Press Freedom Award 2011 geht an Dániel Pál Renyi und Mária Vásárhelyi

Press Freedom Award 2011 geht an Dániel Pál Renyi und Mária Vásárhelyi

Reporter ohne Grenzen zeichnet mutigen Einsatz für Pressefreiheit in Ungarn aus

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copyright Thomas Preiss/APA

vlnr: Eva Nowotny/Präsidentin der österreichischen UNESCO-Kommission, Rubina Möhring/ Präsidentin Reporter ohne Grenzen Österreich, PFA-Preisträger Dániel Renyi, Preisträgerin Mária Vásárhelyi, Albert Rohan/ Sprecher der Jury

Der „Press Freedom Award – Signal für Europa” macht Menschen sichtbar, die aktiv für demokratische Werte arbeiten und leben. Heuer ging der begehrte Preis an zwei ungarische Journalisten, deren Mut und Engagement – vor allem angesichts des neuen Mediengesetzes – beispielhaft ist. Die Verleihung des Awards erfolgte durch die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen Österreich, die damit auch ein kritisches Zeichen gegenüber dem neuen ungarischen Mediengesetz setzt.

Fotos vom Press Freedom Award

Mutiger und unabhängiger Journalismus ist die Grundlage für Freiheit und Demokratie. Um Journalisten zu fördern, die sich aktiv für die Presse- und Meinungsfreiheit einsetzen, vergab Reporter ohne Grenzen heuer zum zehnten Mal den Press Freedom Award unter dem Motto „Signal für Europa”. Der Preis steht unter dem Ehrenschutz der österreichischen UNESCO-Kommission.

„Wie nachhaltig unser Preis wirkt, zeigen die Beispiele unserer bisherigen Preisträger. Eynullah Fatullayev, aserbeidschanischer Preisträger des Jahres 2009, ist nun wieder auf freiem Fuß. Mikhael Begetow, Preisträger des vorigen Jahres, wurde heuer sogar im Zuge des russischen Wahlkampfes auch von Ministerpräsident Vladimir Putin publikumswirksam mit einem Preis bedacht”, erklärt Dr. Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen. „Es ist aber auch erschütternd, wie viele ungarische JournalistInnen sich inzwischen an uns wenden und um Hilfe bitten.”


Award setzt Zeichen gegen ungarisches Mediengesetz

Der Press Freedom Award ehrt in diesem Jahr mutige und kritische JournalistInnen aus Ungarn. Dr. Albert Rohan, Sprecher der Jury und früherer Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums zu den Preisträgern: „Rényi Pál Dániel und Maria Vásárhelyi sind die Empfänger des Press Freedom Awards 2011. Der in diesem Jahr für Ungarn ausgeschriebene Preis wurde für Beiträge zum Thema Pressefreiheit in den Wochenzeitungen Magyar Narancs bzw. Elet es Irodalom verliehen. Die Jury begründete ihre Entscheidung mit der hervorragenden fachlichen Qualität der vorgelegten Arbeiten, der Aktualität ihrer Thematik für die ungarische Gesellschaft und dem persönlichen Mut, den die beiden Journalisten durch die Publikation kritischer Artikel zu dieser Frage bewiesen haben.” Dies ist vor allem deshalb relevant, da erst kürzlich in Ungarn das neue Mediengesetz, das Medien kontrollieren und bestrafen darf, beschlossen wurde.

Reporter ohne Grenzen sieht diese Restriktion als ernste Bedrohung der Pressefreiheit und Missachtung der Menschenrechte. „Der Award soll nicht nur die hervorragende Arbeit der Preisträger auszeichnen, sondern auch auf die demokratiepolitischen Missstände in unserem Nachbarland aufmerksam machen”, so Rubina Möhring.

Reporter der jungen Generation ausgezeichnet

„Trotz der rechten Medienhegemonie und der politischen Machtkonzentration durch die Fidesz-Regierung gibt es zum Glück noch immer Publikationen in Ungarn, die von den Parteien und Auslandskonzernen völlig unabhängig ihre Leser informieren können. Die Press Freedom Awards wurden von einer aus angesehenen Persönlichkeiten bestehenden Jury zu Recht zwei Mitarbeitern der beiden Wochenzeitungen „Elet es Irodalom” (Leben und Literatur) und „Magyar Narancs” (Ungarische Orange) verliehen”, erläutert der Publizist Prof. Paul Lendvai.

