Für die Stärkung der journalistischen Abwehrkräfte ist noch viel zu tun! 3. Juli 2025 Reporter ohne Grenzen zieht medienpolitische Halbjahresbilanz 2025 Nachdem zu Jahresbeginn 2025 die Gefahr einer Regierungsbeteiligung der in großen Teilen rechtsextremen FPÖ abgewendet werden konnte, hat sich die Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS einem ambitionierten Programm zur Stärkung der demokratischen Grundlagen in Politik und Medien verschrieben. Ein halbes Jahr später zieht Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich eine eher nüchterne Zwischenbilanz. “In Anbetracht der weitreichenden Vorgaben zur Budgetkonsolidierung entsteht aktuell der Eindruck, dass wichtige medienpolitische Vorhaben gar nicht richtig Fahrt aufnehmen”, erklärt ROG-Präsident Fritz Hausjell. Insbesondere dringend erforderliche Maßnahmen zur nachhaltigen Absicherung von Unabhängigkeit und Ausbau von Medienvielfalt dulden keinen Aufschub. Nachbarstaaten wie Ungarn oder die Slowakei haben bewiesen, wie schnell der kritische Journalismus kurzerhand weitgehend ausgeschaltet werden kann, wenn dessen Abwehrkräfte den illiberalen Entwicklungen nichts mehr entgegensetzen können. Zudem müssen gemeinwohlorientierte Medien deutlich mehr Unterstützung erfahren, ebenso neue und innovative Ansätze, was in erster Linie der Journalismus-Produktion der jüngeren Generation zugutekommen soll. “Einer der wichtigsten Gradmesser, an dem konkrete Fortschritte in der Medienpolitik der Bundesregierung gemessen werden müssen, ist die gesetzliche Stärkung von Quellenschutz und Redaktionsgeheimnis. Die vorgelegten Pläne zur Messenger-Überwachung sind mit den Grundprinzipien einer zeitgemäßen Gewährleistung von Pressefreiheit nicht vereinbar”, betont Hausjell. Die vom Verfassungsgericht verordnete Verringerung des Regierungseinflusses bei der Besetzung der Steuerungsgremien des ORF wurde, so Hausjell, “leider nur in der Minimalvariante praktiziert”, und zwei nominierte Publikumsräte zogen sich erst nach öffentlicher Kritik wegen Unvereinbarkeit mit parteipolitischen Funktionen zurück: “Die Verringerung des direkten parteipolitischen Einflusses ist für manche Partei offenbar ein mühsamer Lernprozess”, bilanziert der Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich, “aber er geht zumindest in die richtige Richtung”. Die Medienpolitik muss sich endlich vom Dogma lösen, dass journalistische Medien dann gut wären, wenn sie “billiger und wirtschaftlich noch schlanker” aufgestellt seien. “In einer Welt der Kriege mit zerstörerischer Desinformation brauchen wir jedoch mehr unabhängige journalistische Medien in großer Vielfalt, um die demokratische Gesellschaft zu stützen”, macht Hausjell klar: “Innovative neue Finanzierungswege für Journalismus sind längst dringend erforderlich, ebenso aber auch ein großes Bildungsprojekt nicht nur für die jungen Menschen, sondern für die gesamte Gesellschaft.” Es geht darum, dass möglichst viele Menschen ausreichend über “Medienkompetenz” verfügen, wie im Regierungsprogramm richtig an mehreren Stellen ausgeführt ist. Das bedeutet konkret, dass möglichst viele “erkennen können, wie vorteilhaft im Alltag journalistisch geprüftes Wissen gegenüber den meist überreizten Angeboten digitaler Plattformen ist”, so Hausjell abschließend. Foto: Dana Grohs (ROG 03-07-2025)