Prozess vertagt: Türkische Justiz muss Anschuldigungen gegen ROG-Korrespondent fallenlassen

Prozess vertagt: Türkische Justiz muss Anschuldigungen gegen ROG-Korrespondent fallenlassen

Prozess vertagt: Türkische Justiz muss Anschuldigungen gegen ROG-Korrespondent fallenlassen

Der für heute in Istanbul anberaumte Prozess gegen den Türkei-Korrespondenten von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoglu, wurde in den Jänner vertagt. Reporter ohne Grenzen fordert die türkische Justiz auf, sämtliche Anschuldigungen gegen ihn fallen zu lassen.

Erol Önderoglu musste sich heute in Istanbul zusammen mit der Vorsitzenden der türkischen Menschenrechtsstiftung, Sebnem Korur Fincanci, und dem Cumhuriyet-Kolumnisten Ahmet Nesin vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen wegen ihrer Teilnahme an einer Solidaritätsaktion mit der pro-kurdischen Zeitung Özgür Gündem „Propaganda für eine terroristische Organisation“ vor. Auch Özgür-Gündem-Chefredakteur Inan Kizilkaya stand heute vor Gericht.

„Hier sitzen Menschen selbst auf der Anklagebank, die sich sonst immer für andere Verfolgte einsetzen. Das zeigt, wie dramatisch die Lage in der Türkei mittlerweile ist“, berichtet Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, aus Istanbul. Sie beobachtete mit Kolleginnen und Kollegen von Reporter ohne Grenzen aus Frankreich und Deutschland den Prozessbeginn.

„Allein für ihre Solidarität mit der verfolgten pro-kurdischen Zeitung Özgür Gündem drohen Dutzenden Journalisten und Intellektuellen Haftstrafen. Auf die willfährige türkische Justiz wagt man für sie kaum noch zu hoffen. Deshalb brauchen Erol Önderoglu und seine Mitangeklagten größtmögliche internationale Unterstützung, damit sie ihren Einsatz für die Menschenrechte in der Türkei fortsetzen können“, so Möhring.

Önderoglu, Fincanci, und Nesin waren am 20. Juni in Istanbul verhaftet und erst nach zehn Tagen und internationalen Protesten – unter anderem von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon – unter Auflagen freigelassen worden. Ebenso wie mehr als 40 weitere Journalisten und Prominente hatten sie jeweils für einen Tag symbolisch den Posten des Chefredakteurs von Özgür Gündem übernommen, um ihre Solidarität mit der Zeitung zu demonstrieren, die unter immer stärkerem Druck der Behörden stand.

Im August ließ ein Gericht die Räume der Zeitung wegen angeblicher Verbreitung von Propaganda für die verbotene kurdische Untergrundorganisation PKK versiegeln, am 29. Oktober wurde das Blatt per Regierungsdekret endgültig geschlossen. Chefredakteur Kizilkaya ist seit dem 16. August in Haft.

Önderoglu werden insbesondere drei am 18. Mai in Özgür Gündem erschienene Artikel zur Last gelegt, in denen es um Machtkämpfe innerhalb der türkischen Sicherheitskräfte und Einsätze gegen die PKK in Südostanatolien ging. Die Staatsanwaltschaft stützt sich dabei auf die umstrittenen Anti-Terror-Gesetze, die auch immer wieder gegen Özgür Gündem eingesetzt worden sind.

Erol Önderoglu ist seit 1996 Türkei-Korrespondent von Reporter ohne Grenzen. Daneben verfasst er die Quartalsberichte der alternativen türkischen Nachrichtenagentur Bianet zum Stand der Meinungsfreiheit in der Türkei, arbeitet regelmäßig mit der OSZE zusammen und ist Vorstandsmitglied von IFEX (International Freedom of Expression Exchange), einem weltweiten Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Meinungsfreiheit einsetzen.

LANGE LISTE VON PROZESSEN GEGEN JOURNALISTEN

Der Prozess gegen Önderoglu, Financi und Nesin reiht sich ein in eine lange Liste von Prozessen gegen Journalisten, die auf der Grundlage der türkischen Anti-Terror-Gesetze strafrechtlich verfolgt werden. So wird am 16. November der Prozess gegen den ehemaligen Chefredakteur der unabhängigen Tageszeitung Cumhuriyet, Can Dündar, und den Hauptstadtbüroleiter des Blattes, Erdem Gül, wegen angeblicher Unterstützung einer terroristischen Organisation fortgesetzt.