Italien: ROG demonstriert mit über 100.000 Menschen in Rom für Pressefreiheit

Italien: ROG demonstriert mit über 100.000 Menschen in Rom für Pressefreiheit

Am 3. Oktober haben in Rom über 100.000 Menschen für die Pressefreiheit in
Italien demonstriert. Journalisten, Gewerkschaftler und Künstler gingen
zusammen mit Reporter ohne Grenzen (ROG) auf die Straße, um Silvio
Berlusconis Repressionen gegen die Medien anzuprangern. Diese hatten in den
letzten Wochen stark zugenommen, nachdem der italienische Ministerpräsident
mit einer Reihe von Klagen gegen mehrere Zeitungen vorgegangen war.

ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard nannte die Kundgebung “die größte
Demonstration zum Schutz der Pressefreiheit, die die Welt je gesehen hat”.
Er wies darauf hin, dass Berlusconi kurz davor stehe, von ROG als erster
europäischer Staatschef zu der “Liste der Feinde der Pressefreiheit”
hinzugefügt zu werden.
“In Kürze werden wir unsere jährliche Rangliste zur Lage der Pressefreiheit
weltweit veröffentlichen und mit großer Wahrscheinlichkeit wird Italien an
letzter Stelle aller europäischen Länder stehen”, so Julliard weiter.

Domenico Affinito, Vizepräsident der italienischen Sektion von ROG, forderte
das italienische Volk dazu auf, das Recht auf freie Information aktiv
einzufordern. Weiter solle die Europäische Union Berlusconi bei ihrem
nächsten Gipfeltreffen dazu auffordern, die Repressionen gegen italienische
und internationale Medien umgehend zu beenden.


Der Druck auf die Medien hat in Italien in den letzten Wochen stark
zugenommen. So hat Berlusconi eine Verleumdungsklage gegen die Zeitung “La
Repubblica” eingereicht. Er verlangt eine Million Euro Schadenersatz, weil
diese ihn in den vergangenen zwei Monaten immer wieder öffentlich dazu
aufgefordert hatte, Fragen zu seinem Privatleben zu beantworten. Dabei ging
es um sein Verhältnis zu einer jungen Frau und um Fotos, die ihn in
weiblicher Begleitung zeigen. Die Zeitung “L’Unità” wurde auf drei Millionen
Euro Schadenersatz verklagt.

Auch die spanische Tageszeitung “El País” und die französische Wochenzeitung
“Le Nouvel Observateur” wurden vom italienischen Ministerpräsidenten
verklagt, weil sie nicht autorisierte Partyfotos von ihm publiziert und über
mögliche Verbindungen der Führungsriege der italienischen Regierung zur
russischen Mafia spekuliert hatten. Klagen gegen die englischsprachigen
Zeitungen des Rupert-Murdoch-Konzerns sollen möglicherweise folgen. Dies
würde den Konflikt zwischen Berlusconis Rolle als Ministerpräsident und
seinen Interessen als konkurrierender Medienmagnat zusätzlich verstärken.

Auf Initiative der liberalen Fraktion des Europäischen Parlaments (ALDE),
wird bei der Plenarsitzung am 7. Oktober eine Debatte über Presse- und
Informationsfreiheit auf der Tagesordnung stehen.

ROG verurteilt die anhaltenden Angriffe auf die Medien und ruft Silvio
Berlusconi dazu auf, seinen Pflichten als Ministerpräsident nachzukommen und
die Pressefreiheit, nach Artikel 11 der “Europäischen Charta der
Grundrechte”, zu respektieren.