Reporter ohne Grenzen mahnt mehr Pressefreiheit in der Republik Moldau an

Reporter ohne Grenzen mahnt mehr Pressefreiheit in der Republik Moldau an

Reporter ohne Grenzen (ROG) ist besorgt über die Lage der Pressefreiheit in der Republik Moldau. Am kommenden Sonntag wählen die Bürger des Landes ein neues Parlament. ROG appelliert an die künftigen Abgeordneten, sich stärker für die Unabhängigkeit der Medien einzusetzen.
„Vor allem die Besitzverhältnisse in den Medien behindern unabhängige Berichterstattung”, sagte ROG-Österreich Präsidentin Rubina Möhring. „Journalisten haben nur begrenzte Möglichkeiten, frei und kritisch zu recherchieren und zu schreiben. Ein Land, das Mitglied der Europäischen Union werden will, sollte seinen Journalisten endlich mehr Unabhängigkeit und mehr Rechte zugestehen.”

Viele Rundfunksender und Zeitungen in Moldau gehören Politikern und einflussreichen Unternehmern. Diese aber missbrauchen die Medien oft zur Verbreitung ihrer eigenen Interessen. Da es keinerlei Verpflichtung gibt, die Besitzer von Medien öffentlich zu machen, sind die Eigentümer oft nicht öffentlich bekannt. Das macht es für die Bürger schwer, die Besitzverhältnisse zu durchschauen und die verbreiteten Informationen einzuordnen.
Im aktuellen Wahlkampf unterstützen etwa mehrere von dem Oligarchen Wladimir Plahotniuk über verschlungene Wege finanzierte Fernsehkanäle die an der Regierung beteiligte Demokratische Partei. Dazu zählen etwa die Sender Prime TV, Publika TV, Canal 2 und Canal 3. Plahotniuk selbst ist Mitglied der Demokratischen Partei und sitzt für sie als Abgeordneter im Parlament.
KRITISCHE JOURNALISTEN BEI DER ARBEIT BEHINDERT
Wenn sie kritisch berichten, müssen Journalisten in Moldau mit Pöbeleien, Beleidigungen, Handgreiflichkeiten und Drohungen rechnen. Vor allem 2013 stieg die Zahl der Übergriffe im Vergleich zu den Vorjahren deutlich an. Im August 2013 griffen etwa der Bürgermeister der Stadt Cimiseni und einige Gefolgsleute ein Team des Fernsehsenders Jurnal TV an und verhinderten, dass die Journalisten ein Treffen von Politikern filmten.
Im November des gleichen Jahres drohte der kommunistische Parlamentsabgeordnete Iurie Muntean einer Publika-TV-Reporterin, er werde dafür sorgen, dass sie nie mehr in den Medien arbeiten könne. Zuvor hatte er sich darüber empört, wie sie über seinen Auftritt bei einer Parlamentsdebatte berichtet hatte. Das staatliche Unternehmen Moldova-Gaz verklagte 2013 die Zeitung Ziarul de Garda wegen eines Artikels, in dem es um den versuchten Mord an einem Politiker ging. Der Text hatte auf mögliche Verwicklungen des Energieunternehmens in den Fall hingewiesen.
VERLEUMDUNG ALS VORWAND FÜR ANKLAGEN
Die Verfassung der Republik Moldau garantiert zwar Meinungs- und Pressefreiheit. In der Praxis wird diese jedoch durch andere Gesetze eingeschränkt, etwa durch den Verleumdungsparagrafen. Obwohl Verleumdung als Tatbestand im Jahr 2009 aus dem Strafrecht gestrichen worden war, wurden auch danach noch mehrere Medien wegen übler Nachrede angeklagt. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs in Moldau, Mihai Poalelungi, sprach sich 2013 sogar für die Wiedereinführung des Verleumdungsparagraphen aus. Zuvor waren Einzelheiten über ihn berichtet worden waren, die er als „beleidigend” bezeichnete.
Der Audiovisual Coordinating Council (CCA), eine Art Aufsichtsbehörde, hat in der Vergangenheit mehrere politisch motiviert wirkende Entscheidungen getroffen. So ließ der Rat etwa 2012 den oppositionellen, pro-kommunistischen Fernsehsender NIT schließen. 2013 wurde diese Entscheidung von einem Berufungsgericht bestätigt. Auch andere regierungskritische Sender wurden in der Vergangenheit vom CCA wegen ihrer Berichterstattung gerügt.
ZUGANG ZU STAATLICHEN INFORMATIONEN SCHWIERIG
Mehr als zehn Jahre nach Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes haben Journalisten in Moldau nur ungenügenden Zugang zu Behördeninformationen. Für Information von einer öffentlichen Behörde müssen sie hohe Gebühren zahlen, eine dem Gesetz nach unzulässige Praxis. Vor allem Behörden in kleineren Städten weigern sich grundsätzlich, Journalisten Informationen zukommen zu lassen.
Kritischer Journalismus wird auch durch die finanzielle Abhängigkeit vieler Medienhäuser von privaten und staatlichen Anzeigen verhindert. Da Unternehmen und Institutionen jedoch nur bei solchen Zeitungen oder Sendern Werbung schalten, bei denen sie mit positiven Berichten rechnen können, zensieren viele sich selbst. Wohlhabende Politiker investieren gleichzeitig viel Geld in ihre eigenen Medien und üben somit auch Einfluss auf die Berichterstattung aus.
In der von der Republik Moldau abgespaltenen pro-russischen Region Transnistrien ist die Pressefreiheit noch stärker eingeschränkt. Die Region ist von keinem Mitgliedstaat der Vereinten Nationen anerkannt, unterhält aber besondere Beziehungen zu Russland. Medien aus der Republik Moldau sind in Transnistrien kaum verbreitet. Die meisten transnistrischen Publikationen und Sender werden direkt von der Separatisten-Regierung oder von Eigentümern mit engen Verbindungen in die Politik kontrolliert. Die Meinungsfreiheit in Transnistrien ist stark eingeschränkt und viele Journalisten üben Selbstzensur. Neben den sozialen Netzwerken werden Nachrichten-Webseiten wie Dniester.ru und Tiras.ru, die kritisch über den Transnistrienkonflikt berichten, regelmäßig gesperrt.
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht die Republik Moldau auf Platz 56 von 180 Ländern.