Preisträger Rényi Pál Dániel, ungarischer Journalist der Wochenzeitung Magyar Narancs, überzeugte vor allem durch seine kritischen Artikel über Annamária Szalai, der ungarischen „Medienkontrolleurin” und Leiterin der umstrittenen Nationalen Behörde für Medien und Nachrichtenübermittlung (NMHH). In seinem umfassendem Porträt der von Premierminister Viktor Orbán bestellten „Medienzarin” hebt Rényi Pál Dániel deren extremen Einfluss sowohl auf die nationale Medienregulation, als auch auf den öffentlichen Dienst hervor. Zugleich skizziert Dániel die erstaunliche Politkarriere einer heutigen rechtskonservativen Parteigängerin. Auch sein scharfes, kritisches Essay über das neue ungarische Mediengesetz überzeugte die Jury. Paul Lendvai: „Der Preisträger Pál Dániel Rényi vertritt mit 28 Jahren die junge Generation. Er bewies in den letzten zweieinhalb Jahren als Redakteur bei dem liberalen Magyar Narancs sein großes Talent als Reporter und Rechercheur. Renyi hat vor allem durch seine gründlich recherchierten Aufsätze über die verschiedenen Aspekte der Mediengesetze die Gefahren für Pressefreiheit überzeugend dargestellt.”

Abrechnung mit dem Missbrauch der Macht in der Medienpolitik

Ex Äquo-Preisträgerin Maria Vásárhelyi setzt sich seit Jahren für Pressefreiheit in Ungarn ein. Die Kommunikationsforscherin und Autorin zahlreicher Sachbücher schreibt regelmäßig für Tages- und Wochenzeitungen. In ihren Artikeln analysiert sie die neue Medienregulierung in Ungarn, deren Auswirkungen auf Meinungsfreiheit und Demokratiebewusstsein sowie entsprechende Langzeitfolgen für die ungarische Gesellschaft. „Für mich ist die Kommunikationsexpertin bei der Akademie der Wissenschaften und Autorin von acht Büchern und Studien Mária Vásárhelyi ein leuchtendes Beispiel für furchtlose, jahrelange Abrechnung mit dem Missbrauch der Macht in der Medienpolitik sowohl durch die sozial-liberalen Regierungen wie erst recht durch das Orbán Regime. Sie hat in einer Reihe von glänzend geschriebenen Analysen nicht nur die Motive und Methoden bei der Entstehung der neuen Medienkonglomeraten aufgezeigt, sondern auch durch ihre wissenschaftliche Meinungsforschung über die Ignoranz und die tabuisierten nationalistischen Vorurteile breiter Bevölkerungsschichten  bahnbrechende Berichte und Studien in der Wochenzeitung Elet es Irodalom veröffentlicht”, so Lendvai. „Die Auszeichnung dieser zwei Journalisten und die indirekte Anerkennung auch für ihre Zeitungen durch eine so respektable internationale Institution wie ‚Reporter ohne Grenzen’  ist ein symbolisches Signal für die ungarischen Journalisten.”

Festliche Verleihung im Haus der Europäischen Union

Die Verleihung fand im festlichen Rahmen im Haus der Europäischen Union statt. Die diesjährige Laudatio hielt der renommierte Publizist und Ungarn- und Mitteleuropaexperte Paul Lendvai. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Rubina Möhring, Präsidentin Reporter ohne Grenzen Österreich, Richard Kühnel, Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, und Eva Nowotny, Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission. Michael Kerbler, Ö1, las aus den Texten der Preisträger. Begleitet wurde die Veranstaltung vom European Union Youth Quartett.

Mehr zum Press Freedom Award 2011
Informationen zum Press Freedom Award

Laudatio von Paul Lendvai :
ZWEI KÄMPFER FÜR DIE PRESSEFREIHEIT IN UNGARN.pdf

Texte der Preisträger in deutscher Übersetzung
Der Krieg ist vorbei.pdf

Die freie Presse und das geltende Mediengesetz.pdf