Plagiator als Internetsheriff

Plagiator als Internetsheriff

Blog von Rubina Möhring

Karl Theodor Guttenberg wird EU-Berater für die Freiheit im World Wide Web – nobliger Gedankenklau macht sich bezahlt

Zunächst schallendes Gelächter: Ein Grubenhund, ein Grubenhund und alle fallen darauf rein: Edelplagiator “Karl-Theodor zu Guttenberg zum EU-Verteidiger der weltweiten Freiheit des Internets ernannt.” April, April mitten im Dezember. Geschwinde Recherchen bei Brüssel Spitzen ergeben jedoch, die Nachricht ist keine Zeitungsente. Sie basiert vielmehr auf einer ernst gemeinten Pressemitteilung der Europäischen Kommission. Frei nach dem Motto: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Zitat: “Brüssel, 12. Dezember 2011 – Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Neelie Kroes hat Karl-Theodor zu Guttenberg, vormals deutscher Bundesminister der Verteidigung sowie Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, als Berater in der Frage hinzugezogen, wie Internetnutzer, Blogger und Cyberaktivisten in autoritär regierten Ländern auf Dauer unterstützt werden können.”


Die noble Ernennung ist, so heißt es weiter, das Schlüsselelement einer neuen “No disconnect”-Strategie, mit der sich die EU für Menschenrechte und Grundfreiheiten einsetzen will. On- und offline!
Von Urheberrechten ist in der Presseaussendung allerdings keine Rede.
Aber Guttenberg wird es schon richten.

Karl-Theodor war eine einsame Entscheidung von Neelie Kroes, ihres Zeichen Vizepräsidentin der EU-Kommission. Er sei, so befand sie schon im Sommer, die für diesen Job bestens qualifizierte Persönlichkeit.

Immerhin war K.T.G. ja früher nicht nur Deutschlands Verteidigungsminister sondern auch einmal Bundesminister für Wirtschaft und Technologie. Da muss er sich ja in Internetfragen auskennen. Außerdem lebt er jetzt fern von Brüssel in den USA, auch das verspricht einen noch weiteren Horizont.

Zugutehalten muss man Neelie Kroes, dass im Sommer zwar schon Guttis Doktortitel wegen akademischen Betrugs, sprich Plagiates aberkannt worden war. Noch nicht auf dem Markt war aber damals sein Buch samt Begleitinterview in der Wochenzeitung “Die Zeit”. Dieses wie jenes hat ihn erst kürzlich nachhaltig für eine weitere politische Karriere in Deutschland disqualifiziert. Also ab nach Brüssel.

Als Berater der “No disconnect”-Strategie wird der Gut(t)-Mensch aus dem deutschen Frankenland laut OT-Ton Kroes “Verbindung zu Mitgliedsstaaten, Drittländern und Nichtregierungsorganisationen aufnehmen, die sich in diesem Bereich engagieren, und sie beraten, wie die Strategie vorangebracht werden kann”. Er selbst kommentiert seine neue EU-Funktion ganz ernst und überhaupt nicht zynisch mit den Worten “Ich bin der Macht des Internets persönlich ausgesetzt gewesen, erst in diesem Jahr. Und ich erkenne und wertschätze dessen Fähigkeit, jene an der Macht zur Verantwortung zu ziehen.”

Nobliger Gedankenklau macht sich offenbar besser bezahlt als “versehentlicher” Langfingerei-Salat à la Walderdorff in Duty Free Shops.

Nun wird der Herr auf Kosten der EU wohl intensiv reisen müssen, sehr viel und sehr oft rund um den Kontinent. Wie einst als Verteidigungsminister beim Truppenbesuch in Afghanistan am besten in Begleitung seiner Frau. Schauen wir mal, wen der neue EU-Internetsheriff in der großen weiten Welt erreichen und überzeugen kann. Wen die EU-Kommission mit dieser Personalwahl überzeugen wollte, war heute nicht zu eruieren.

Zitat Catherine Ashton, für Außenpolitik zuständige EU-Kommissarin: “Die Menschenrechtspolitik ist kein Beiwerk. Es ist der silberne Faden, der sich durch unser ganzes Tun hindurchzieht. Das Recht auf freie Kommunikation ist unabdingbarer Bestandteil grundlegender Menschenrechte. Das Internet und die sozialen Medien sind mittlerweile ein wichtiges Mittel zur Förderung der Meinungsfreiheit. Darum ist die EU entschlossen, allen ungerechtfertigten Beschränkungen des Internets und anderer neuer Medien entgegenzutreten. Deshalb unterstütze ich die ‘No disconnect’-Strategie aus vollem Herzen.”

“Difficile est satiram non scribere” – es ist schwer, keine Satire zu schreiben – schrieb vor gut 2200 Jahren im alten Rom der Dichter Juvenal. Angesichts der Brüsseler K.T.G.-Berufung ist dem auch heute nichts hinzuzufügen. Das Geld, das die ganze Aktion kostet, fließt jedenfalls nicht in die Medien.