Erfolg der Kampagne seiner Familie, seinen Unterstützer*innen und Journalist*innen weltweit große Erleichterung bringt, ist es zutiefst beunruhigend, dass Assange mehr als 12 Jahre seiner Freiheit beraubt wurde – darunter mehr als fünf Jahre im Belmarsh-Gefängnis und fast sieben Jahre im Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London – für die Veröffentlichung von Material, das sowohl wahr als auch von enormem öffentlichem Interesse war.

Man geht davon aus, dass sich Assange im Rahmen der Einigung auf einen einzigen Anklagepunkt wegen Verschwörung zur Beschaffung und Weitergabe von geheimen US-Verteidigungsdokumenten schuldig bekennen wird – eine Anklage nach dem Espionage Act, die immer noch eine abschreckende Wirkung auf den Journalismus im öffentlichen Interesse und das Recht der Öffentlichkeit auf Information haben könnte. Darüber hinaus wurde noch immer keine Rechenschaft über die in den durchgesickerten Dokumenten aufgedeckten Straftaten abgelegt.

Auf persönlicher Ebene hat die Inhaftierung von Assange einen enormen Tribut für seine psychische und physische Gesundheit gefordert. Es wurde erwartet, dass das Auslieferungsverfahren im Vereinigten Königreich am 9. und 10. Juli vor dem High Court in London fortgesetzt wird, nachdem im Mai entschieden wurde, dass Assange das Recht hat, gegen den Auslieferungsbeschluss von 2022 Berufung einzulegen, und zwar aus zwei Gründen, die sich beide auf die Möglichkeit beziehen, dass ihm als australischem Staatsbürger der Schutz der freien Meinungsäußerung nach dem Ersten Verfassungszusatz verweigert werden könnte. Die britischen Richter hatten gesagt, dass er aus diesen Gründen eine “reelle Aussicht auf Erfolg” habe.

Das Vereinigte Königreich und die USA liegen im RSF-Weltindex für Pressefreiheit 2024 auf Platz 23 bzw. 55 von 180 Ländern.

Hier das Interview mit Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich Präsident Fritz Hausjell zum Fall Julian Assange: https://www.puls24.at/video/puls-24/hausjell-assange-deal-sei-ungut/v1b0z8zmvznc3