Türkische Journalistin Ceyda Karan in Wien: „Religion als Waffe eingesetzt“

Türkische Journalistin Ceyda Karan in Wien: „Religion als Waffe eingesetzt“

Türkische Journalistin Ceyda Karan in Wien: „Religion als Waffe eingesetzt“

Vergangene Woche wurde sie in der Türkei zu zwei Jahren Haft verurteilt, gestern war sie anlässlich des Welttags der Pressefreiheit in Wien: Die türkische Journalistin Ceyda Karan berichtete bei einer Diskussion mit Rubina Möhring (Reporter ohne Grenzen), dass in der Türkei nicht nur Journalistinnen und Journalisten unter Druck stünden, sondern mehr und mehr die gesamte Bevölkerung. „Präsident Erdogan und seine Leute wollen die Türkei islamisieren, obwohl wir doch laizistisch sind. Sie wollen Religion als Waffe benutzen, um ihre eigene Agenda durchzusetzen,“ so Karan.

Hunderte Journalistinnen und Journalisten hätten ihre Jobs verloren, viele seien wegen Nichtigkeiten verfolgt und schikaniert: „Gestern früh gab es bei einem befreundeten Reporter eine Hausdurchsuchung. Seine Hände wurden auf dem Rücken gefesselt, er wurde zur Polizeistation gebracht – wegen einer Kurzmeldung auf Twitter. Das allein reicht schon“, berichtete Karan. Wenn sie in Gerichtssälen über Verfahren berichte, treffe sie häufig Kolleginnen und Kollegen aus Redaktionen – auf der Anklagebank.

„Ich hatte das nicht geplant“, sagte Ceyda Karan über die Konsequenzen der Veröffentlichung einer Charlie-Hebdo-Karikatur, die einen weinenden Propheten zeigt. „Für mich war diese Karikatur eine barmherzige Nachricht an alle Menschen, die durch Charlie-Hebdo Schmerzen fühlten.“

Nun wirft ihr der Staat vor, sie und ihr Kollege Hikmet Cetinkaya hätten mit der Veröffentlichung Hass und Feindseligkeit angefacht. Ihr Anwalt kündigte an, das Urteil vor dem Obersten Berufungsgericht der Türkei anzufechten. „Wenn nichts Schmutziges an einer Karikatur ist, soll sie veröffentlicht werden dürfen. Das ist Meinungsfreiheit. Wir leben in einem Staat, der vorgibt, laizistisch zu sein“, so Karan.

„Dieses Urteil ist ein schwerwiegender Angriff auf die Pressefreiheit“, kritisiert Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich: „Wir fordern die Aufhebung des Urteils und klare Worte von der EU.”

Die gestrige Veranstaltung fand in Zusammenarbeit des Presserats, der FHWien der WKW und „Reporter ohne Grenzen“ statt.

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Bilder: Ricardo Herrgott/NEWS

Bilder: Ricardo Herrgott/NEWS