Schlag gegen Presse- und Informationsfreiheit

Schlag gegen Presse- und Informationsfreiheit

Journalisten und Journalistinnen sind künftig auf Informationsbrosamen eines Regierungssprechers angewiesen.

Feinschmecker schneiden Salami in hauchdünne Scheiben. Die neue Regierung präsentiert sich mit einer deutlich gröberen Taktik in Sachen Medienpolitik. Journalisten und Journalistinnen sind künftig auf Informationsbrosamen eines Regierungssprechers angewiesen. Direkte Fragen an Regierungspolitiker können so bequem vermieden werden, wenn die Thematik nicht genehm ist. Auf jeden Fall können so die Informationspflicht und das Recht auf Information der Bürgerinnen und Bürger unterminiert werden. Journalistenvereinigungen protestieren.

Schon die Regierung Schwarz-Blau I hatte zu Beginn dieses Jahrhunderts die Medienkonzentration tatkräftig gefördert. Das war der erste Streich. Damals hatte FPÖ-Justizminister Böhmdorfer der Fusion der News-Gruppe mit der “Kurier”-Zeitschriftentochter ZVB entgegen allen kartellrechtlichen Usancen unwiderruflich zugestimmt. Jetzt, knapp 17 Jahre später, wird von Schwarz-(Türkis-)Blau II zum nächsten Schlag gegen Presse- und Informationsfreiheit ausgeholt.

Nun will die gerade angelobte neue Regierung der staatlichen “Wiener Zeitung” ein riesiges Sparprogramm verordnen und mit den Pflichtinseraten von Firmen im “Amtsblatt” die weitaus größte Einnahmequelle streichen. Das könnte das Aus bedeuten. Immerhin ist heute dieses bereits 1703 gegründete Blatt die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt. Sie ist nicht nur ein perfektes Amtsblatt, sondern auch inhaltlich ausgezeichnet. Kaum war kurz nach der Regierungsbildung das mediale Einsparungsprojekt angekündigt, ruderte der Kanzleramts- und Medienminister auch schon wieder zurück. Man sei sich dessen bewusst, dass die “Wiener Zeitung” aufgrund ihres hohen Alters einen besonderen Wert habe. Wie wäre es vielleicht mit einer Online-Ausgabe als Liebesgabe und Akt christlicher Nächstenliebe unter österreichisch-abendländischen Christbäumen daham?


“Sie werden sich wundern, was alles möglich ist”

Dem ORF wird ein neues Gesetz als Rute ins Fenster gestellt. Mal sehen, wer dort in der kommenden Zeit die Erfolgsleiter hinaufklettert oder in Sachen Karriere abstürzt. Förderungen sollen eingekürzt werden, und das bedeutet sehr wahrscheinlich weitaus weniger Geld für Film- und Fernsehproduktionen. Weniger ästhetische als heimatbezogene Kriterien könnten künftig für Förderungen ausschlaggebend sein.

“Sie werden sich wundern, was alles möglich ist”, hatte der am Montag zum Infrastrukturminister gekürte Norbert Hofer bereits 2016 während des Präsidentschaftswahlkampfs verkündet. Damals wirkte der Sager ein bisschen seltsam, heute hingegen klingt er fast prophetisch. Mit Meinungsvielfalt und Medienfreiheit hat die neue, in Blautönen gehaltene Regierung offenbar nicht viel am Hut.

Prophetisch wirkt auch die Ernennung von Alexander Höferl zum Kommunikationschef des neuen Innenministers Herbert Kickl. Höferl war bisher nicht nur Redakteur, sondern auch Vereinsmitglied der FPÖ-Onlinepostille. Das Medium nennt sich “unzensuriert”, was offenbar redaktionsintern bisweilen mit Diffamierungen und mangelndem Wahrheitsgehalt verwechselt wurde und wird.

Keine Kindesweglegung
An einem wird jedoch von der neuen Regierung mit Hang zu neuem Stil, neuen Inhalten und neuen Zeiten wohl nicht gerüttelt werden: dem Amtsgeheimnis, landauf, landab ein liebstes Kind österreichischer Beamter. Im Regierungsprogramm finden sich jedenfalls keine Hinweise auf eine entsprechende Weglegung. Zu viel Transparenz ist den Bürgern und Bürgerinnen wohl auch künftig nicht zuzumuten. Auch ein Bekenntnis zur Informationsfreiheit fehlt, wie die Journalistenvereinigungen kritisieren.

“Es wird scho glei dumpa”, schallt es bereits in Vorweihnachtsfreude aus manchen heimatlichen Tonträgern. Götterdämmerung? Abenddämmerung? Im Französischen heißt letztere jedenfalls “entre chien et loup” – zwischen Hund und Wolf. Franz Koglmann hat unter diesem Titel Reporter ohne Grenzen ein Jazz-Kammerstück gewidmet. Das war im September 2001, fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Österreich-Bericht des damaligen EU-Weisenrats. Die EU hatte sich damals mit Schwarz-Blau in Österreich ausgesöhnt.

Dieser Kommentar erschien am 20.12.2017 in Rubina Möhrings Medienblog im Standard