Mahlzeit, es ist Wahlzeit

Mahlzeit, es ist Wahlzeit

Blog von Rubina Möhring

Königinnen der Hartherzigkeit in Österreich – Britische Regierung startet Ausländerhetze

Zehn Tage ohne Internet machen den Kopf frei und entwöhnen von heimischer Politik. Jenseits der Insel zwischen Boden- und Neusiedlersee berichten die Medien überhaupt nicht über Österreich. Ein Skandal, mögen manche meinen, andere sehen darin einen Segen. So bleibt der Welt vorenthalten, wie Austro-Berufspolitikerinnen und -politiker mit Menschen und Menschenrechten umgehen. Mahlzeit, es ist Wahlzeit.

Als Königin der Hartherzigkeit läuft die Innenministerin seit kurzem ihrer Parteifreundin, der Justizministerin, den Rang ab. Sie lässt acht jener pakistanischen Asylwerber abschieben, die im vergangenen Winter in der Wiener Votivkirche auf die desolate Situation von Flüchtlingen in Österreich aufmerksam gemacht hatten. Auch die anderen, mittlerweile im Servitenkloster untergebrachten Asylwerber, sollen wieder Richtung Heimat buxiert werden. Aber erst einmal ist im Kloster eine Schlepper-Razzia angesagt.


Wer glaubt, dass den Männern zuhause in Pakistan, zumal nach dem jüngsten Präsidentschaftswahlsieg der Muslim-Liga, ein fairer Prozess gemacht wird, dem mangelt es vielleicht an realitätsnahen Informationen. Pakistan ist für abgeschobene Asylwerber nicht minder gefährlich als Kasachstan. Wohlbetuchte kasachische Flüchtlinge allerdings genießen den Schutz des Rechtsstaates Österreich. Diese haben es auch nicht notwendig, auf ihre Situation öffentlich hinzuweisen. Im Gegenteil, sie legen Wert darauf, zu schweigen und dass über ihren Aufenthalt tunlichst geschwiegen wird.

Ideologische Schieflage

Die Asylwerber täten ihr zwar leid, aber so sei nun einmal die Rechtslage, argumentiert die Innenministerin. Kritiker sprechen von einer ideologischen Schieflage und vermuten, dass die Dame mit dieser forcierten Aktion nebstbei auch in all den trüben Gewässern mit rechten Strömungen wahlberechtigte Ekelfische zu angeln versucht. Klar, das Urheberrecht dieser Vermutung ist nicht im politischen Umfeld der Ministerin zu suchen.

Kritik hagelt es aber auch aus den eigenen Reihen. Keine Geringere als die Bezirksvorsteherin der Wiener Innenstadt mäkelt öffentlich, dass die Integrationspolitik der gemeinsamen Partei zu sehr sozialdemokratisch müffele und die ÖVP als konservative Partei zu wenig “outspoken” sei. Da matchen sich offenbar herzensgute Polit-Seelen.

Kampagne in Großbritannien

Schon einmal einen Blick auf eine andere, eine größere, zu 100 Prozent konservativ regierte Insel geworfen? In Großbritannien läuft gerade ein Anti-Immigranten-Pilot vom Stapel, der einem den Atem verschlägt. Vans mit riesigen Plakaten fahren in Londoner Immigranten-Vierteln herum. Zunächst nur zur Probe, wie es heißt. Der Text: “In the UK illegally – go home or face arrest”, zu deutsch “illegal in Großbritannien – geh nach Hause oder du kommst in den Knast”. Das ist faschistoide Hetze in Reinkultur, noch dazu in einem traditionell demokratischen Land des 21. Jahrhunderts. Unglaublich. Verstörend.

Migrationsminister Mark Harper versteht die Aufregung nicht. Er sieht das alles total gelassen und erklärt, der Pilot sei lediglich Teil der Reform des britischen Einwanderungssystems. Wenigstens hat er sich in feiner englischer Art die peinliche Bemerkung verkniffen, ihm täten die Immigranten, die man los werden will, leid.

Warten wir ab, was sonst noch kommt – nicht nur in den genannten Inselstaaten. Immerhin ist in Österreich der Protest stark und laut. Siehe die Petition auf gegen-unmenschlichkeit.at. (Rubina Möhring, derStandard.at, 31.7.2013)