Iran: Mehr als 65 Journalisten und Internetdissidenten im Gefängnis

Iran: Mehr als 65 Journalisten und Internetdissidenten im Gefängnis

Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert die Welle von Verhaftungen von
Journalisten und Internetdissidenten in den vergangenen Tagen im Iran auf
das Schärfste. Mehr als 65 Reporter und Cyberdissidenten sind aktuell im
Gefängnis. “Seit der Gründung von Reporter ohne Grenzen im Jahr 1985 war
diese Ziffer im Iran noch nie so hoch”, so ROG-Generalsekretär Jean-François
Jullliard. Die Zahl umfasse in Teheran und in den Provinzen ansässige
Journalisten.

Vertreter des Ministeriums für Nachrichtenwesen und Sicherheit nahmen am 7.
und 8. Februar mindestens acht Journalisten fest und brachten sie an
unbekannte Orte. Unter den Medienmitarbeitern sind Akbar Montadschabi von
der Tageszeitung “Etemad-e Mell”, Somayeh Momeni von der Monatszeitung
“Nasim Bidary” und Seynab Kasem-Chah von der Nachrichtenagentur “ISNA”. Am
3. Februar wurde darüber hinaus der Herausgeber des Blogs “Qasrnews” und der
Zeitung “Navai Vaghat”, Ali Mohammed Islampur, wegen “Veröffentlichung
falscher Informationen” und “Beleidigung der öffentlichen Meinung”
verhaftet.


Auch das Internet ist seit dem 6. Februar wieder von starken Störungen
beeinträchtigt. Einige Mobilfunkunternehmen dürfen zudem ihren Kunden nicht
länger erlauben, Kurznachrichten über das Handy zu versenden. Mit diesen
Maßnahmen wollen die Behörden offenbar oppositionelle Proteste anlässlich
des 31. Jahrestags der Islamischen Revolution am 11. Februar verhindern.

In einer Pressemitteilung vom 8. Februar kündigte das Ministerium für
Nachrichtenwesen und Sicherheit außerdem die Festnahme von sieben
Journalisten wegen “Kollaboration mit zionistischen
Satelliten-Fernsehstationen” an. Die Medienmitarbeiter werden beschuldigt
“im Ausland eine professionelle Schulung zur Vorbereitung einer samtenen
Revolution” erhalten zu haben, die “öffentliche Ordnung zu stören” und “mit
‚Radio Farda’ (‚Radio Free Europe’) zusammenzuarbeiten”. Ein Leiter der
Hörfunkstation wies diese Vorwürfe zurück und sagte, dass ‚Radio Farda’
überhaupt keine Mitarbeiter im Iran beschäftige.

Angesichts der dramatischen Lage im Iran wandte sich ROG in einem Brief an
die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navanethem
Pillay: In dem Schreiben vom 4. Februar bat ROG Pillay um ein Gespräch über
die äußerst prekäre Lage im Iran. ROG wandte sich ebenfalls an die
Außenminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten: Darin forderte ROG die Politiker
auf, ihre Botschafter aus Teheran zurückzuziehen, um damit gegen die
willkürlichen Repressionen gegen politische Oppositionelle und die unfairen
Schauprozesse zu protestieren, und um öffentlich Besorgnis über drohende
Exekutionen auszudrücken.

Die iranischen Behörden haben internationale Medienvertreter eingeladen,
über die Feierlichkeiten zum 31. Jahrestag zu berichten. Zehn iranische
Exiljournalisten haben sich nun in einem offenen Brief an die
internationalen Medien gewandt: Darin warnen die Journalisten ausländische
Korrespondenten vor den Plänen der iranischen Führung.  Die Regierung wolle
den Eindruck schaffen, dass sie von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt
würde.

Die Behörden wollten nicht nur eine oppositionelle Versammlung auf dem
Azadi-Platz verhindern, wo Präsident Ahmadinedschad eine Rede halten wird,
heißt es in dem Brief. Sie wollten auch dafür sorgen, dass nur
Regierungsanhänger auf dem Platz stehen. Eine Regierung, die einheimische
Journalisten festgenommen, inhaftiert und verurteilt hat, weil sie für
ausländische Medien arbeiten, wolle nun der ganzen Welt ihre angebliche
Popularität demonstrieren, so die Exilanten.

Derweil sehen sich iranische Journalisten und Internetdissidenten weiterhin
gezwungen, das Land zu verlassen. ROG sammelt Spenden, um die Geflohenen
finanziell zu unterstützen und ihnen eine sichere Zuflucht zu ermöglichen.

Hier lesen Sie weitere Informationen zu den zuletzt festgenommenen
iranischen Journalisten:

Hier lesen Sie den Brief iranischer Exiljournalisten an ausländische
Medienvertreter: