Afghanistan: Sayed Perwiz Kambachsch endlich frei

Afghanistan: Sayed Perwiz Kambachsch endlich frei

arton34407-e811d.jpgMit großer Freude hat Reporter ohne Grenzen (ROG) die Nachricht von der
Freilassung des jungen afghanischen Journalisten Sayed Perwiz Kambachsch
aufgenommen. Kambachsch war wegen angeblicher Blasphemie zu 20 Jahren
Gefängnis verurteilt worden. Der Anwalt des Journalisten bestätigte am 7.
September die Entlassung Kambachschs, nachdem vor einigen Wochen Präsident
Hamid Karsai die Begnadigung des Journalisten unterzeichnet hatte.

“Wir begrüßen mit großer Freude die Freilassung von Sayed Perwiz Kambachsch.
Nach fast zwei Jahren Haft erhält Kambachsch endlich die Chance, sein Leben
wieder neu aufzubauen. Wir bedanken uns bei all denen, die nicht aufgehört
haben, Kambachschs Unschuld zu verteidigen und sich für seine Entlassung
eingesetzt haben”, so ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard.

Weltweit haben sich zahlreiche Medien und Regierungen für die Freilassung
Kambachschs engagiert. ROG hatte eine Unterschriftenkampagne zur Entlassung
des Journalisten gestartet: In einer Petition appellierte die Organisation
zur Verteidigung der Pressefreiheit an Präsident Hamid Karsai, von seinem
Begnadigungsrecht Gebrauch zu machen und Kambachsch unverzüglich frei zu
lassen.


“Der Fall Kambachsch ist ein mahnendes Beispiel für juristisches
Fehlverhalten und religiöse Intoleranz. Er legt die Inkompetenz einer Reihe
hoher Beamter offen – genauso wie von Polizei- und Sicherheitskräften, die
brutal gegen den Journalisten vorgegangen sind. Der Fall sollte die
afghanischen Behörden dazu bewegen, den Straftatbestand der ‘Blasphemie’
nicht mehr länger zu politisieren: Artikel 130 der afghanischen Verfassung
darf nicht mehr dazu missbraucht werden, das Recht auf Presse- und
Meinungsfreiheit einzuschränken”, fordert Julliard.

Kambachsch arbeitete neben seinem Journalistik-Studium als Reporter für die
Tageszeitung “Jahan-e-Naw” (“Die neue Welt”). Er war am 27. Oktober 2007
festgenommen worden, weil er angeblich blasphemische und den Islam
verleumdende Äußerungen verbreitet hatte. Nach Informationen von ROG hat
Kambachsch jedoch lediglich einen Artikel über die Rolle der Frau im Koran
aus dem Internet heruntergeladen – in Übereinstimmung mit dem Recht auf
Meinungsfreiheit, das in der afghanischen Verfassung festgeschrieben ist.

Nach der Festnahme des Journalisten verurteilte ein Gericht in Masar-i
Scharif Kambachsch am 22. Januar 2008 zunächst zum Tode. Die Richter standen
offenbar unter massivem Druck durch den Rat der Mullahs sowie Beamte vor
Ort. Sicherheitskräfte folterten Kambachsch, um ihn zu einem Geständnis zu
bewegen. Ein Berufungsgericht in Kabul hat das Todesurteil am 21. Oktober
2008 in eine 20-jährige Gefängnisstrafe umgewandelt. Auch dieses Verfahren
war von Unregelmäßigkeiten geprägt. Die Verteidigung durfte keine Zeugen
einberufen. Das Gericht vernahm ausschließlich Zeugen der
Staatsanwaltschaft.

Nach seiner Freilasung hält sich Kambachsch nun im Ausland auf – zum Schutz
vor weiteren Repressionen und Drohungen.