Die Morddrohungen gegen Journalist*innen auf der rechtsextremen Website Réseau Libre markieren eine neue Stufe des Hasses gegen die Presse in Frankreich. Reporter ohne Grenzen (RSF) hat zusammen mit den Opfern und mehreren Medienorganisationen Klage eingereicht. RSF fordert die Behörden auf, der Sicherheit der Journalisten Vorrang einzuräumen.
Am Montag, den 15. Juli, reichte RSF bei der Pariser Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige wegen Morddrohungen und Anstiftung zu einer Straftat ein, nachdem ein Artikel auf der rechtsextremen Website Réseau Libre veröffentlicht worden war. Die Täter riefen dazu auf, 180 Personen des öffentlichen Lebens „eine Kugel in den Nacken zu jagen“, darunter etwa 40 Journalist*innen, die einen Leitartikel zugunsten des Rechts auf Information unterzeichnet hatten, der am 2. Oktober 2023 in der französischen Tageszeitung L’Humanité veröffentlicht wurde.
„Mit der Veröffentlichung dieser Liste hat der Hass auf die Presse in Frankreich ein neues Niveau erreicht. Angesichts der beispiellosen Gewalttätigkeit und Schwere dieser Drohungen fordert RSF die französischen Behörden auf, schnell zu handeln und ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um die Opfer zu schützen, die Verantwortlichen zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen und ähnliche Drohungen in Zukunft zu verhindern.” Thibaut Bruttin Generaldirektor von RSF
RSF reichte die Klage zusammen mit etwa zwanzig Journalist*innen, mehreren Gruppen von Medienschaffenden, darunter Forbidden Stories, Presse-Papiers und Nothing2Hide, sowie Berufsverbänden wie der Internationalen Journalisten-Föderation und dem französischen Journalisten-Syndikat (Syndicat national des journalistes) ein. Die Klage, die von der Anwaltskanzlei Bourdon et Associés verfasst wurde, soll vom Nationalen Büro zur Bekämpfung von Online-Hass (Pôle National De Lutte Contre La Haine En Ligne) bearbeitet werden.
Der anonyme Verfasser des beleidigenden Artikels forderte die Öffentlichkeit auf, diese Liste „sorgfältig aufzubewahren“ und deutete an, dass Maßnahmen ergriffen werden sollten. Indem er die Unterzeichner*innen eindeutig als „Kandidaten für die Hinrichtung“ und „Ungezieferabschaum, der Frankreich seit Jahrzehnten im Namen der Meinungsfreiheit verseucht“ bezeichnete, besteht kein Zweifel, dass diese Liste einen Aufruf zum Mord darstellt.
Nicht ihr erstes Vergehen
Laut einer von der französischen Nachrichtenseite Mediapart veröffentlichten Untersuchung wird Réseau Libre in Russland gehostet, was eine justizielle Zusammenarbeit zur Ermittlung der Täter de facto unmöglich macht. Nach Angaben der französischen Wochenzeitung Marianne ist die Website, seit ein Gerichtsurteil den Internetanbietern auferlegt hat, den Zugang zur Website „innerhalb von zwei Wochen“ zu sperren, in Frankreich nicht mehr zugänglich.
Réseau Libre ist bereits für seine wiederholten, anonymen Aufrufe zur Ermordung von Migranten, Mitgliedern der muslimischen und jüdischen Gemeinden Frankreichs und in jüngster Zeit auch von Anwälten und linken Persönlichkeiten bekannt, die sich gegen die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN) ausgesprochen haben, die rechtsextreme Partei, die die erste Runde der vorgezogenen Parlamentswahlen im Juni/Juli 2024 gewonnen hat.